Kinesiologie-Tapes erfordern auch Angabe des Meterpreises
Mit Urteil vom 02.08.2018, Az. 8 O 20/18 entschied das Landgericht Arnsberg, dass es nicht genügt, wenn der Verkäufer bei einer Online-Bestellung eines Kinesiologie-Tapes nach der Auswahl der Farbe des Tapes und der Bestellmenge durch den Verbraucher lediglich den Gesamtpreis des Produkts anzeigt. Vielmehr müsse auch der Preis pro Meter angegeben werden. Ansonsten liege ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und ein wettbewerbswidriges Verhalten vor.
Fehlende Grundpreisangabe bei Kinesiologie-Tape
Die Parteien des Verfahrens stritten über die Anforderungen an ein Verkaufsangebot für ein Kinesiologie-Tape und diesbezügliche Unterlassungs- und Zahlungsansprüche. Kläger war ein eingetragener Verein, zu dessen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Der Beklagte betreibt einen Internet-Shop, in welchem er unter anderem Kinesiologie-Tapes zum Kauf anbietet. Ebenso bewirbt er diese Produkte über eine Internetplattform (F1.de). Im Fokus des Rechtsstreits stand das Produkt „A Tape 5cm x 5m“. Der Kläger bemängelte, dass der Werbeauftritt bezüglich des Artikels keine Grundpreisangabe (Preis pro Meter) enthielt. Es fanden sich dort nämlich lediglich Angaben zum Artikelzustand (Neu), Optionen zur Farb- und Mengenauswahl (10 verschiedene Farben; Stückzahl) sowie die Nennung des Gesamtpreises (EUR 8,99 inkl. MwSt.). Demzufolge halte der Beklagte nicht die Vorschriften der Preisangabenverordnung ein, woraus sich ein Wettbewerbsverstoß ergebe.
Beklagter bestritt Pflicht zur Angabe
Der Beklagte wies den klägerischen Vortrag zurück. Er brachte vor, dass das vom Kläger in Bezug genommene Angebot nur eine Artikelübersicht darstelle, bei welcher eine Grundpreisangabe ausnahmsweise nicht unmittelbar notwendig sei. Bei der entsprechenden Auswahl von Farbe und Bestellmenge sei ein Grundpreis hingegen angezeigt. Sein Verhalten sei somit korrekt, sodass ihm kein Verstoß gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe vorgeworfen werden könne. Ebenso berief er sich auf die Einhaltung der diesbezüglich von der Verkaufsplattform vorformulierten Bestimmungen.
Landgericht gab Kläger Recht
Das Gericht konnte er mit seiner Darlegung allerdings nicht überzeugen. Dieses gab dem klägerischen Begehren aufgrund der Annahme eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung statt und sprach jenem sowohl den Unterlassungs- als auch den Zahlungsanspruch zu.
Auszüge des Werbeauftritts bewiesen fehlende Grundpreisangabe
Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 der Preisangabenverordnung (PAngV) gelte auch für denjenigen, der als gewerbs- oder geschäftsmäßiger Anbieter von Waren in offenen Packungen oder mit Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Länge oder Fläche wirbt, die Anforderung des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV, begründete das Gericht seine Entscheidung. Dies bedeute, dass auch der Beklagte den Preis je Mengeneinheit (hier Meter) einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe zu dem Gesamtpreis des Tapes (EUR 8,99) angeben muss (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV). Zwar behaupte der Beklagte, dass eine solche Angabe nach entsprechender Auswahl von Farbe und Bestellmenge sehr wohl stattfinde. Dem stehe jedoch der Gegenbeweis des Klägers entgegen. Aus einer Zusammenschau der seitens des Klägers eingereichten und datierten Ausdrucke des Werbeauftritts vom September 2017 und November 2017 ergebe sich eindeutig, dass auch nach der Auswahl einer Farbe und der Stückzahl (Abgabe in Rollen) kein Grundpreis auf der Plattform erschien.
Beklagter räumte fehlende Angabe zudem ein
Noch dazu gestehe der Beklagte seinen Verstoß gegen die Grundpreisangabe trotz seiner gegenteiligen Behauptung selbst ein, so das Gericht weiter. Aus einer Äußerung seinerseits lasse sich nämlich ebenfalls der Rückschluss auf die fehlende Grundpreisangabe für beide Zeiträume ziehen. So führe der Beklagte in seinem Schriftsatz aus, dass er seit Ende November 2017, also zu einem Zeitpunkt, der den umstrittenen fehlenden Grundpreisangaben bei der Bewerbung des Tapes nachgeht, sein Produktangebot derart gestaltet habe, dass seither auch in der Produktbeschreibung des Angebotstextes die Grundpreise und Mengenrabattierungen sichtbar seien. Dieser Umstand mache deutlich, dass eine derartige Angabe seinerseits im Vorfeld nicht getätigt worden war. Dass der Beklagte seiner gesetzlichen Pflicht nun nachkomme, tue im Hinblick auf den vorherigen Verstoß laut Gericht aber nichts zur Sache.
