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Medikamentenverkauf per Automat nicht zulässig

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.04.2020, Az. I ZR 123/19


Medikamentenverkauf per Automat nicht zulässig

Der Bundesgerichtshof beschloss am 30.04.2020, dass Arzneimittel nicht über einen Automaten verkauft werden dürften. Dies gefährde die Arzneimittelsicherheit, denn die automatisierte Abgabe sei nicht mit einem zulässigen Versandhandel vergleichbar.

Dürfen Medikamente über Automat verkauft werden?
Beklagte war eine niederländische Versandapotheke. Diese hatte in einer baden-württembergischen Gemeinde einen Automaten zur Abgabe von Medikamenten in Betrieb genommen. Der Automat befand sich in den Räumlichkeiten einer geschlossenen Apotheke. Er gab sowohl rezeptpflichtige als auch nicht rezeptpflichtige Arzneimittel ab, ohne dass diese zuvor bestellt werden mussten. Über einen Ausgabeschacht wurde das gewünschte Medikament an den Kunden gegeben. Bei Fragen konnten die Kunden per Video mit einem Apotheker in den Niederlanden Kontakt aufnehmen und sich beraten lassen. Hiergegen schritt das Regierungspräsidium Karlsruhe ein. Nach Klagen mehrerer Apotheker, u.a. einer Versandapotheke und des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg verboten die vorinstanzlichen Gerichte den Automaten. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen wendete sich die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

Hohes Schutzniveau für Arzneimittelsicherheit erforderlich
Der Bundesgerichtshof wies die Beschwerde wegen fehlender grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zurück. Das Berufungsgericht habe zu Recht angenommen, dass die Beklagte Beschränkungen bei der Arzneimittelabgabe missachte. Insbesondere die nationale Apothekenpflicht und die Voraussetzungen eines zulässigen Versandhandels, welche eine direkte Versendung von der Apotheke an den Kunden verlangen, seien für die Arzneimittelsicherheit und ein hohes Schutzniveau erforderlich.

Medikamentenausgabe nur von ausgebildeten Apothekern
Der BGH befand, dass die Vorinstanz auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Bereich des Gesundheitsschutzes beachtet habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zustehe. Es sei zulässig, den Betrieb einer Apotheke durch einen Nichtapotheker als Gefahr für die Gesundheit zu betrachten. Denn das Gewinnstreben werde nicht mit mäßigenden Faktoren wie Ausbildung, berufliche Erfahrung und die einem Apotheker obliegende Verantwortung gezügelt. Dies gelte auch für den Versandhandel. Auch hier habe der nationale Gesetzgeber wie bei der persönlichen Aushändigung eines Medikaments gewollt, dass die Arzneimittel von einer staatlich zugelassenen und überwachten Apotheke dem Kunden zugänglich gemacht werde.

Automat erfüllt nicht Anforderungen an Sicherheit und Qualität
Das Vertriebsmodell der Beklagten erfülle die nationalen Anforderungen der Arzneimittelsicherheit jedenfalls nicht in gleicher Weise, entschied das Gericht.  Die Verknüpfung des Arzneimittelversands mit einer Apotheke solle sicherstellen, dass insbesondere Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel in gleicher Weise gewährleistet seien wie bei der persönlichen Aushändigung durch die Apotheke. Ziel sei es, Gesundheitsschäden durch abgegebene Arzneimittel zu verhindern, die aufgrund von Verwechslungen, fehlerhafter Lagerung sowie durch Arzneimittelfälschung, Wirkstoffverlust oder den Zugriff Unberechtigter verursacht werden könnten. Das Vertriebsmodell der Beklagten mit vorherigen Transport der Arzneimittel zu einem inländischen Lager außerhalb von Apotheken und anschließender Zwischenlagerung bis zum Zeitpunkt der Kundenanforderung unterlaufe diese angestrebte staatliche Überwachung. Es stelle nicht sicher, dass die Medikamente aus einer vom Apotheker bis zur Absendung an den Patienten kontrollierten, eine arzneimittelsichere Lagerung gewährleistenden Sphäre stammen.

Keine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof
Eine Vorlage an den EuGH hielt der BGH nicht für erforderlich. Der Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit durch besondere Anforderungen an den Versandhandel sei zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt. Dies sei auch bereits durch EuGH-Rechtsprechung zur Warenverkehrsfreiheit bei Gefährdung der Arzneimittelsicherheit beantwortet. Aufgrund dessen bestehe kein Klärungsbedarf.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.04.2020, Az. I ZR 123/19


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