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Unzulässige Becel pro.aktiv-Werbung

LG Hamburg, Urteil vom 13.03.2015, Aktenzeichen 315 O 283/14


Unzulässige Becel pro.aktiv-Werbung

Das Landgericht Hamburg hat am 13.03.2015 zum Aktenzeichen 315 O 283/14 in Urteil über die Zulässigkeit von Werbung gesprochen, die eine deutliche Absenkung von Cholesterin durch Halbfettmargarine verspricht. Als Kläger hatte der Verbraucherzentralen-Bundesverband in seiner Eigenschaft als Dachverband für insgesamt 16 Verbraucherzentralen in den einzelnen Bundesländern das Landgericht angerufen. Beklagte war die Unilever Deutschland GmbH, die mit „Becel pro.activ“ eine Halbfettmargarine herstellt und auf den Markt bringt, deren positive Wirkung auf den in manchen Fällen gesundheitsgefährdenden Cholesterinspiegel Verbraucher zum Kauf motivieren soll. Der Rechtsstreit entstand, nachdem die Beklagte in einem regelmäßig erscheinenden Informationsblatt für Verbraucher, dass in Apotheken erhältlich ist, eine ganzseitige Anzeige geschaltet hatte, deren Blickfang ein Foto des Produkts „Becel pro.activ“ und zwei Fotos, die Personen zeigen, waren. Im dazugehörigen Text wurde auf ein „Programm“ hingewiesen, dass eine Umstellung der Ernährung, eine Ausweitung körperlicher Bewegung und den Genuss von „Becel pro.activ“ umfasste. Mit Hilfe dieses Programm habe eine näher bezeichnete Person es geschafft, ihren Cholesterinwert um mehr als 20% zu senken.

Diese Aussage sahen Vertreter des Klägers als gesundheitsbezogene Aussage an. Sie warfen der Beklagten vor, durch Veröffentlichung dieser Aussage innerhalb der Werbung für ihr Produkt gegen Vorschriften der innerhalb der Europäischen Union geltenden „Health-Claims-Verordnung“ (HCVO) verstoßen zu haben. Die Vorschriften der HCVO sehen unter anderem vor, dass gesundheitsbezogene Werbeaussagen jeweils von der „Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit“ (EFSA) zugelassen werden müssen. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass Verbraucher im sensiblen Gesundheitsbereich nicht durch unwahre oder überzogene Aussagen zur Selbstmedikation angeregt werden. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der HCVO, die dem Verbraucherschutz dienen, sei nach den Vorschriften der §§ 3 und 5 UWG als unlauter anzusehen und berechtige deshalb dazu, Unterlassung zu verlangen. Die Beklagte hält den Argumenten des Klägers entgegen, dass die streitgegenständliche Werbeanzeige gerade nicht verspricht, eine Cholesterinsenkung werde allein wegen des Genusses der Becel pro.activ Halbfettmargarine eintreten. Es wird ausdrücklich auf die Durchführung eines besonders abgestimmten Ernährungs- und Bewegungsprogramms hingewiesen, das auch eine Ernährungsumstellung und regelmäßige Bewegung zum Inhalt hätte. Eine Zurückführung des Cholesterinwertes um 7 % bis 10 % sei darüber hinaus auch durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit anerkannt. Allein auf diese Wirkung wäre in der Werbeanzeige in einem gesonderten Kästchen ausdrücklich hingewiesen worden. Jede darüber hinausgehende Wirkung wäre nur im Zusammenhang mit dem Sport- und Ernährungsprogramm erwähnt worden.

Das Landgericht Hamburg hat der Klage stattgegeben und es der Beklagten untersagt, weiterhin mit der Aussage, dass ihr Produkt „Becel pro.activ“ alleine oder im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zu einem Cholesterinrückgang von mindestens 20 % führen könne. Nachdem die Richter festgestellt hatten, dass die Klageforderung nicht verjährt war, führten sie aus, dass die beanstandeten Formulierungen im Werbetext als gesundheitsbezogene Erklärungen anzusehen seien. Obwohl andere Komponenten des „Programms“ wie ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung durch angemessene Sportausübung erwähnt wurden, würde die Aufmerksamkeit des Verbrauchers doch auf das beworbene Produkt gelenkt. Es werde gezielt der Eindruck erweckt, dass ohne den Genuss der beworbenen Halbfettmargarine mit dem im Text beschriebenen Programm nicht mehr der hervorgehobene Erfolg erzielt werden könne. Obwohl es richtig sei, dass eine gewisse cholesterinsenkende Wirkung des Produkts von den zuständigen Stellen bestätigt worden sei, wäre doch die Behauptung, es könne eine Senkung von über 10 % erzielt werden, nicht bestätigt. Der in einem Kästchen hervorgehobene Hinweis auf die Cholesterinsenkung von 7% bis 10% sei unvollständig, weil eine Angabe zum Zeitraum, innerhalb dessen die Wirkung schon beobachtet worden ist, fehlte. Die 315.Kammer des Landgerichts Hamburg hat die Beklagte in I.Instanz deshalb dazu verurteilt, Werbung mit dem Hinweis auf ein Fallbeispiel, in dem der Cholesterinwert durch Genuss von „Becel pro.activ“ Halbfettmargarine um 20 % und mehr gesenkt wurde, zu unterlassen. Mit Rechtsmitteln gegen diese Entscheidung ist zu rechnen.


LG Hamburg, Urteil vom 13.03.2015, Aktenzeichen 315 O 283/14


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