Auch keine Befreiung von Grundpreisangabe
Das Landgericht hielt ebenso fest, dass der Beklagte unabhängig von der Frage, ob ein Grundpreis zum damaligen Zeitpunkt angegeben gewesen war, nicht von der Pflicht zur Angabe des Meterpreises für das Tape entbunden gewesen sei. Mithin erweise sich auch dessen alternativ vorgetragenes Argumentationsmuster (fehlende Grundpreisangabe sei aufgrund der Befreiung von der gesetzlichen Angabepflicht unschädlich) als hinfällig. Das von der Gegenseite aufgegriffene Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.08.2014, Az. 38 O 70/14 helfe dem Beklagten im Streitfall nämlich gerade nicht weiter, urteilte das Arnsberger Gericht. Zwar schließe sich die Kammer der Auffassung des Düsseldorfer Landgerichts, wonach § 2 Abs. 1 PAngV erst dann zur Anwendung komme, wenn ein konkretes Produkt beworben werde, weil nur für ein solch konkret beworbenes Produkt ein Gesamtpreis angegeben werden kann, an. Erst sodann obliege einem Verkäufer also die gesetzliche Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises. Allerdings verkenne der Beklagte, dass im Streitfall seinerseits bereits ein Endpreis angegeben wurde, sodass nicht mehr nur von einer Artikelübersicht, welche keine Grundpreisangabe erfordere, gesprochen werden könne.
Widersprüchliches Verhalten des Beklagten
Angemerkt wurde seitens des Gerichts zudem die generelle Widersprüchlichkeit des gegnerischen Verhaltens. So behaupte der Beklagte einerseits, dass er von der Pflicht des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV befreit sei. Jedoch veränderte er andererseits die Gestaltung seines Werbeauftritts und gibt seit kurzem auch den Grundpreis für das farblich und mengenmäßig ausgewählte Tape an. Dies zeige insbesondere, dass auch dieser jüngst zu dem Ergebnis, dass eine Grundpreiseangabe dem Gesetz nach notwendig sei, gekommen zu sein scheint.
Beklagter alleine für Werbeauftritt verantwortlich
Außerdem sei das Vorbringen des Beklagten, dass er hinsichtlich seines Werbeauftritts die Vorgaben der Verkaufsplattform erfüllt habe und ihm somit kein Vorwurf eines Gesetzesverstoß gemacht werden könne, irrelevant, lauten die Ausführungen des Landgerichts weiter. Abgesehen davon, dass der Beklagte alleine für die Internet-Angebote seiner Produkte verantwortlich sei und sich nicht auf Hilfestellungen Dritter verlassen könne, basiere die Begründetheit eines Unterlassungsanspruchs auch nicht auf einem schuldhaften Verhalten.
§ 2 Abs. 1 PAngV als Vorschrift im Sinne des § 3a UWG
Der Verstoß gegen die PAngV führe nach den Ausführungen der Landgerichts letztlich zu einem Wettbewerbsverstoß. Da die Vorschrift des § 2 Abs. 1 PAngV nicht nur die Position einer bestimmten Person schütze, sondern als marktverhaltensregelnde Vorschrift qualifiziert werde, greife der Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG. Somit sei der Kläger aufgrund eines UWG-Verstoßes berechtigt, gegen den Beklagten zur Erwirkung eines Unterlassungsanspruchs vorzugehen.
Beklagter trägt auch Abmahnkosten
Auch wurde dem Zahlungsantrag des Klägers hinsichtlich der Abmahnkosten im Vorfeld des Verfahrens entsprochen. Die Abmahnung sei berechtigt gewesen, sodass der Beklagte die Kosten für die hierfür erforderlichen Aufwendungen zu tragen habe. Der gegnerische Einwand, dass die erfolgte Abmahnung nicht hinreichend konkretisiert gewesen sei, wurde von der Kammer verworfen.
Landgericht Arnsberg, Urteil vom 02.08.2018, Az. 8 O 20/18
von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.