Pflichtangaben der Pkw-EnVKV auch bei Testseite erforderlich
Die Informationspflichten der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) gelten auch für einen bloß zu Testzwecken veröffentlichten Internetauftritt. Dies hat das Landgericht Arnsberg mit Urteil vom 15. Dezember 2016 (Az. 8 O 36/16) entschieden. Dabei genügt dem Gericht, dass die Webseite durch Eingabe der exakten URL abgerufen werden kann. Dass sie sich über Google oder die Homepage des Verkäufers erreichen lässt, ist keine Voraussetzung. Außerdem hält die Kammer fest, Tageszulassungen seien Neuwagen im Sinne der Pkw-EnVKV und damit von den Informationspflichten erfasst.
Sachverhalt
Eine Autohändlerin beauftragte eine Internet-Agentur, für sie einen Werbeauftritt für den Fahrzeugverkauf zu entwickeln. Die Agentur erstellte mit dem Content-Management-System WordPress eine Entwurfsseite. Darauf listete sie unter der Rubrik "Gebrauchtwagen" Kaufangebote für einige VW- und Audi-Modelle auf. Bei allen Angeboten fehlten die Angaben über den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß. Die Laufleistung lag bei den angebotenen Fahrzeugen zwischen 10 und 500 Kilometer. In der Detailbeschreibung wurden die Autos als "Neuwagen" bezeichnet. Die Entwurfsseite diente ausschließlich der internen Abstimmung zwischen Agentur und Autohändlerin. Sie war weder über Google noch über die Homepage der Händlerin zu finden und ließ sich nur durch direkte Eingabe der URL aufrufen.
Dennoch gelangte ein Mitarbeiter eines Umweltverbandes auf die fragliche Webseite. Der Verband erkannte in den fehlenden Angaben zu Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen einen Verstoß gegen die Informationspflichten der Pkw-EnVKV und mahnte die Autohändlerin ab.
Letztere stellte sich auf den Standpunkt, die Seite sei nicht öffentlich zugänglich und diene lediglich Testzwecken. Zudem seien die angebotenen Fahrzeuge Gebrauchtwagen. Deshalb seien die Pflichtinformationen der Pkw-EnVKV nicht erforderlich. Ohnehin habe sie die Entwurfsseite nicht selbst erstellt. Aus diesen Gründen verzichtete die Händlerin auf die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Der Umweltverband erhob in der Folge Unterlassungsklage.
Aus den Gründen
Das Landgericht Arnsberg gibt dem Kläger Recht. Es ist der Auffassung, dass die Werbung nicht zur Publikation vorgesehen gewesen sei, spiele keine Rolle. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sehe kein Verschuldenserfordernis vor, weshalb ein objektiver Verstoß genüge.
Die Richter widersprechen der Auffassung der Beklagten, der streitgegenständliche Werbeauftritt sei nicht öffentlich erreichbar gewesen. Zwar sei die Seite weder in den Suchergebnissen von Google aufgetaucht noch auf der Homepage der Beklagten verlinkt gewesen. Bei direkter Eingabe der URL habe sie sich indes sehr wohl abrufen lassen. Schließlich habe der Kläger sie gefunden.
Im Übrigen hafte die Beklagte auch, wenn die Veröffentlichung der Entwurfsseite auf einen Fehler der Agentur zurückgehe. Denn nach § 8 Abs. 2 UWG seien bei einer Wettbewerbsverletzung des Beauftragten Unterlassungsansprüche gegen den Unternehmer begründet.
Der Inhalt der fraglichen Werbeseite verstoße gegen die Informationspflichten der Pkw-EnVKV. Abschnitt II der Anlage 4 zu § 5 Pkw-EnVKV schreibe vor, bei elektronischer Werbung Angaben über Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen zu machen.
Die Vorschrift gelte zwar nicht für Gebrauchtwagen. Angesichts der niedrigen Laufleistung handle es sich vorliegend jedoch um Tageszulassungen. Tageszulassungen sind Fahrzeuge, die für einen Tag auf den Händler zugelassen wurden. Das Gericht geht davon aus, dass Tageszulassungen als Neuwagen im Sinne der Pkw-EnVKV anzusehen sind. § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV bestimmt nämlich, dass neue Personenkraftwagen Kraftfahrzeuge sind, "die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden". Davon abgesehen weisen die Richter darauf hin, dass die Beklagte die angebotenen Autos in ihrem Werbeauftritt selbst als "Neufahrzeuge" bezeichnet hat.
LG Arnsberg, Urteil vom 15.12.2016, Az. 8 O 36/16