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„Notice and Take Down"-Verfahren als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung

Landgericht Hamburg, Beschluss vom 02.03.2018, Az. 308 O 63/18


„Notice and Take Down"-Verfahren als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung

Das Landgericht Hamburg entschied am 02.03.2018, dass die Löschung einer vermeintlichen Produktnachahmung, welche über das Amazon-eigene „Infringement“-Verfahren ausgelöst wurde, eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung darstelle könne. Dies gelte, wenn das angeblich verletzte Geschmacksmuster offenkundig löschungsreif gewesen sei.

Rechtmäßige Produktlöschung von Amazon wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke?
Die Parteien boten Waren unter anderem über Amazon an. Der Antragssteller wehrte sich gegen die Löschung eines seiner Produkte von der Verkaufsplattform. Amazon hatte das spezielle Weinglas mit dem Namen „Glass Bottle Cap“ nach dem „Notice and Take Down“-Prinzip aus dem Verkehr gezogen. Dies erfolgte aufgrund einer Meldung der Antragsgegnerin über die designverletzende Nachahmung des Glases. Dadurch wurde das sogenannte Infringement-Verfahren ausgelöst. Dieses Verfahren stellt Amazon den Händlern zur Verfügung, um Marken- und Designverletzungen zu melden. Nach der Rechtsprechung könne sich ansonsten Amazon bei Kenntnis einer Rechtsverletzung selbst haftbar machen. Die Antragsgegnerin berief sich im übrigen auf ein eingetragenes europäisches Gemeinschaftsgeschmacksmuster aus dem Jahr 2016.

Design war seit 2014 durch eine US-Fernsehserie bekannt
Das Gericht erachtete die beanspruchte Gemeinschaftsmarke als löschungsreif. Das eingetragene Muster sei bei seiner Anmeldung im Jahr 2016 weder neu noch eigenartig gewesen. Es vermittle keinen neuen Gesamteindruck. Denn ein dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster entsprechendes Muster war bereits unter der Bezeichnung „Guzzle Buddy“ in Folge 9 der US-Fernsehserie „C. T.“ im März 2014 gezeigt worden. Dass es sich damals um ein auf dem Markt noch nicht erhältliches Produkt handelte, sei unbeachtlich.

Gemeinschaftsmarke und US-Fernsehserie kein Widerspruch
Das Landgericht hielt auch den Umstand für irrelevant, dass es sich um eine US-Fernsehserie gehandelt habe, in der das Glas zuerst gezeigt wurde. Den Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweiges könne das Glas auch im normalen Geschäftsverkehr bekannt sein. Daher sei auch eine Offenbarung außerhalb der Gemeinschaft bzw. EU als neuheitsschädlich zu betrachten. Zwar sei bei Veröffentlichung außerhalb der EU die Bedeutung des Staates für Herstellung, Bezug oder Absatz der konkreten Erzeugnisse zu berücksichtigen. Allerdings habe die Antragsgegnerin selbst damit geworben, das Glas aus der US-Fernsehserie zu vertreiben. Zudem sei der relevante Ausschnitt aus Folge 9 der Serie über Youtube und somit auch in der EU abrufbar.

Ausgelöstes Infringement-Verfahren stellt unberechtigte Schutzrechtsverwarnung dar
Das Landgericht Hamburg bewertete auch die Verwendung des „Notice and Take Down“-Verfahrens gegenüber Amazon als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung. Denn mit diesem Verfahren habe der Antragsteller die jeweiligen Produktangebote des Antragstellers löschen können. Diese unberechtigte Schutzrechtsbehauptung begründe die Vermutung, dass es zu wiederholten Rechtsverletzungen kommen könne. Daher hätte auch die Antragsgegnerin eine ernsthafte, unbefristete, vorbehaltlose und hinreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben müssen. Dies sei bislang aber nicht erfolgt.

Löschung muss zurückgenommen werden
Das Gericht räumte dem Antragssteller einen Anspruch auf Rücknahme der Beschwerde im Wege des „Notice and Take Down“-Verfahrens gegenüber der Antragsgegnerin ein. Denn die Unterlassungspflicht beinhalte auch die Pflicht, einen fortdauernden Störungszustand zu beseitigen. Ohne die Rücknahme sei es den Abnehmern des Antragstellers nicht möglich, ihre Produkte wieder über Amazon anzubieten.

Landgericht Hamburg, Beschluss vom 02.03.2018, Az. 308 O 63/18


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