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Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel

EuGH, Urteil vom 18.02.2016, Az.: C-19/15


Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel

Gegenstand des Verfahrens ist „Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel“ und die geänderte EU-Verordnung Nr. 1047/2012. Kommerzielle Mitteilungen über Lebensmittel fallen in diesen Geltungsbereich wenn sie sich nicht an Endverbraucher, sondern ausschließlich an medizinische Fachkreise richten.

Das von einem Arzt geführte Unternehmen Innovital brachte ein Nahrungsergänzungsmittel in Tropfenform auf dem deutschen Markt heraus. Anschließend richtete das Unternehmen ein Begleitschreiben ausschließlich an namentlich bezeichnete Ärzte. In diesem Schreiben erteilt der Firmeninhaber den Adressaten alle wichtigen Informationen hinsichtlich des streitgegenständlichen Nahrungsergänzungsmittels. Das Gericht ruft den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren an und möchte wissen, ob nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in kommerziellen Mitteilungen unter die eingangs zitierte Verordnung fallen, wenn die Lebensmittel an Endverbraucher abgegeben werden, die begleitende Mitteilung sich jedoch an medizinische Fachkreise richtet. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Unionsvorschrift nicht ausschließlich wörtlich auszulegen, sondern berücksichtigt in diesem Zusammenhang auch die Ziele, die mit dieser Regelung verwirklicht werden sollen.

Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1924/2006 ist auf nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in kommerziellen Mitteilungen anzuwenden, die die Aufmachung von Lebensmitteln beschreiben und Werbung für sie machen, um sie später an Endverbraucher abzugeben. Die Verordnung definiert den Begriff der „kommerziellen Mitteilung“ jedoch nicht näher. Dieser wird in anderen Bereichen des Unionsrechts durch Vorschriften des ableitenden Rechts definiert. Diese können für den vorliegenden Fall herangezogen werden, um die Kohärenz mit dem Unionsrecht zu wahren. Art. 2 der Richtlinie 2000/31 beschreibt als „kommerzielle Kommunikation“ alle Formen der Kommunikation, die der mittelbaren oder unmittelbaren Absatzförderung dienen. Der EuGH hat die Vorabfrage dahingehend beantwortet, dass die zitierte Health Claims-Verordnung auch betreffend kommerzielle Mitteilungen und Werbung für Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel gilt, die sich an medizinische Fachkreise richten, wenn die Ware später an Endverbraucher abgegeben werden soll. Diese Verordnung soll den Verbrauchern ein hohes Schutzniveau garantieren, da in den Staaten der EU-Gemeinschaft zunehmend Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht werden, die mit gesundheitsbezogenen Angaben Werbung machen.

Eine angemessene Kennzeichnung soll diesen Produkten beigefügt werden, um das geforderte Schutzniveau zu bewahren. Der EuGH empfiehlt, dass die Vorschriften dieser Verordnung für alle kommerziellen Mitteilungen an medizinische Fachkreise Anwendung finden sollten. Die Verwendung empfiehlt sich auch für Werbekampagnen, allgemeine Werbeaussagen über Lebensmittel, und zwar auch dann, wenn diese Werbung ganz oder teilweise durch staatliche Behörden durchgeführt wird. Diese Vorschriften sollten jedoch keine Anwendung in nicht kommerziellen Mitteilungen finden, wie sie in Ernährungsrichtlinien und Ernährungsempfehlungen von staatlichen Gesundheitsstellen und Gesundheitsbehörden ausgegeben werden. Gleiches gilt auch für wissenschaftliche Veröffentlichungen und Pressemitteilungen. Weiterhin empfehlen die EuGH-Richter entsprechende Angaben der zitierten Verordnung für eine große Anzahl von Nährstoffen und weitere Substanzen, um ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten und dem Verbraucher eine sachkundige Entscheidung zu ermöglichen. Ferner sollen für alle Marktteilnehmer der Lebensmittelindustrie gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden.

Wichtig ist jedoch, dass die Angaben auf den Verpackungen der Lebensmittel für die Verbraucher klar verständlich sind. Verbraucher sind vor irreführenden Angaben zu schützen. Gesundheitsbezogene Angaben sollten nur auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Bewertung zugelassen werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit sollte diese Bewertung vornehmen, um eine einheitliche Bewertung in allen EU-Staaten zu gewährleisten. Mit der vorliegenden Verordnung werden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften hinsichtlich der nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben in den Mitgliedstaaten harmonisiert. Diese Harmonisierung garantiert das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes. Abschließend stellt der Gerichtshof fest, dass die zitierte Verordnung für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in kommerziellen Mitteilungen an Fachkreise gilt, wenn die beworbene Ware an Endverbraucher abgegeben werden soll. Die Health Claims-Verordnung sieht die Zulässigkeit nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben als gegeben an, wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind und der durchschnittliche Verbraucher diese Angaben und die beschriebenen Wirkungen versteht.

EuGH, Urteil vom 18.02.2016, Az.: C-19/15


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