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Lastschrift von ausländischem Konto

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2020, Az. VI ZR 93/18


Lastschrift von ausländischem Konto

Der Bundesgerichtshof entschied am 06.02.2020, dass einem in Deutschland wohnhaften Verbraucher nicht die Bezahlung per Lastschriftverfahren von einem in Luxemburg unterhaltenem Konto verwehrt werden dürfe. Anderenfalls werde gegen die europäische Verordnung über das Sepa-Lastschriftverfahren (SEPA-VO) verstoßen.

Lastschrift nur von deutschen Konten möglich?
Der Bundesverband Verbraucherzentrale hatte einen Online-Versandhändler verklagt. Dieser bot seinen Kunden zur Bezahlung u.a. das Lastschriftverfahren an. Ein Kunde mit Wohnsitz in Deutschland und Konto in Luxemburg hatte beim Beklagten bestellt. Er konnte jedoch nicht per Lastschrift bezahlen; ihm wurde regelmäßig die Fehlermeldung "Ungültige IBAN" angezeigt. Auf Nachfrage teilte der Beklagte mit, dass es nicht möglich sei, von einem ausländischen Bankkonto abzubuchen. Aufgrund dessen mahnte ihn die Klägerin zunächst ab und erhob später Klage. Die Vorinstanzen verurteilten den Beklagten antragsgemäß, weswegen er in Revision ging.

Verordnung soll einheitlichen Euro-Zahlungsraum schaffen
Der BGH stellte fest, dass sich der Unterlassungsanspruch aus der SEPA-VO ergebe. Die SEPA-VO solle einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum ohne Unterscheidung zwischen Inlandszahlungen und grenzüberschreitenden Zahlungen schaffen. Damit werde u.a. für ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts gesorgt.

Norm bezweckt auch Verbraucherschutz
Die SEPA-VO sei ein Verbraucherschutzgesetz, befand der BGH. Dies folge aus der Begründung zu einem durch den Europäischen Gerichtshof gefassten Urteil (vom 05.09. 2019, Az. C-28/18 - Verein für Konsumenteninformation). Hierin habe der EuGH klargestellt, dass die SEPA-VO nicht nur technische Vorschriften aufstelle, sondern auch dem Verbraucherschutz diene. Ferner solle sie ermöglichen, für jede Zahlung per Lastschrift innerhalb der Union nur ein einziges Zahlungskonto zu nutzen. Dadurch sollen höhere Kosten durch den Unterhalt mehrerer Konten vermieden werden.

Keine Ausnahmeregelungen vorgesehen
Ein Ausschluss von ausländischen Banklastschriften lasse sich weder durch die Vermeidung von Geldwäsche noch mit der Sicherheit des Zahlungsverkehrs rechtfertigen, so der BGH weiter. Dem stehe der Zweck der SEPA-VO entgegen. Danach habe der Verbraucher freie Wahl bei Zahlungsdienstleistern für alle seine Lastschriftzahlungen im Euro-Zahlungsraum. Auch das allgemeine Interesse, die Bonität zu prüfen, sei kein ausreichender Grund. Denn keine Bestimmung aus der SEPA-Verordnung sehe eine Ausnahme zur Wahlfreiheit vor. Der Unionsgesetzgeber habe die verschiedenen Interessen von Zahlern und Zahlungsempfängern bereits beim Verordnungserlass ausreichend berücksichtigt.

Verfahren im Interesse des Verbraucherschutzes
Der BGH entschied, dass der Unterlassungsanspruch auch im Interesse des Verbraucherschutzes geltend gemacht worden sei.  Denn es sei eine generelle Klärung geboten. Die Klägerin habe eine allgemeine, nicht nur den Einzelfall betreffende Verhaltensweise des Beklagten beanstandet. Diese gehe in ihrem Gewicht und Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Der in Rede stehende Verstoß berühre die Kollektivinteressen der Verbraucher. Alle Besteller von Waren des Beklagten mit Wohnsitz in Deutschland, die für Lastschriften ein Konto in Luxemburg verwenden möchten, seien davon betroffen.

Marktverhaltensvorschrift
Auch sah das Gericht den Unterlassungsanspruch als begründet an. Denn die verletzte Vorschrift sei eine Marktverhaltensregelung im Sinne des Wettbewerbsrechts. Sie regele zum einen das Marktverhalten des Zahlungsempfängers. Das betreffe also Unternehmer, die Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anbieten. Damit regele die Norm aber auch das Marktverhalten im Interesse der Verbraucher. Die Vorschrift schütze die Freiheit der Verbraucher, Zahlungen über ein Konto in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitz abzuwickeln. Bei einem Verstoß dagegen sei die Verhaltensfreiheit der Verbraucher bei Bestellung von Waren oder Dienstleistungen eingeschränkt.

Auch Verbraucher in Luxemburg betroffen
Der Verstoß sei auch geeignet, die Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen, befand der BGH. Es seien nicht nur Verbraucher aus Deutschland betroffen. Auch Verbraucher aus Luxemburg, die ihren Wohnsitz für Ausbildung oder Studium, aus beruflichen oder privaten Gründen vorübergehend nach Deutschland verlegen, seien gehindert, ihr in Luxemburg bestehendes Bankkonto im Lastschriftverfahren einzusetzen. Der  Beklagte beeinträchtige daher nicht nur die Verbraucher als Marktteilnehmer im Binnenmarkt, sondern ggf. auch in der Ausübung ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit sowie ihrer Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.02.2020, Az. VI ZR 93/18


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