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Löschung positiver Bewertungen durch Jameda

Oberlandesgericht München, Urteil vom 27.02.2020, Az. 29 U 2584/19


Löschung positiver Bewertungen durch Jameda

Das Oberlandesgericht München entschied am 27.02.2020, dass das Ärztebewertungsportal Jameda positive Bewertungen wegen des Verdachts von Manipulationen löschen dürfe. Die Löschung sei erfolgt, um dem eigenen Anspruch als seriöses Bewertungsportal nachzukommen. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Vertragskündigung durch den Kläger und der Löschung sei nicht erkennbar.

Wann sind gelöschte positive Bewertungen wieder zu veröffentlichen?
Kläger war ein Zahnarzt, Beklagte das Ärztebewertungsportal Jameda. Der Kläger war sog. Premiumkunde und nahm das „Premium-Paket Gold“ in Anspruch. Er hatte diverse positive Bewertungen und eine Durchschnittsnote von 1,5. Ende 2018 kündigte der Kläger sein Premiumpaket. Daraufhin löschte die Beklagte zehn positive Bewertungen. Der Kläger verlangte, die positive Bewertungen wieder zu veröffentlichen. Er sah einen Zusammenhang zwischen Kündigung und Löschung. Die Klägerin wiederum führte an, dass es sich bei den Bewertungen um manipulierte Bewertungen gehandelt habe. Die Vorinstanz lehnte das klägerseitige Begehren ab. Sie sah einen Zusammenhang nicht als hinreichend belegt.

Kein Zusammenhang zwischen Löschung und Vertragsabwicklung
Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Löschung keine vertraglichen Pflichten verletzt habe. Zwar seien aus dem Vertrag auch Rücksichtnahme- und Schutzpflichten erwachsen. Dies gelte insbesondere für die Pflicht, sich bei Abwicklung des Vertrages so zu verhalten, dass Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter der anderen Seite nicht verletzt werden. Allerdings sei keinerlei Zusammenhang zwischen Löschung der positiven Bewertungen und der Vertragsabwicklung erkennbar. Auch ergeben sich aus dem Vertrag keinerlei Besonderheiten für eine Löschung. Die Löschung sei nicht bei oder im Zusammenhang mit vertraglichen Pflichten erfolgt, sondern völlig losgelöst und unabhängig davon.

Löschung als Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
Grundsätzlich könne die Löschung positiver Bewertungen auch einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen, so das Gericht. Dabei handele es sich um einen Auffangtatbestand, der auch die Angehörigen freier Berufe schützt, die kein Gewerbe betreiben. Hiervon seien auch auf Bewertungsportalen hinterlassene Meinungen umfasst. Schutzgegenstand dieses Rechts sei auch der „gute Ruf“ und das unternehmerische Ansehen. Dieses werde maßgeblich durch Bewertungen auf Bewertungsportalen mitbestimmt.

Keine Offenlegung des Schutzalgorithmus erforderlich
Das OLG befand allerdings, dass durch die Löschung das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht verletzt worden sei. Für die Feststellung sei eine Interessen- und Güterabwägung erforderlich. Der Wert der Beklagten als Bewertungsportal hänge maßgeblich davon ab, ob manipulierte oder anderweitig beeinflusste Bewertungen vom Portal ferngehalten werden können. Wie dies erfolge, sei Sache der Beklagten. Sie müsse nicht offenlegen, wie ihr dazu eingesetzter Algorithmus zum Aufspüren verdächtiger Bewertungen funktioniere. Denn dies stelle ein Geschäftsgeheimnis dar. Werde dieses offengelegt, könne jeder die Schutzhürden umgehen. Damit wäre die Beklagte ihres eigenen Anspruches auf „echte Bewertungen“ beraubt.

Keine sachfremden oder willkürlichen Gründe für Löschung
Das Gericht konnte keinen Anhaltspunkt für die Löschung aus sachfremden Motiven wie der Vertragskündigung erkennen. Insoweit treffe die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast, welcher sie auch nachgekommen sei. Die Beklagte habe bewiesen, dass ihr Prüfalgorithmus die Bewertungen schon vor Ausspruch der Kündigung als manipulationsverdächtig eingestuft habe. Daher habe die Beklagte bereits zuvor ihrem Qualitätsteam den Auftrag zur Überprüfung der Bewertungen erteilt. Somit seien keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die streitgegenständlichen Bewertungen willkürlich oder aus sachfremden Gründen gelöscht wurden. Es sei schon nicht ersichtlich, welches Interesse die Beklagte daran haben solle. Schließlich habe es sich beim Kläger um einen zahlenden „Premium-Paket Gold“-Kunden gehandelt.

Kein Wettbewerbsverhältnis vorhanden
Auch aus wettbewerbswidrigem Verhalten ergebe sich kein Wiederveröffentlichungsanspruch, urteilte das OLG. Es fehle bereits an der Mitbewerbereigenschaft der Beklagten. Denn der Kläger sei Zahnarzt, die Beklagte betreibe ein Ärztebewertungsportal. Auch durch die Löschung selbst ergebe sich kein Wettbewerbsverhältnis. Zwar werde der Kläger dadurch in seiner Patientenakquise beeinträchtigt. Es fehle jedoch an jeglichem Konkurrenzmoment im Angebots- und Nachfragewettbewerb. Es werde auch kein fremder Wettbewerb gefördert.  Zwar seien andere Zahnärzte durch die Löschung mittelbar begünstigt. Dies sei jedoch lediglich eine reflexartige Begünstigung, die zur Erhaltung des Geschäftsmodells erfolgen müsse. Das reiche aber nicht aus, um eine Konkurrenzsituation zu begründen.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 27.02.2020, Az. 29 U 2584/19


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