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Sternebewertung ist nicht Sternebewertung

Landgericht Oldenburg, Urteil vom 02.03.2018, Az. 12 O 1857/17


Sternebewertung ist nicht Sternebewertung

Mit Urteil vom 02.03.2018, Az. 12 O 1857/17 entschied das Landgericht Oldenburg, dass eine Sternebewertung als Gesamtergebnis von Rezensionen für ein Hotel auf booking.com, holidaycheck.de oder tripadvisor.de für einen Verbraucher nicht den Eindruck erweckt, dass es sich hierbei um eine offizielle Zertifizierung des Hotels nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung handelt. Aus diesem Grund sei ein Verstoß gegen einen Unterlassungsvertrag abzulehnen, wenn trotz eines Verbots der Werbung mit einer Hotelklassifizierung Suchmaschinentreffer mit Sterneangaben von Internetportalen existieren.

Unterlassungsvertrag hinsichtlich Werbung mit Sterneklassifizierung
Zwischen dem Kläger, einem Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, und der Beklagten, einer Betreiberin eines Hotels, kam es im Vorfeld der Entscheidung zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages. Hierin verpflichtete sich die Beklagte, im geschäftlichen Verkehr im Internet und/oder über im Internet veröffentlichte Anzeigen oder sonst werblich nicht mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung ihres Hotels zu werben, sofern diesem keine aktuell gültige Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt. Grund für den Abschluss eines solchen Vertrages war, dass der Kläger die Beklagte abgemahnt hat, nachdem diese im Rahmen ihres Internetauftritts mit zwei Sternen geworben hatte, obwohl sie nicht über eine entsprechende gültige Zertifizierung verfügte.

Suchergebnisse mit Sternebewertung
Etwa ein halbes Jahr nach Abschluss dieses Vertrages entdeckte der Kläger im Internet infolge der Eingabe des Namens und des Ortes des Hotels der Beklagten bei der Suchmaschine Google allerdings verschiedene Eintragungen, welche Sternebewertungen enthielten.
Die ersten drei streitgegenständlichen Ergebnisse umfassten jeweils mit der Bezeichnung „Anzeige“ gekennzeichnete Suchergebnisse der Portale www.booking.com, www.hrs.de sowie www.trivago.de. Hierbei war jeweils die Ziffer „4.5“, gefolgt von fünf grafischen Sternen, die entsprechend dem genannten Wert farblich abgesetzt waren, zu erkennen. Im Weiteren fand sich dort gleich nachfolgend die Angabe „Bewertung für booking.com“, Bewertung für hrs.de“ bzw. „Bewertung für trivago.de“.
Außerdem war der Eintrag „Flugplatz [Ort]“ unter der Kartendarstellung bei den Suchergebnissen mit „4.3“ bewertet, wobei dahinter die Zahl „19“ in einem Klammerzusatz angezeigt wurde.
Überdies existierten in der Suchergebnisliste Eintragungen für die Portale www.holidaycheck.de, www.booking.com, www.tripadvisor.de sowie www.yelp.de. All diese Treffer beinhalteten jeweils fünf grafische Sterne, welche ebenfalls zum Teil farblich abgesetzt waren. Direkt hinter diesen fanden sich die Bewertungs- und Rezensionsangaben.

Forderung einer Vertragsstrafe
Der Kläger sah in diesen Eintragungen einen Verstoß der Beklagten gegen die in dem Unterlassungsvertrag eingegangene Verpflichtung. Seiner Ansicht nach sei es ihre Aufgabe, gängige Internetportale und Suchmaschinen daraufhin zu überprüfen, ob dort nicht weiterhin unzulässige Darstellungen ihres Betriebes mit einer Sternekennzeichnung existierten. Aus diesem Grund forderte er von ihr eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000 €.

Beklagte habe keinen Einfluss auf Bewertungssysteme Dritter
Hiermit erklärte sich die Beklagte jedoch nicht einverstanden und beantragte deshalb die Klage abzuweisen. Sie brachte vor, dass ihrerseits kein schuldhafter Verstoß gegen den geschlossenen Unterlassungsvertrag vorliegt. Es handele sich bei den streitgegenständlichen Präsentationen nicht um solche der Beklagten selbst, sondern ausschließlich um Bewertungssysteme Dritter, was auch eindeutig zu erkennen wäre. Auf derartige habe sie gerade keinen Einfluss. Den Darstellungen lägen zudem lediglich Bewertungen von Nutzern, Gästen und Besuchern zugrunde und könnten keinesfalls als Sterneklassifizierung qualifiziert werden.

Landgericht Oldenburg wies Klage ab
Das Landgericht Oldenburg entschied zugunsten der Beklagten und wies die Klage ab. Nach Auffassung des Gerichts sei die Vertragsstrafe hinsichtlich der zwischen den Parteien geschlossenen Unterlassungsverpflichtung aufgrund der streitigen Suchergebnisanzeigen bei Google nicht gemäß § 339 S. 2 BGB verwirkt worden. Der Anspruch scheitere daran, dass die Trefferanzeigen der Suchmaschine bereits keine Werbungen mit einer Sterneklassifizierung im Sinne des Unterlassungsvertrages darstellen. Aus diesem Grund könne es dahinstehen, ob die entsprechenden Eintragungen tatsächlich auf einer schuldhaften Veranlassung der Beklagten beruhen. Ferner sei auch die Möglichkeit der Einflussnahme der Beklagten auf die Präsentationen bei Google unerheblich.

