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Signaturerfordernis für Angaben in XML-Datensätzen

OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.11.2014, Az. 12 W 2217/14


Signaturerfordernis für Angaben in XML-Datensätzen

Dokumente, deren Inhalt zur Anmeldung in das elektronisch geführte Handelsregister beim Registergericht zu bringen ist, sind wie schriftliche, papiergestützte Erklärungen auszulegen. Maßgeblich bei der Auslegung ist das menschliche Verständnis und wie der Adressat die Erklärung entsprechend der Verkehrssitte nach Treu und Glauben versteht. Demnach gelten für elektronische Anmeldungen zum Handelsregister die gleichen Auslegungsgrundsätze wie bei papiergestützten und mündlichen Erklärungen. Nach § 1 HGB werden die Handelsregister bei den Gerichten elektronisch geführt. In diesem Rechtsstreit hatten die Beschwerdeführer Änderungen betreffend ihrer Handelsregistereintragung elektronisch zur Anmeldung eingereicht. Die Willenserklärung war fehlerhaft, während der Inhalt der verknüpften XML-Datei richtig war. Da die fehlerhafte Willenserklärung nach menschlichem Ermessen nach Treu und Glauben durchaus so ausgelegt werden kann, sei die entsprechend falsche Eintragung in das elektronische Handelsregister zu Recht erfolgt.

Inhalte in XML-Datensätzen sind nicht als rechtsverbindliches Dokument (§ 12 HGB) zu werten und müssen aus diesem Grund nicht mit der qualifizierten elektronischen Signatur (§ 2 Abs. 3 ERVV, § 2 Nr. 3 SigG) versehen sein. Dieser Gesetzgebung folgend werteten die Richter die Widersprüche zwischen der zum elektronischen Handelsregister eingereichten Anmeldung und dem Inhalt der XML-Datei als gegenstandslos und stuften die falsche Eintragung als zu Recht erfolgt ein. Mit Beschluss des Registergerichts wurde der Antrag auf Löschung der falschen Eintragung von Amts wegen zurückgewiesen mit der Begründung, es liege kein Mangel einer wesentlichen Eintragungsvoraussetzung vor. Für eine weitere Prüfung der Angelegenheit habe kein Grund bestanden.

Gegen den Beschluss des Registergerichts legten die Beteiligten Beschwerde ein. Es handelt sich bei der angefochtenen Entscheidung um eine ablehnende Entscheidung über eine Löschungsanregung (§§ 374 Nr. 1, 395 Abs. 1 FamFG). Die Beschwerde (§ 11 Abs. 1 RPflG, §§ 395 Abs. 3, 393 Abs. 3 FamFG) ist statthaft. Gemäß § 12 HGB sind angemeldete Eintragungen in das Handelsregister in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die Übertragung der öffentlich beglaubigten Dokumente vom Notar zum Registergericht erfolgt über die Umwandlung der in Papierform vorliegenden Dokumente in eine elektronische Datei. Die Papierdokumente werden mit einer entsprechenden Software eingescannt und als Bilddatei beim Registergericht eingereicht. Die übertragenen Dokumente werden in XML-Strukturdateien konvertiert. Diese Dateien erleichtern den Gerichten durch die Übernahme einer großen Anzahl von Daten die Arbeit, beschleunigen das Eintragungsverfahren und vermeiden Fehler in der manuellen Übertragung.

Die XML-Datei selbst enthält nicht die Bilddateien der Dokumente, deren Anmeldung in das Handelsregister erfolgt, sondern ausschließlich strukturierte Daten. Bei Abgleichung mit den Bilddateien ist es der Registersoftware möglich, diese Daten auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Die XML-Datei erfordert jedoch im Gegensatz zu den elektronisch eingereichten Dokumenten keine qualifizierte Signatur. Aufgrund eines Fehlers im Notariat des Verfahrensbevollmächtigten wurde die Datei mit den Anmeldeunterlagen nicht mit der richtigen XML-Datei verknüpft. Die fehlerhafte Anmeldung wurde vom Registergericht zur Eintragung gebracht. Das Ergebnis der fehlerhaften Anmeldung war die Eintragung einer Veränderung der Kommanditbeteiligungen der einzelnen Verfahrensbeteiligten und nicht die Eintragung über die Bestellung eines neuen Geschäftsführers. Handelsregisteranmeldungen sind der Auslegung zugänglich, der wirkliche Wille des Erklärenden ist nach den maßgeblichen Auslegungsgrundsätzen gemäß §§ 133, 157 BGB zu erforschen. Der Wortlaut der Erklärung und der objektiv erklärte Parteiwille sind bei der Beurteilung maßgeblich. Bei der Willenserforschung sind jedoch auch die individuellen Begleitumstände, die Interessenlage der Parteien und der mit der Erklärung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Diese empfangsbedürftigen Willenserklärungen sind entsprechend der Verkehrssitte nach Treu und Glauben auszulegen. Dies gilt auch für die Auslegung von Verfahrenshandlungen. Zugunsten des Verfahrensbeteiligten, des Notars, ist davon auszugehen, dass er mit seiner Verfahrenshandlung die nach den Grundsätzen der Rechtsordnung vernünftigen und rechtmäßigen Ziele verfolgt. Handelsregisteranmeldungen sind so auszulegen, dass sie im Zweifelsfall Erfolg haben.

Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen aus, war die Eintragung der Veränderung der Kommanditbeteiligungen durch das Registergericht nicht zu beanstanden, da trotz der fehlerhaften Zuordnung der XML-Dateien eine vollzugsfähige Anmeldung vorlag. Für die Eintragung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers lag im Gegensatz dazu keine entsprechende Anmeldung vor. Es lag ein wirksamer Eintragungsvorgang zum Handelsregister hinsichtlich der Veränderung der Kommanditbeteiligungen der Beteiligten vor. Von Amts wegen bestand kein Anlass zur Löschung der Eintragung von Amts wegen. Die Entscheidung des Amtsgerichts über die Eintragung der an sich falschen Anmeldung erfolgte daher rechtsfehlerfrei.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.11.2014, Az. 12 W 2217/14


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