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Marken-Verlinkung auf Instagram ist nicht immer Schleichwerbung

Kammergericht Berlin, Urteil vom 08.01.2019, Az. 5 U 83/18


Marken-Verlinkung auf Instagram ist nicht immer Schleichwerbung

Jüngst hatte sich das Kammergericht Berlin erneut mit der Werbekennzeichnungspflicht von Instagram-Beiträgen zu beschäftigen. Das Urteil vom 08.01.2019, Az. 5 U 83/18 diesbezüglich lautete, dass nicht jede Marken-Verlinkung in dem sozialen Netzwerk als Schleichwerbung anzusehen sei. So sei es auch möglich, Links zu der Internetpräsenz von Unternehmen zu setzen, wenn damit allein dem Informationsinteresse der Instagram-Follower gedient werde.

Instagram-Beiträge mit Verlinkungen von Unternehmen
Der Rechtsstreit betrifft drei Veröffentlichungen der Influencerin Vreni Frost (Antragsgegnerin) auf Instagram. Die Bildbeiträge enthielten allesamt Tags und Links mit Weiterleitungen zu den Instagram-Accounts von Unternehmen, ohne dass diese jedoch eine Kennzeichnung als Werbung aufwiesen. So beschäftigte sich der erste Post mit dem Upgrade eines Fluges. Hierbei verlinkte die Antragsgegnerin ein elektronisches Gerät der Marke X. Ein anderer Beitrag zeigte jene mit Luftballons in der Hand, auf welchen ein Shampoohersteller verlinkt worden war. In dem dritten in Rede stehenden Beitrag war ebenso die Antragsgegnerin abgebildet. Streitpunkt hier waren die auf ihrem Pullover, ihrer Brosche und ihrer Bauchtasche gesetzten Links zu der Internetpräsenz der jeweiligen Marken.

Liegt Schleichwerbung vor?
Der Antragsteller, ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, sah in allen drei Posts einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dies begründete er damit, dass die Antragsgegnerin mithilfe der Veröffentlichungen kommerzielle Werbung betreibe, ohne diese aber als solche zu kennzeichnen. Derartiges Verhalten gestatte § 5a Abs. 6 UWG allerdings nicht, so der Antragsteller. Der Norm zufolge sei schließlich der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung stets kenntlich zu machen, sofern sich dieser nicht bereits unmittelbar aus den Umständen ergebe.

Landgericht und Kammergericht nicht einer Meinung
Das Landgericht Berlin teilte die Auffassung des Antragstellers und untersagte der Antragsgegnerin mit Urteil vom 24.10.2018, Az. 52 O 101/18 in ihren Instagram-Postings kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung gegenüber ihren Followern zu verdeutlichen. Hiergegen wehrte sich die Influencerin, sodass die Sache in die nächste Instanz ging. Anders als zuvor das Landgericht urteilte das Kammergericht in seiner Funktion als Berufungsgericht nicht vollständig im Sinne des Antragstellers. Es sprach diesem lediglich hinsichtlich der ersten beiden streitigen Beiträge einen Unterlassungsanspruch zu. Da der dritte Post dagegen keine Schleichwerbung beinhalte, rechtfertige sich der begehrte Anspruch insoweit nicht, lautete das Urteil.

Wird der Absatz der Unternehmen durch die Verlinkungen gefördert?
Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin mit den beanstandeten Posts nicht zu privaten Zwecken, sondern unternehmerisch im Sinne des UWG gehandelt habe, so das Kammergericht zunächst. Diese habe sich nämlich die kommerzielle Vermarktung ihres eigenen Images zum Geschäftsmodell gemacht.
Diskussionswürdig sei nach den Ausführungen des Berufungsgerichts hingegen, ob die von der Antragsgegnerin gesetzten Verlinkungen dazu geeignet seien, die markierten Unternehmen objektiv und unmittelbar zu fördern. Ausschlaggebend hierfür sei der Charakter des Blogger-Verhaltens.
Diene die Handlung (Posts mit Verlinkungen) vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher im Hinblick auf die Produkte und wirke diese sich lediglich reflexartig auf die Absatz- und Bezugsförderung aus, so könne eine geschäftliche Handlung nicht angenommen werden. Mit anderen Worten komme es also darauf an, ob die Veröffentlichungen vorranging allein der Information und Meinungsbildung ihrer Adressaten zugute kommen, sodass diese lediglich als redaktionelle, nicht den Absatz eines fremden Unternehmens fördernde Beiträge anzusehen seien und nicht als geschäftliche Handlungen im Sinne des UWG.

Erster Post ist mangels Informationsgehalt Schleichwerbung
Das Gericht führte an, dass der erste Beitrag keinen erkennbaren Bezug zu dem Inhalt des Instagram-Accounts, der durch den gesetzten Link erreicht werden könne, aufweise. Die Influencerin spreche in dem Beitragstext gerade nicht das verlinkte elektronische Gerät der Marke X an. Auch das mit den Textzeilen kombinierte Bild zeige am Rande nicht das verlinkte Gerät, sondern einen Kopfhörer einer anderen Marke. Mithin hänge der Post aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Besuchers des Instagram-Accounts buchstäblich in der Luft und habe keinen Informationsgehalt, so das Kammergericht weiter. Es sei deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin mit der Verlinkung tatsächlich die Förderung des Absatzes von Waren der besagten Marke beabsichtigte.

