Testsieg eines Produkts erfordert Nachweis
Das Landgericht Aachen entschied mit Urteil vom 23.02.2018, Az. 42 O 118/17, dass die Auszeichnung eines Produkts stets die Mitteilung der Kriterien des Testverfahrens an die Verbraucher erfordert. Diese müsse nachvollziehen können, welche konkreten Eigenschaften der Sache zu dem Testsieg geführt haben. Teile ein Unternehmer die Kriterien nicht mit, führe dies dazu, dass er den Verbrauchern wesentliche Informationen für deren geschäftliche Entscheidung vorenthält.
Werbung für Creme mit „T Diamond Winner 2017“
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war das Angebot einer Nachtcreme durch die Beklagte, die den Im-und Export von sowie den Groß- und Einzelhandel mit Hygiene- und Kosmetikartikeln betreibt, auf der Internetseite www.K-cosmetics.com“. In der Abbildung des Produkts fand sich der Hinweis „T Diamond Winner 2017 Beauty Anti-Aging“ und zudem eine entsprechende Grafik. Die Klägerin beanstandete diesen Vermerk, da für einen Verbraucher innerhalb des Angebots keine Fundstelle verortet war, durch welchen er die Kriterien für das Testergebnis nachvollziehen konnte. Infolge einer Abmahnung gab die Beklagte daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in welcher sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet oder sonst werblich innerhalb der Bundesrepublik Deutschland mit dem besagten Siegel zu werben, ohne die Homepage www.T-diamond.de anzugeben.
Begehren der Klägerin nicht erfüllt
Allerdings stellte diese Erklärung die Klägerin nicht zufrieden. Der Grund hierfür war, dass auf der Homepage lediglich die Kriterien, welche die Hersteller erfüllen mussten, um zumindest am Testverfahren teilzunehmen, ersichtlich waren. Weitere Einzelheiten zur Art und dem Inhalt des Tests sowie zu den Bewertungskriterien fehlten hingegen gänzlich. Durch das Anklicken der Creme auf der angegebenen Internetseite wurde man nur erneut auf die Homepage der Beklagten verwiesen. Der Abgabe einer weiterreichenden Unterlassungserklärung kam die Beklagte allerdings nicht nach. Ihrer Ansicht nach bestünde hierfür kein Bedürfnis. Vielmehr sei die Information, wer den „Award“ verliehen habe, vollkommen ausreichend. Die Gründe für die Erlangung müsste sie aber nicht mitteilen.
Landgericht bestätigte Wettbewerbsverstoß
Im Folgenden kam es zum Prozess, in welchem sich das Landgericht Aachen für die Auffassung der Klägerin aussprach. Mangels Angabe der Testkriterien durch die Beklagte in der gegenständlichen Werbung bejahte es einen Wettbewerbsverstoß im Sinne von §§ 5a Abs. 2, 3 UWG und gewährte mithin einen Anspruch auf Unterlassung seitens der Klägerin.
Verwendung des Siegels zur Absatzförderung
Zunächst stellte das Gericht fest, dass es sich bei der besagten Auszeichnung um eine geschäftliche Handlung handelt, was stets unumgänglich für die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes sei. Es liege auf der Hand, dass die Erklärung eines Produkts zu einem „Winner“ beim Verbraucher grundsätzlich den Eindruck einer besonderen Qualität und Güte erweckt, welche vergleichbare Waren derselben Kategorie gerade nicht vorweisen. Damit verwende die Beklagte das Siegel eindeutig, um den Absatz ihres Unternehmens zu fördern.
Kriterien sind wesentliche Informationen für Verbraucher
Entscheidend sei, dass die Beklagte dem Verbraucher mangels Verweis auf die Kriterien für das Testergebnis der Nachtcreme wesentliche Informationen vorenthält, die dieser aber benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung hinsichtlich des Kaufs des Produkts zu treffen.
Das Gericht berief sich diesbezüglich auf eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, welche besagt, dass bei einer Werbung mit einem Prüfsiegel eine Fundstelle angegeben werden muss, bei der sich der Verbraucher näher über das Prüfsiegel informieren kann (BGH, Urteil vom 21.07.2016, I ZR 26/15 – LGA testet; Bestätigung des OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.2014, Az. 15 U 76/14). Die Vergabe der Prüfzeichen sei demnach als wesentliche Information einzustufen.
