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Missbrauch marktbeherrschender Stellung durch Amazon

Landgericht München I, Beschluss vom 14.01.2021, Az. 37 O 32/21


Missbrauch marktbeherrschender Stellung durch Amazon

Das Landgericht München I beschloss am 14.01.2021, dass Amazon durch die unbegründete Sperrung eines Kundenkontos seine marktbeherrschende Stellung ausnutze. Dem Kontoinhaber sei keine Möglichkeit eingeräumt worden, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dies stelle eine unbillige Behinderung dar.

Missbrauch der Marktmacht?
Antragstellerin war ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Sie ging gegen Amazon im Wege einer einstweiligen Verfügung vor. Die Antragstellerin vertrieb über die Online-Plattform Nahrungsergänzungs- und Schönheitsmittel. Amazon sperrte ihr Konto vorübergehend, fror noch existierende Gelder ein und löschte das Warenangebot. Grund war der Verdacht, dass sich die Antragstellerin Kundenrezensionen erkaufte. Nähere Informationen zu den Anschuldigungen erfolgten nicht. Auf Nachfragen reagierte Amazon nicht bzw. verwies lediglich auf die bereits bekannten Anschuldigungen. Die Antragstellerin trug vor, aufgrund der Sperrung ihrer Konten gezielt durch Amazon behindert worden zu sein. Da Amazon über erhebliche Marktmacht verfüge und vergleichbare Produkte vertreibe, stelle dies eine unbillige Behinderung dar.

Online-Verkaufsplattformen in Deutschland als relevanter Markt
Das Landgericht München I befand, sachlich relevanter Markt sei die Erbringung von Dienstleistungen von Onlinemarktplätzen gegenüber Onlinehändlern. In geografischer Hinsicht sei auf Deutschland abzustellen. Zwar wende sich Amazon an internationale Händler. Auf der Käuferseite befänden sich aber überwiegend deutsche bzw. deutschsprachige Endkunden. Ein Händler, der sein Angebot online auf dem deutschen Markt anbietet, habe damit nur eine geringe Auswahl. Dies gelte umso mehr, als über Amazon eine hohe Kundenzahl angesprochen werden könne.

Marktbeherrschende Stellung von Amazon
Das Gericht erachtete die marktbeherrschende Stellung von Amazon als ausreichend glaubhaft gemacht. Der erste Anschein spreche dafür. Bereits im Jahre 2018 seien Ermittlungen des Bundeskartellamtes zu den Amazon-Nutzungsbedingungen erfolgt. Zwei sei damals offengelassen worden, ob Amazon eine marktbeherrschende Stellung zukomme. Dazu habe es keine vertiefenden Ermittlungen gegeben. Trotzdem sei bereits im selben Jahr ein weiteres entsprechendes Verfahren gegen die Antragsgegnerin eröffnet worden. Auch die EU-Kommission sei in einer Pressemeldung eher beiläufig und wie selbstverständlich von der beherrschenden Stellung Amazons ausgegangen. Zudem würden 40 % des deutschen Online-Handels über Amazon abgewickelt.

Grundlose Sperrung und fehlende Anhörung als Marktmissbrauch
Amazon habe durch die Deaktivierung des Kontos ohne Mitteilung von Gründen die Antragstellerin unbillig behindert, so das LG weiter. Zwar sei ein berechtigter Verdacht zur Manipulation von Produktbewertungen durchaus geeignet, die Vertragsbeziehung zu beenden. Amazon sei aber aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung auf ein sachliches und diskriminierungsfreies Verhalten beschränkt. Vorliegend habe Amazon keinerlei Informationen zum konkreten Sachverhalt vorgetragen. Zudem sei der Antragstellerin lediglich eine „eventuelle“ Pflichtverletzung vorgeworfen worden. Sie selbst habe aber nicht substantiiert Stellung nehmen können. Ihr sei keinerlei Möglichkeit der Anhörung eingeräumt worden oder eine andere Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf zu verteidigen. Dies stelle eine unbillige Behinderung und damit Marktmissbrauch dar.

Landgericht München I, Beschluss vom 14.01.2021, Az. 37 O 32/21


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