Fehlende Werbekennzeichnung verleitet zum Weiterklicken
Des Weiteren stellte das Berufungsgericht fest, dass der erste Post auch unstreitig nicht als Werbung gekennzeichnet war, obwohl sich dessen werbender Charakter für den Adressaten nicht unmittelbar aus den Umständen ergab. Zusätzlich sei die fehlende Kennzeichnung des kommerziellen Charakters geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Zunächst werde der Nutzer nämlich dazu angeregt, dem Beitrag überhaupt Bedeutung zu schenken, ehe er erst im Anschluss wegen des nicht erkennbaren Zusammenhangs zwischen Bild und Link aus Neugier dazu verleitet werde, die verlinkte Seite zu besuchen, um Weiteres zu erfahren. Dort aber sei er dann der Werbung eines Drittunternehmens ausgesetzt.

Kennzeichnungspflicht beeinträchtigt nicht Meinungsfreiheit
Somit dürfe die Antragsgegnerin den besagten Link dem ersten Post nicht ohne eine entsprechende Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks beifügen. Wie das Kammergericht zudem festhielt, verletze dieses Verbot jene auch nicht in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Da die Medienfreiheit auch die mit der Medienarbeit verbundene Werbetätigkeit schütze, könnten die europäischen Vorgaben zur Kennzeichnung von Werbung, welche § 5a Abs. 6 UWG zugrunde liegen, grundsätzlich auch die Rechte der Influencerin beeinträchtigen. Zudem genüge die Pflicht zur Kennzeichnung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, schließlich werde dadurch nicht der Inhalt der Werbebotschaft an sich untersagt, sondern nur die Rahmenbedingung der Werbung festgesteckt.

Zweite Verlinkung ist ebenso Schleichwerbung
Auch in der Verlinkung des zweiten Beitrags sah das Kammergericht eine geschäftliche Handlung, welche objektiv und unmittelbar ein fremdes Unternehmen fördert. Es erschließe sich einem Follower nach Ansicht des Gerichts gerade nicht, warum die Antragsgegnerin einen Shampoohersteller auf den abgebildeten Luftballons markiere. Wie bei dem ersten Post fehle es auch hier an einem Kontext zwischen Beitrag und vorhandenem Link, sodass sich jene nicht auf einen redaktionellen Charakter des Beitrages berufen könne. Außerdem gestehe die Antragsgegnerin ein, dass sie den Workshop des Shampooherstellers, bei welchem die Luftballons verteilt worden waren, gegen Entgelt besucht habe, was den geschäftlichen Charakter ihres Verhaltens unterstreiche. Laut Gericht sei deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Verlinkung die Förderung des Absatzes von Waren des besagten Unternehmens beabsichtige; zumal die Antragsgegnerin weiter einräumte, dass das Entgelt auch für zwei Posts und eine Story auf ihrem Instagram-Account bezahlt worden sei.

Links im dritten Post dienen dem Interesse der Follower
Anders stelle sich das nach der Auffassung des Berufungsgerichts aber bei dem dritten Beitrag dar. Ein Unterlassungsanspruch sei diesbezüglich zu verneinen, da sich derartiger als redaktioneller Beitrag qualifizieren lasse, der allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten diene. Somit sei der Inhalt des Posts ohne Einschränkung von der Medienfreiheit der Bloggerin erfasst. Die Antragsgegnerin habe plausibel dargelegt, dass sie die abgebildeten und nicht weiter kommentierten Gegenstände getaggt habe, um den Anfragen ihrer Follower nach der Herkunft der Produkte zuvor zu kommen. Sie habe zudem Beispiele für solche bereits in der Vergangenheit erfolgten Nachfragen dargebracht, sodass sich die Verlinkung rechtfertige, um einer Vielzahl von Rückfragen vorzubeugen. Schließlich würden sich die Besucher ihres Profils dafür interessieren, welche Kleidung, Schuhe und Accessoires die Influencerin trägt, um die Kombinationen nachzumachen oder sich Anregungen für den eigenen Kleidungsstil zu holen. Eine Verfolgung der Bilder der Bloggerin durch die Nutzer ohne Hintergedanken sei abwegig. Das Gericht stellte die Tags und Verlinkungen der Vorgehensweise von Modezeitschriften gleich, schließlich würden diese aus dem gleichen Grund entsprechende Angaben zu Herstellern und Bezugsquellen der dort abgebildeten Produkte enthalten. Außerdem war für den Senat zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin eidesstaatlich versicherte, kein Entgelt von den Unternehmen oder Dritten für die Verlinkungen erhalten zu haben. Zusätzlich legte sie Belege für den Erwerb der Produkte aus eigenen Mitteln vor. All diese Umstände würden nach der Auffassung des Berufungsgerichts dazu beitragen, hinsichtlich des dritten Posts keine Schleichwerbung und somit auch keinen Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG oder § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG anzunehmen.
Insgesamt führt diese Entscheidung somit dazu, dass Beiträge mit Tags und Verlinkungen zu den Seiten anderer Unternehmer nicht generell als kennzeichnungspflichtige Werbung einzustufen sind. Vielmehr muss stets eine konkrete Einzelfallprüfung stattfinden.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 08.01.2019, Az. 5 U 83/18

von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ


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