Auslegung des Wortlauts der Vereinbarung
Für die Beurteilung, ob die gegenständlichen Suchmaschinentrefferanzeigen gegen den Inhalt der Unterlassungsverpflichtung verstoße, bedürfe es nach den Erläuterungen des Gerichts zunächst einer Auslegung des Anwendungsbereichs der vertraglichen Pflicht, §§ 133, 157 BGB. Zu berücksichtigen sei dabei, dass – wie vom Kläger vorgebracht – generell auch kerngleiche Verstöße zu verhindern sind. Der Wortlaut der Vereinbarung reiche dahin, dass der Beklagten jegliche Werbung mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung untersagt ist. Dies bedeute, dass die in Rede stehenden Eintragungen für die Qualifizierung als Zuwiderhandlung im Sinne des Vertrages zum einen eine Werbung der Beklagten darstellen und zum anderen eine Klassifizierung nach Sternen beinhalten müssen.

Werbung ist Portalen zuzuordnen
Hinsichtlich der ersten Voraussetzung kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die als „Anzeige“ markierten sog. Google-AdWords-Anzeigen erkennbar nicht als Werbung der Beklagten einzustufen sind. Vielmehr handele es sich dabei um Werbeanzeigen der Portale www.booking.com, www.hrs.de sowie www.trivago.de. Die innerhalb der AdWords-Anzeigen angezeigten Sterne seien als Bewertungen für diese Portale und nicht etwa für das Hotel der Beklagten zu verstehen. Dies sei für den Betrachter durch den beschriebenen Zusatz „Bewertung für...“ deutlich und sofort erkennbar.
Dasselbe müsse auch für den Eintrag „Flugplatz“ gelten, da sich die Werbung unmittelbar ersichtlich auf diesen selbst und ebenfalls nicht auf das Hotel beziehe.

Ist Sternebewertung unter Unterlassungsverpflichtung zu fassen?
Ferner war vom Gericht zu untersuchen, ob die im Hinblick auf die weiteren streitgegenständlichen Treffereintragungen angeführten Sternebewertungen tatsächlich unter die Unterlassungsverpflichtung zu fassen seien. Diesbezüglich wurde zunächst festgestellt, dass die angesprochenen Treffer der Suchmaschine hinsichtlich des Hotels der Beklagten Sternebewertungen enthielten, sodass diese vom Wortlaut des Vertrages grundsätzlich erfasst sind. Allerdings könne dieser Umstand nach Ansicht des Gerichts nicht alleine maßgeblich sein. Vielmehr sei auch der Sinn und Zweck des Vertrages für die Beurteilung miteinzubeziehen. Durch einen solchen solle der Kläger nämlich nicht eine rein formelle Anspruchsposition erhalten. Damit sei gemeint, dass ihm nicht bei jeder rein formellen Zuwiderhandlung und somit letztlich völlig sinnentleert ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe zukommen soll. Eine derartige Position sei für ihn aber gerade dann gegeben, wenn die Vereinbarung Werbung umfasse, die zwar eine Sternebewertung beinhält, diese sich aber für den angesprochenen Verkehrskreis zweifellos als keine für Hotels maßgebliche Sterneklassifizierung erweist.

Keine Werbung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung
Der vorliegende Unterlassungsvertrag war nach dem Wortlaut des Vertragstextes darauf gerichtet, eine wettbewerbswidrige Werbung der Beklagten für ihr Hotel mit zwei Sternen zu verhindern, sofern hierfür keine Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung vorliege. Beabsichtigt war somit, dass bei potentiellen Gästen nicht der Eindruck erweckt wird, dass das Hotel Anforderungen erfüllt, welche in Wahrheit jedoch nicht zutreffen. Eine weitergehende Auslegung der Vereinbarung könne nicht erfolgen. In den gegenständlichen Eintragungen sei aber nach Auffassung des Gerichts für einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher sofort erkennbar, dass die jeweilige Sterneangabe die grafische Aufbereitung des nachfolgend aufgeschlüsselten Ergebnisses der genannten Rezensionen zum Ausdruck bringt und nicht etwa auf eine Zertifizierung durch eine öffentliche oder neutrale Zertifizierungsstelle zurückgeht. Es komme daher kein Irrtum der Verbraucher darüber in Betracht, dass die bei den einzelnen Trefferlisteneinträgen angezeigten Sterne nicht das Ergebnis der Kundenbewertung insgesamt verkörpern, sondern als offizielle Klassifizierung des Hotels zu verstehen sind. Mithin seien die vorliegenden Suchergebnisse also auch nicht unter die Pflicht aus dem Unterlassungsvertrag zu subsumieren. Eine Zuwiderhandlung gegen die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung und ein daraus resultierender Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe würden deshalb ausscheiden.

Landgericht Oldenburg, Urteil vom 02.03.2018, Az. 12 O 1857/17

von Sabrina Schmidbaur


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