Kennzeichnungspflicht von Reinigungsprodukten
Für professionell zu nutzende Reinigungsmittel, die aus einer Mischung verschiedener chemischer Substanzen bestehen, ist eine Werbung ohne Warnhinweis auf eventuelle Gesundheitsgefahren nur zulässig, wenn Gesundheitsgefahren definitiv ausgeschlossen werden können. Wenn aufgrund der Eigenschaften eines Gemisches, beispielsweise eines niedrigen PH-Wertes, gesundheitliche Gefahren zu vermuten sind, entfällt die Warnpflicht nicht, weil bisher noch keine Gesundheitsschäden aktenkundig wurden.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 07.07.2016 in einem wettbewerbsrechtlichen Streitfall zum Aktenzeichen 6 U 22/715 sein Urteil verkündet. Als Streitparteien traten Wettbewerber aus dem Bereich der professionellen Reinigungsdienstleister auf. Der Beklagte hat eine eigene Reinigungsmittel-Produktpalette entwickelt. Die Produkte „Milizid“, „Milizid Cool Breeze“, „Milizid Fresh“, „Milizid Tropical“ und „Milizid Citro“ bot die Antragsgegnerin an, ohne dabei warnend auf das Bestehen möglicher Gesundheitsgefahren hinzuweisen. Sie betonte sogar ausdrücklich, dass die von ihr angebotenen Reinigungsmittel-Gemische nach den Vorschriften der CLP-Verordnung ohne Gefahrenwarnung verwendet werden dürften. Damit verlieh sie ihrem Angebot eine besonders umweltfreundliche und verträgliche Note. Die Antragstellerin wies darauf hin, dass es sich bei den streitgegenständlichen Reinigungsmitteln um gefährliche Mischungen handelte, die unter anderem einen niedrigen PH-Wert von 0,5 aufwiesen. Bei einem solchen Wert liege die Gefahr einer Schädigung für die Haut nahe. Die Antragsgegnerin werbe unlauter und wettbewerbswidrig, wenn sie sich in Anbetracht solcher Schädigungsmöglichkeiten auf die Erlaubnisfreiheit für Reinigungsmittel berufe.
Nachdem die Antragsgegnerin auf eine entsprechende Abmahnung nicht reagiert hatte, beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die vom Landgericht mit Datum vom 17.08.2015 antragsgemäß erlassen wurde. Durch die Verfügung wurde der Antragsgegnerin untersagt, zu Werbezwecken herauszustellen, dass für die Reinigungsprodukte angeblich keine Kennzeichnungspflicht nach den Vorschriften der CLP-Verordnung besteht. Die Antragsgegnerin legte Widerspruch ein. Gegen das daraufhin ergangene Urteil des Landgerichts hat sie nun Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingereicht. Das Oberlandesgericht hat die Berufung abgewiesen. In ihrer Urteilsbegründung stellen die Richter des 6. Senats am Oberlandesgericht Frankfurt am Main fest, dass entgegen der von der Antragsgegnerin vertretenen Ansicht eine grundsätzliche Pflicht besteht, vor Gesundheitsgefahren, die von als Reinigungsmittel zu verwendenden Mischungen chemischer Bestandteile ausgehen, zu warnen. Auch die von der Antragsgegnerin hergestellten, vertriebenen und genutzten Reinigungsmittel sind nach der CLP-Verordnung nicht von einer Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Aufgrund des geringen PH-Wertes der Mischung, der bei 0,5 liegt, ist grundsätzlich mit Hautunverträglichkeiten zu rechnen. Zum Schutz aller, die mit den Substanzen umgehen, muss deshalb auf mögliche Gefahren hingewiesen werden.
Wenn die Antragsgegnerin darauf hinweist, dass keine Erkenntnisse über derartige negative Erfahrungen bei der Verwendung der Reinigungsmittel vorliegen, dann reicht das nicht aus, um die Produkte von einer Kennzeichnungspflicht freizustellen und die Freistellung als besondere Werbeaussage zu verwenden. Dies gilt besonders auch deshalb, weil die Antragsgegnerin zu ihrer Überzeugung, dass keine Kennzeichnungspflicht vorliege, gelangt ist, ohne die üblichen „in vitro“ Tests hinsichtlich etwaiger Gesundheitsgefahren ihrer Reinigungsmittelmischungen zu machen. Die Tatsache, dass keine Erkenntnisse aus den einschlägigen Unfalldatenbanken vorliegen, ist alleine nicht dazu geeignet, solche konkreten Produkttests zu ersetzen. Auch die Erklärung, mittels einer „sauren Reserve“ jeden Verdacht einer hautätzenden Wirkung der Reinigungsprodukte beseitigt zu haben, ließ das Oberlandesgericht ebenso wenig gelten wie das Landgericht bei seiner erstinstanzlichen Entscheidung. Es war also festzustellen, dass die Behauptung, die Reinigungsmittel seien nach den Vorschriften der COP-Verordnung kennzeichnungsfrei, so nicht zutreffend war. Als Werbeaussage ist die immer wiederkehrende Betonung der Kennzeichnungsfreiheit irreführend und deshalb unlauter gemäß § 5a UWG.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.07.2016, Az. 6 U 227/15