Auszeichnung ist Testergebnis
Gegen diese Verpflichtung könne sich der Beklagte nicht mit dem Einwand wehren, dass die Auszeichnung der Creme lediglich einen „Award“ darstellt und es sich hierbei nicht etwa um ein Testergebnis handelt, weshalb ihn die Informationspflichten vorliegend gerade nicht träfen. Ein Award sei nach gängiger Definition ein „von einer Jury vergebener Preis, besonders in der Film- und Musikbranche“. Allerdings gehe es nach Ansicht des Gerichts bei einem Produkt nicht darum, eine besondere Leistung einer Person zu würdigen. Vielmehr sei die Nachtcreme im Streitfall selbst ausgezeichnet. Mit der Angabe des Testergebnisses stehe allein die Absicht im Vordergrund, jene gegenüber anderen, vergleichbaren Produkten hervorzuheben, wodurch dem Verbraucher die Entscheidung der Wahl erleichtert werden soll und zwangsläufig ein für den Unternehmer günstiger Werbeeffekt erzielt werde. Es könne laut Gericht nicht angehen, dass die Entscheidung darüber, ob eine Informationspflicht über die einer Auszeichnung zugrundliegenden Kriterien besteht oder nicht, im Hinblick auf die Belange des Verbraucherschutzes und im Interesse der Rechtssicherheit der Beklagten überlassen werde. Wäre dies möglich, könnte schließlich die Pflicht zur Erfüllung von Informationspflichten vom Unternehmer umgangen werden. Es könne also insgesamt nur maßgeblich sein, wie die Auszeichnung vom durchschnittlich informierten Verbraucher verstanden werde. Dessen Verständnis lasse aber eindeutig nur den Schluss zu, dass die Kennzeichnung als Siegel wahrzunehmen ist, welches die Nachtcreme von anderen Produkten ihrer Art positiv abhebt.
Angabe der Homepage genügte Informationspflicht nicht
Zwar habe sich die Beklagte aufgrund der Abmahnung der Klägerin dazu verpflichtet, dem Angebot die Adresse der Internetseite www.T-diamond.de hinzuzufügen. Allerdings genüge dies entgegen der Ansicht der Beklagten nicht für die Erfüllung ihrer Informationspflicht. Wie die Klägerin zutreffend vortrug, seien auf der Homepage nämlich gerade keine Kriterien auffindbar, welche Aufschluss darüber bieten, wie es zu dem Testsieg der Nachtcreme kam.
Informationsverpflichtung unabhängig von Kenntnis der Kriterien
Unschädlich sei dabei auch, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag gar nicht über die Testkriterien verfügte, diese mithin gar nicht veröffentlichen konnte. Grund hierfür sei die Feststellung des BGH, dass ein Vorenthalten nicht voraussetzt, dass der Unternehmer im Besitz der entsprechenden Informationen ist. Erforderlich sei lediglich, dass die betreffende Information zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder in sonstiger Weise für ihn verfügbar ist (vgl. Urteil oben). Dies könne für den Streitfall bejaht werden, da die Beklagte Vorteile aus der Auszeichnung ziehe und sich diese mithin zunutze mache. Im Weiteren habe der BGH zum Ausdruck gebracht, dass ein Vorenthalten auch dann gegeben ist, wenn ein Unternehmer mit einem Prüfsiegel wirbt, ohne auf die Kriterien der Prüfung hinzuweisen, da er sich die Informationen über diese Kriterien unschwer verschaffen kann (vgl. Urteil oben). Aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte zu den Partnern und Sponsoren des Testinstituts gehört und für sie somit leicht Zugang zu den Ergebnissen besteht, lasse sich auch dieser Grundsatz für das Geschehen heranziehen.
Qualitätsurteil und Luxusguteigenschaft begründen erhebliches Interesse
Das erhebliche Interesse der Verbraucher an den Kriterien des Testverfahrens begründete das Gericht durch die Existenz des Qualitätsurteils an sich. Ein solches führe stets dazu, dass die Informationen über dessen Zustandekommen die Entscheidung des Verbrauchers erheblich prägen.
Zu berücksichtigen sei zudem, dass es für Verbraucher gerade bei teuren Produkten mehr Informationen bedarf als beispielsweise bei der Beschaffung von geringwertigen Gütern des täglichen Bedarfs. Die Hautcreme koste 120,00 €/50 ml. Sie könne daher im Vergleich zu üblichen Hautpflegeprodukten, welche sich durch einen deutlich niedrigeren Preis kennzeichnen, als Luxusgut qualifiziert werden. Somit lasse sich schlussfolgern, dass die in Rede stehenden Informationen für die Entscheidung des Verbrauchers von bedeutendem Gewicht sind. Daneben sei auch die Art der Werbung maßgeblich. Im Streitfall handele es sich um ein konkretes Angebot. Für ein solches seien aber mehr Informationen nötig als vergleichsweise zu einer reinen Aufmerksamkeitswerbung.
Interessenabwägung insgesamt zugunsten der Verbraucher
Zuletzt stünden der Einstufung der Kriterien als wesentliche Informationen für die geschäftliche Entscheidung der Verbraucher auch nicht das Interesse des Unternehmers entgegen, die Informationen nicht erteilen zu müssen. Vielmehr komme den Interessen der Verbraucher aufgrund der genannten Umstände größere Bedeutung zu.
Landgericht Aachen, Urteil vom 23.02.2018, Az. 42 O 118/17
von Sabrina Schmidbaur