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Unterlassungsvereinbarung kann wegen Rechtsmissbrauch gekündigt werden

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.02.2019, Az. I ZR 6/17


Unterlassungsvereinbarung kann wegen Rechtsmissbrauch gekündigt werden

Der Bundesgerichtshof entschied mit Urteil vom 14.02.2019, dass bei rechtsmissbräuchlicher Abmahnung ein wichtiger Grund zur Kündigung der später abgeschlossenen Unterlassungsvereinbarung gegeben sein könne. Zudem könne einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die abgeschlossene Unterlassungsvereinbarung der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden.

Ab wann sind Abmahnaktionen rechtsmissbräuchlich?
Kläger und Beklagte vertrieben Kopf- und Ohrhörer über einen Online-Shop. Der Kläger mahnte die Beklagte wegen Verstöße gegen das seinerzeit geltende Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG aF) und gegen die Pflicht zur Anbringung einer CE-Kennzeichnung ab. Aufgrund dessen gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab. Danach erwarb der Kläger testweise bei der Beklagten sieben Kopf- und Ohrhörer. Wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung mahnten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte ab. Danach führte der Kläger weitere Testkäufe bei der Beklagten durch. Mit seiner Klage machte der Kläger vertragliche Ansprüche aus der abgeschlossenen Unterlassungsvereinbarung sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe geltend. Bevor es zum Verhandlungstermin in der 1. Instanz kam, kündigte die Beklagte die Unterlassungsvereinbarung außerordentlich. Sie begründete dies damit, dass das Vorgehen des Klägers rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Hiergegen ging der Kläger vor; die Vorinstanzen wiesen seine Klage jedoch jeweils ab.

Unterlassungsvereinbarungen können fristlos gekündigt werden
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen sei. Dauerschuldverhältnisse, wozu auch Unterlassungsvereinbarungen zählen, seien aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündbar. Dabei liege ein wichtiger Grund vor, wenn dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Hierunter falle auch der Umstand, dass eine Unterlassungsvereinbarung auf einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung beruhe.

Indizien für einen Rechtsmissbrauch
Der BGH stellte weiterhin fest, dass ausreichende Indizien für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung vorgelegen hätten. Von Rechtsmissbrauch sei dann auszugehen, wenn das beherrschende Motiv für den Unterlassungsanspruch sachfremde, nicht schutzwürdige Interessen und Ziele seien. Ein Indiz stelle hierfür dar, wenn der Abmahnende die Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes allein deshalb betreibe, den Mitbewerber mit möglichst hohen Kosten zu belasten. Vorliegend habe bereits lange vor der Abmahnung der Kläger hohe Schulden gehabt. Ins Gewicht fallenden Vermögensgegenstände des Klägers seien nicht festgestellt worden. Zudem habe er bereits vor diesem Verfahren eine unverhältnismäßige Abmahntätigkeit in anderen Angelegenheiten betrieben.

Rechtsmissbrauch aufgrund objektiven Missverhältnisses
Unabhängig von den Indizien stellte der BGH einen Rechtsmissbrauch wegen eines objektives Missverhältnis fest. Denn die hohe Abmahn- und Prozesstätigkeit des Klägers ließ sich angesichts seiner wirtschaftlichen Lage allein damit erklären, auf diesem Wege Aufwendungsersatz, Rechtsverfolgungskosten sowie Vertragsstrafen zu erlangen. Grundsätzlich sei aber zu berücksichtigen, dass die Missbrauchsfrage immer auf der Grundlage des beiderseitigen Parteivorbringens und der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden sei.

Kündigung der Unterlassungsvereinbarung innerhalb angemessener Frist
Das Gericht urteilte, dass die Beklagte die Unterlassungserklärung rechtzeitig außerordentlich gekündigt habe. Die Kündigung erfolgte zwar erst nach Kenntnisnahme eines Vermögensverzeichnisses des Klägers. Damit habe sie aber erst Kenntnis vom Kündigungsgrund erhalten. Die erforderliche Frist zur Kündigung sei somit nicht überschritten worden. Es sei aber zu beachten, dass derartige Kündigungen nicht später als zwei Monate nach Kenntnisnahme erfolgen sollten.

Keine Vertragsstrafe wegen Rechtsmissbrauchs
Der BGH entschied weiterhin, dass der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe habe. Dies sei unabhängig davon, ob die Beklagte vor ihrer Kündigung gegen die Unterlassungsvereinbarung verstoßen habe oder nicht. Zwar sei die Frage, ob der Vertragsstrafe mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs begegnet werden könne, umstritten. Grundsätzlich würden bestimmte Verhaltensweisen eine Vertragsstrafe nur ausschließen, wenn sie für die Abgabe der Unterwerfungserklärung ursächlich gewesen seien oder mit ihr zusammenhingen. Allerdings habe vorliegend der Rechtsmissbrauch wegen der Abmahnungen bereits vor der Kündigung vorgelegen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.02.2019, Az. I ZR 6/17


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