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Per Gewinnspiel generierte Bewertungen unzulässig

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 20.08.2020, Az. 6 U 270/19


Per Gewinnspiel generierte Bewertungen unzulässig

Das Oberlandgericht Frankfurt a.M. entschied am 20.08.2020, dass eine Bewerbung mit positiven Facebook-Bewertungen, die nur als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben worden seien, unlauter sei. Denn die hohe Zahl überwiegend positiver Bewertungen sei geeignet, Verbraucher in die Irre zu führen.

Können per Gewinnspiel generierte Bewertungen zur Bewerbung benutzt werden?
Beide Parteien vertrieben gewerbsmäßig Whirlpools. Über Facebook und anderen sozialen Medien postete die Beklagte ein Gewinnspiel. Im Text dazu hieß es „Wie du gewinnen kannst? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht deine Gewinnchance“. Anschließend warb die Beklagte mit ihren hohen Bewertungszahlen und den guten Durchschnittsnoten. Die Klägerin sah darin einen Wettbewerbsverstoß.

Keine objektive Bewertung
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. bewertete das Gewinnspiel der Beklagten als irreführenden Wettbewerb. Denn die Beklagte werbe mit ihren vielen und guten Bewertungen auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken. Die Bewertungen seien jedoch teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden, sondern nur aufgrund des ausgelobten Gewinnspieles. Denn für die Teilnahme sei eine Belohnung versprochen worden. Es liege auf der Hand, dass daher die Bewertungen eher positiv ausfallen. Es sei damit zwar keine „bezahlte“ Empfehlung im Wortsinn gegeben. Trotzdem seien die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen. Diesen Eindruck gewännen aber die Besucher der Social Media-Auftritte der Beklagten.

Kein Unterschied zwischen Produktbewertung oder Bewertung in Sozialen Medien
Das OLG befand, dass es keinen Unterschied mache, ob es sich um Produktbewertung oder Bewertungen in den sozialen Medien handele. Denn grundsätzlich lägen Bewertungen vor. Der Durchschnittsverbraucher gehe davon aus, dass nur zufriedene Kunden den Social Media-Auftritt positiv bewerten. Die Anzahl der Bewertungen lasse auch Rückschlüsse auf die Bekanntheit eines Unternehmens und seiner Produkte zu. Daher könne nicht angenommen werden, dass alle Besucher die Bewertungen inhaltlich durchgehen und selbst erkennen, dass viele Bewertungen nur wegen eines Gewinnspiels abgegeben worden seien.

Unlautere Praktiken bei der Bewertungsgenerierung nicht alltäglich
Auch das beklagtenseitige Argument, dass Besuchern von sozialen Medien die (unlauteren) Praktiken hinsichtlich Bewertungen bereits geläufig seien, ließ das Gericht nicht zu. Wäre dies zutreffen, hätte die Beklagte für die Abgabe der Bewertungen sicher keine werthaltige Belohnung ausgesetzt.

Auch indirekter Erwerb eines Produktes ausreichend
Das OLG entschied, dass die Irreführung auch geeignet gewesen sei, die Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Denn unter den Begriff „geschäftliche Entscheidung" seien auch Entscheidung zu verstehen, die nicht unmittelbar mit dem Erwerb oder Nichterwerb eines Produktes zusammenhängen. So sei es auch vorliegend. Hier sei es der Zugang über eine Werbeseite, um sich mit dem Produkt im Detail beschäftigen. Die hohe Zahl überwiegend positiver Bewertungen sei geeignet, Verbraucher zu veranlassen, sich mit dem Angebot näher zu befassen.

Zahl der Bewertungen durch das Gewinnspiel muss nicht nachgewiesen werden
Dabei spiele es keine Rolle, dass die Klägerin lediglich bei zwei der insgesamt rund 4.000 Bewertungen der Nachweis einer Gewinnspiel-Veranlassung gelungen sei, so das Gericht weiter. Es liege nämlich nahe, dass durch das Gewinnspiel eine erhebliche Zahl an Bewertungen generiert worden sei. Die Beeinflussung müsse sich dabei nicht explizit aus dem Bewertungstext ergeben. Somit sei der Klägerin eine substantiierte Darlegung der beeinflussten Bewertungen gar nicht möglich. Es spreche eher viel dafür, dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast dafür treffe, dass außer den beiden in der Klage vorgelegten Bewertungen keine weiteren auf das Gewinnspiel zurückzuführen seien. Schließlich habe sie den Zusammenhang zwischen den Bewertungen und dem Gewinnspiel selbst geschaffen. Jedenfalls gelte zugunsten der Klägerin aber ein Anscheinsbeweis. Dieser gehe dahin, dass ein erheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben worden sei, weil der jeweilige Bewerter dazu durch das Gewinnspiel veranlasst wurde. Vortrag, der diesen Anscheinsbeweis erschüttern könne, habe die Beklagte nicht gehalten.

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 20.08.2020, Az. 6 U 270/19


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