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Spitzenbehauptungen müssen der Wahrheit entsprechen

OLG FFM, 6 U 64/13


Spitzenbehauptungen müssen der Wahrheit entsprechen

Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptungen in Werbeaussagen müssen der Wahrheit entsprechen. Das hat jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt entscheiden.

Die Beklagte hatte in einer Goolge-Anzeige ihre Produkte mit dem Slogan „Deutschlands Nr. 1 für Werbeartikel“ beworben und damit eine irreführende Spitzen- oder Alleinstellungsbehauptung für sich in Anspruch genommen. Die Rechtsprechung stuft Werbeartikel als Produkte ein, die zweckgebunden als solche angeboten werden und mit einem Firmenlogo oder einer Werbebotschaft bedruckt werden. Die Richter stufen die Werbeaussage der Beklagen als irreführend ein, da sie nicht die umsatzstärkste Anbieterin in der Werbemittelbranche ist. Der Werbende hat mit der prozessualen Aufklärungspflicht vorzutragen, welchen Umsatz er mit den streitgegenständlichen Werbeartikeln erzielt. Das Gericht hat die Beklagte auf Antrag der Klägerin, die in einem Wettbewerbsverhältnis zu der Beklagten steht, verurteilt, es zu unterlassen, in ihrer Werbung mit den klagegenständlichen Alleinstellungsmerkmalen zu werben. Die Beklagte hat ferner die vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zu tragen. Gegen das erstinstanzliche Urteil hat sich die Beklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung gewendet.

Die Beklagte kann keine irreführende Werbung erkennen und sieht sich als Marktführerin in der deutschen Werbeartikelbranche. Eine justiziable reklamehafte Übertreibung liege nicht vor. Sie wendet ein, einen erheblichen Umsatzvorsprung gegenüber ihren maßgeblichen Konkurrenten zu verzeichnen. Die Berufungsinstanz übernimmt die Entscheidung der Vorinstanz unbeanstandet und stellt fest, mit der streitgegenständlichen Werbeaussage der Beklagten liegt eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise, die aus durchschnittlich informierten und verständigen Unternehmern bestehen, im Sinne von § 5 UWG vor. Insbesondere die Teilaussage „Nummer 1“ reklamiert eine Marktführerschaft und wird als Anpreisung und Übertreibung ohne Tatensachengehalt aufgefasst. Damit sind die Voraussetzungen eines Alleinstellungsmerkmals nicht erfüllt. Mit einer Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung darf nur geworben werden, wenn sie der Wahrheit entspricht und der Werbende einen bedeutenden und kontinuierlichen Umsatzvorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verzeichnet. Die Beklagte ist in der Beweispflicht, will sie ihre angegriffene Werbeaussage verteidigen. Dieser Beweispflicht liegt eine prozessuale Aufklärungspflicht zugrunde, mit der die Beklagte die Verantwortung für die Richtigkeit ihrer Aussage übernimmt. Sie muss alle für ihre Werbeaussage sprechenden Umstände offenlegen.

Im Falle eines Handelsunternehmens wie bei der Beklagten ist der Marktanteil auf Grundlage des erzielten Umsatzes ein entscheidendes Kriterium für die Marktführerschaft. Weitere qualitative Kriterien wie Anzahl der Mitarbeiter und der angebotenen Produkte sowie der Kundenstamm sind nicht entscheidend. Diese regelmäßige Rechtsprechung des BGH ist sinnvoll, da andernfalls jeweils verschiedene Unternehmen entsprechend ihrer persönlichen Interpretation die Marktführerschaft für sich deklarieren könnten. Die Beklagte behauptet, sie erziele regelmäßig einen Umsatz in Höhe von 80 Millionen Euro jährlich. Die Klägerin bestreitet diese Umsatzangabe. Die Beklagte ist ihrer Beweispflicht und prozessualen Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Die Umsatzbehauptung der Beklagten alleine recht nicht aus. Ferner erzielt sie ihre Umsätze nicht nur mit Werbeartikeln, die bereits im Vorfeld bestimmungsgemäß als solche angeboten werden. Die Beklagte erzielt ihren Umsatz auch mit solchen Konsumartikeln, die theoretisch zu Werbezwecken bestimmt sein oder verschenkt werden können. Sie werden jedoch in verschiedenen Produktkategorien vertrieben. Die Beklagte rechnet den Umsatz, den sie mit diesen nicht sogleich als Werbeartikel bestimmten Konsumgütern erzielt, in den von ihr angegebenen Umsatz mit ein. In diesem Fall würde sie jedoch mit sämtlichen Handelsunternehmen, die Konsumgüter herstellen und vertreiben in einem Wettbewerbsverhältnis stehen. Die Beklagte unterteilt die von ihr vertriebenen Produkte auf ihrer Homepage selbst in verschiedene Kategorien und spricht neben Werbeartikeln von „Dekoration“, „Spiel & Spaß“, „Haushalt“, „Bad“ oder „Wellness“. Sonstige Produkte sind jedoch nicht als Werbeartikel zu klassifizieren.

Das Alleinstellungsmerkmal der Beklagten gegenüber ihren Mitbewerbern kann das Gericht nicht feststellen. Sie kann auch nicht damit gehört werden, sie könne ihre Umsatzangaben nicht verifizieren, da sie mit ihrer Werbeaussage die Verantwortung für die Richtigkeit dieser Angabe übernimmt. Das Gericht spricht der Klägerin einen Anspruch auf Geltendmachung der Abmahnkosten gemäß § 12 UWG zu. Die Berufung wird abgewiesen und die Rechtssache nicht zur Revision (§ 543 ZPO) zugelassen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§§ 708, 711 ZPO).

OLG FFM, Urteil vom 12.06.2014, Az. 6 U 64/13


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