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Unlautere Werbung mit Selbstverständlichkeiten - „100 % Originalware“

Landgericht Münster, Beschluss vom 06.05.2020, Az. 22 O 31/20


Unlautere Werbung mit Selbstverständlichkeiten - „100 % Originalware“

Wirbt ein Unternehmen mit dem Hinweis „100 % Originalware“, so kann für den Verbraucher der irreführende Eindruck entstehen, es handele sich bei dem Versprechen um eine Besonderheit des Angebotes. Da es sich bei der Tatsache, dass die angebotenen Kleidungsstücke Originalware und mithin keine Fälschungen sind, um ein gesetzlich bestehendes selbstverständliches Recht handelt, ist das Werben damit wettbewerbswidrig. So hat das Landgericht Münster mit Beschluss vom 06.05.2020 entschieden.

Hintergrund
Die Antragsgegnerin vertreibt in ihrem Online-Shop Second-Hand-Textilien, die sie mit der Aussage „100 % Original“ beworben hat. Überdies hat sie bei den Angaben zur Materialzusammensetzung die Begriffe „Lycra“ und „Spandex“ verwendet. Eine hierauf folgende Abmahnung durch die Antragstellerin ist erfolglos geblieben, sodass diese die Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Münster auf Unterlassung in Anspruch genommen hat. Diesem Antrag hat das LG Münster nur teilweise stattgegeben. Zwar sei die Aussage „100 % Originalware“ irreführend, ein Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung liege allerdings nicht vor, so das LG.

Wann ist eine geschäftliche Handlung irreführend?
Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 Abs. 1 S. 2 UWG grundsätzlich dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält. Hierunter können auch objektiv zutreffende Aussagen fallen, die bei den Verbrauchern einen unrichtigen Eindruck hervorrufen. In Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG wird dies klargestellt. Demnach sind unzulässige geschäftliche Handlungen unter anderem auch:

„(…) die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar.“

Eine solcher Eindruck kann auch durch das Werben mit etwas Selbstverständlichem erfolgen, indem mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Eigenschaft oder Rechten, die ohnehin bestehen, als besonderer Vorteil geworben wird. Dies erweckt bei dem Verbraucher den Anschein eines besonderen Vorzugs gegenüber anderen Angeboten. Überdies ist eine Täuschung hinsichtlich des Bestehens von Verbraucherrechten grundsätzlich unzulässig.

Werben mit gesetzlich bestehenden Rechten
Das Landgericht war der Auffassung, für den Verbraucher könne der irreführende Eindruck entstehen, es handele sich bei dem Versprechen, dass die angebotenen Kleidungsstücken Originalware und mithin keine Fälschungen seien, um eine Besonderheit des Angebotes. Tatsächlich handelte es sich allerdings um ein gesetzlich bestehendes Recht. Ein solches gesetzliches Recht besteht in der Möglichkeit der Geltendmachung kaufrechtlicher Gewährleistungsrechte im Falle des Verkaufs gefälschter Kleidungsstücke. Das irreführende Verständnis werde zudem durch die Darstellung gefördert, indem die Aussage optisch vom Angebotstext getrennt und in einer größeren Schriftart dargestellt worden war, so die Richter. Zudem war ihr eine Checkbox vorangestellt. Diese Art der Werbung widerspreche der Regelung des § 3 Abs. 3 Nr. 10 UWG, so die Richter.

Kein Verstoß gegen die TextilkennzeichnungsVO
Einen Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung (VO [EU] Nr. 1007/2011) hat das LG in der Werbung allerdings nicht gesehen. Indem die Antragsgegnerin gebrauchte Kleidungsstücke zum Kauf anbiete, entfalten die Kennzeichnungspflichten der Textilkennzeichnungsverordnung für sie gemäß Nr. 13 des Anhangs V der Verordnung schon gar keine Geltung. Folglich komme ein Verstoß gegen die Textilkennzeichnungsverordnung als Marktverhaltensregelung nicht in Betracht. In Betracht käme eine Irreführung nur dann, wenn die von der Antragsgegnerin für einige ihrer Kleidungsstücke verwendeten Bezeichnungen „Lycra“ und „Spandex“, die für hohe Elastizität stehen, nicht die tatsächliche Materialzusammensetzung wiedergeben würden. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall gewesen.


Landgericht Münster, Beschluss vom 06.05.2020, Az. 22 O 31/20


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