Unzulässige Adword-Werbung
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied am 27.08.2019, dass ausnahmsweise durch eine Adword-Werbung eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegen könne. Dies sei der Fall, wenn das Vertriebsnetz des Adword-Anzeigenden aus zahlreichen Einzelhändlern zusammengesetzt sei und kein Hinweis auf eine fehlende wirtschaftliche Verbindung erfolge.
Wann verstößt Adword-Werbung gegen das Markenrecht?
Die Parteien waren Wettbewerber im Bereich von kieferorthopädischen Leistungen und boten u.a. sog. Invisaling Zahnschienen an. Die Antragsgegnerin bot zudem Online-Marketing für die Behandlung mit Invisaling-Zahnschienen an. Sie betrieb Werbung auch für andere Anbieter. Die Parteien stritten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Zulässigkeit von eingeblendeten adwords-Anzeigen der Antragsgegnerin. Die Vorinstanz hatte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Verletzung der herkunftshinweisenden Funktion zurückgewiesen. Dagegen wendete sich der Antragsteller.
Adword-Werbung grundsätzlich zulässig
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass zwar in der Regel keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion durch Adword-Werbung vorliege. Dies gelte jedenfalls, wenn die Werbeanzeige in einem eindeutig getrennten und gekennzeichneten Werbeblock erscheine und nicht die Marke selbst enthalte. Denn grundsätzlich erwarte der Internetnutzer nicht ausschließlich Angebote des Markeninhabers. Ihm sei klar, dass Bedingung für die Anzeige vor allem die Bezahlung durch den Werbenden sei. Ihm sei zudem bekannt, dass regelmäßig auch andere Unternehmen Anzeigen bei Suchmaschinen schalten. Daher erwarte er auch nicht, dass bei Eingabe einer Marke als Suchwort in der Anzeigenspalte ausschließlich AdWords-Anzeigen des Markeninhabers erscheinen. Aus diesem Grund bedürfe es auch keines Hinweises auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen Werbenden und Markeninhaber.
Adword-Werbung vorliegend aber ausnahmsweise unzulässig
Allerdings sah das Gericht vorliegend besondere Umstände vorliegen, wodurch die identische Verwendung des Unternehmenskennzeichens in der Adwords-Anzeige doch die Markenrechte des Antragstellers verletze. Es bedürfe ausnahmsweise eines Hinweises zum Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber. Denn für den Internetnutzer liege aufgrund des Vertriebssystems der Antragsgegnerin die Vermutung nahe, dass es sich beim Antragsteller um ein Partnerunternehmen der Antragsgegnerin handele. Die Antragsgegnerin betreibe ein Vertriebssystem, das Online-Marketing für die Behandlung von Invisaling-Zahnschienen anbiete. Für den Internetnutzer sei erkennbar, dass die Antragsgegnerin nur mit bestimmten Kieferorthopäden zusammenarbeite, die von ihr zertifiziert werden. Somit rechne der Nutzer bei der Internetsuche auch nur mit Kennzeichen der Antragsgegnerin. Der Internetnutzer verstehe die Anzeige dahingehend, dass das Unternehmen des Antragstellers von der Antragsgegnerin zertifiziert und Teil ihres Systems sei.
Hinweis auf Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung erforderlich
Das OLG befand, dass unter diesen besonderen Umständen die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nur durch Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung ausgeschlossen werden könne. Der EuGH habe sich in der Sache „Interflora“ mit einem Fall auseinandergesetzt, bei dem das Vertriebsnetz des Markeninhabers aus zahlreichen Einzelhändlern zusammengesetzt gewesen sei. Er kam zu dem Schluss, dass es für den Internetnutzer in derartigen Fällen besonders schwer sei zu erkennen, wer zum Vertriebsnetz gehöre. Daher müsse beurteilt werden, ob der Internetnutzer durch die Werbeanzeige erkennen könne, dass der Einzelhändler nicht zum Vertriebsnetz des Markeninhabers gehöre.
Hinweis auf fehlende wirtschaftliche Verbindung fehlt
Zwar sei die hier vorliegende Konstellation abweichend vom EuGH-Fall. Denn hier betreibe nicht der Markeninhaber das Vertriebsnetz, sondern der AdWord-Nutzer und Werbende. Der Fall sei also umgekehrt. Aber auch in dieser Konstellation komme es dazu, dass der Verkehr keine Information über eine wirtschaftliche Verbindung zwischen Markeninhaber und Markennutzer erhalte. Für eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion sei aber ausreichend, dass die Adwords-Anzeige hinsichtlich Herkunft der Zahnschiene vage gehalten sei. Der Internetnutzer könne aufgrund des Werbelinks und der Werbebotschaft nicht erkennen, ob der Werbende Dritter sei oder mit dem Markeninhaber wirtschaftlich verbunden.
Hinweis im Text oder durch die Domain reicht nicht aus
Das Gericht war der Ansicht, dass vorliegend keine notwendige Klarstellung einer fehlenden wirtschaftlichen Verbindung durch die Antragsgegnerin erfolgt sei. Dass im Text und durch die Domain www.(...).de auf die Herkunft der Anzeige und damit auf die Antragsgegnerin hingewiesen werde, reiche nicht aus. Dies könne nämlich eine suggerierte wirtschaftliche Verbindung und damit die Verletzung der Herkunftsfunktion nicht ausschließen. Im Gegenteil werde diese hierdurch gerade erst begünstigt. Denn der Internetnutzer nehme dadurch an, der offensichtlich mit dem Markeninhaber nicht identische Werbende stehe mit diesem in wirtschaftlicher Verbindung.
Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 27.08.2019, Az. 6 W 56/19