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Keine versteckten Kosten in Online-Werbung

OLG Hamburg, Urteil v. 24.01.2019, Az. 3 U 130/18


Keine versteckten Kosten in Online-Werbung

Das OLG Hamburg entschied, dass in der Internetwerbung für ein Mobilfunkgerät inkl. Handy-Tarif die kompletten Kosten angegeben werden müssen. Lässt der Anbieter in der Werbung Einmalzahlungen außen vor, auf die erst später hingewiesen wird, sei das Angebot wettbewerbswidrig.

„iPhone 8 zum Knallerpreis für monatlich € 39,99“
Im Wege der einstweiligen Verfügung war der beklagten Anbieterin verboten worden, im Internet „blickfangmäßig“ mit einzelnen Preisbestandteilen für den Abschluss von Kopplungsverträgen (Handy + Mobilfunkvertrag) zu werben, ohne gleichzeitig auf die einmaligen Kosten des Handys, den Anschlusspreis sowie die Mindestvertragslaufzeit hinzuweisen. Der Verbraucher gehe durch die Werbung der Anbieterin davon aus, das iPhone 8 zum „Knallerpreis“ für monatlich 39,99 € inklusive des Mobilfunktarifs zu erwerben. Die weiteren Angaben zur Einmalgebühr in Höhe von 49,00 € sowie zum Anschlusspreis in Höhe von 29,99 € erhielt der Verbraucher erst durch Anklicken des Buttons „zum Angebot“. Das Landgericht Hamburg hatte entschieden, dass diese Art der Werbung gegen die Preisangabenverordnung verstoße und irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts sei. Die Anbieterin wendete sich im Wege der Berufung zum OLG Hamburg gegen dieses Verbot.

Preisangabenverordnung: nur der Gesamtpreis zählt
Das OLG hielt die Berufung für unbegründet und stimmte dem LG Hamburg im Ergebnis zu. Die Mitbewerberin der Handy-Anbieterin könne die Unterlassung der beanstandeten Werbung verlangen. Daher habe sie zurecht den Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Konkurrentin gestellt. In § 1 Abs. 1 Preisangabenverordnung werde vorgeschrieben, wie Preise bei gewerbs- oder geschäftsmäßiger Werbung für Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern anzugeben sind. Danach müsse derjenige Preis genannt werden, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen ist –  der sogenannte „Gesamtpreis“.

Anschlusspreis und Einmalgebühr sind Teil des Gesamtpreises
Die Antragsgegnerin bewerbe im Internet für ihr Produkt einen Preis in Höhe von 39,99 €. Darin seien jedoch nicht die Preisbestandteile „Anschlusspreis 29,99 €“ und „einmalig 49,00 €“ enthalten. Daher sei vorliegend kein Gesamtpreis angegeben worden. Ein Anschlusspreis und eine Einmal-Gebühr seien „sonstige Preisbestandteile“ im Sinne der Preisangabenverordnung und daher Teile des anzugebenden Gesamtpreises. Die Werbung enthalte auch keinen anderen Hinweis auf diese Preisbestandteile, der den gesetzlichen Anforderungen entspreche.

Gesamtpreis muss „leicht erkennbar und gut wahrnehmbar“ sein
In § 1 Abs. 7 Preisangabenverordnung seien noch genauere Anforderungen zur Gesamtpreisangabe gestellt worden. Danach müssen die Angaben zum Preis dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet werden können. Außerdem müssen sie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein. Die Preisangabe sei unvollständig, wenn blickfangmäßig der Preis von „39,99 €“ hervorgehoben werde, aber nicht gleichzeitig die weiteren Preisbestandteile so dargestellt werden, dass sie eben dem Blickfang „39,99 €“ eindeutig zugeordnet werden können sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar sind. So habe bereits der BGH seine Entscheidung „Leistungspakete im Preisvergleich“ begründet (BGH, WRP 2011, 873, Rn. 31). Die Zuordnung könne auch durch einen Sternchen-Hinweis geschehen, sofern dieser unmissverständlich ist und die Angaben gut lesbar und vollständig sind. Auch hierzu gebe es höchstrichterliche Rechtsprechung.

Erläuterungen müssen klar und eindeutig auf die Preisangabe bezogen sein
In der Praxis sei der Verkehr daran gewöhnt, dass bei einer Preisangabe unmittelbar diejenigen Erläuterungen verbunden sind, die zu den Details des Preises aufklären oder diesen einschränken. So geschehe es etwa durch Fußnoten oder Sternchen-Hinweise. Auch andere erläuternde Hinweise müssen den Verkehr klar und eindeutig erkennen lassen, dass sie auf die Preisangabe bezogen sind. Der Hinweis auf Einschränkungen, Bedingungen und vor allem auf weitere Preisbestandteile müsse so klar und deutlich sein, dass er die Preisangabe erst vollständig mache und so der Gesamtpreis erkennbar werde. Der Button „zum Angebot“ sei im vorliegenden Fall nicht mit einer Fußnote oder einem Sternchen-Hinweis zu vergleichen. Im Gegenteil – der Button habe für Verbraucher eine ganz andere Bedeutung.

Button „Zum Angebot“ reicht nicht
Obwohl der „zum Angebot“-Button in räumlicher Nähe zur Preisangabe „39,99 €“ stehe, sei inhaltlich kein Bezug dazu gegeben. Vielmehr gehe der Verbraucher davon aus, dass er über den verlinkten Button gerade zu dem Angebot gelange, das ihm gerade unterbreitet wurde: das iPhone 8 zum „Knallerpreis“ von 39,99 € - ohne Einschränkungen. Mit der Angabe „zum Angebot“ werde nicht zum Ausdruck gebracht, dass noch weitere Preisbestandteile hinzukämen. Die Angaben zu den weiteren Kosten werden erst dann deutlich, wenn sich der Verbraucher näher mit dem Angebot auf den verlinkten Seiten beschäftigt. Jedenfalls seien diese zusätzlichen Kosten nicht eindeutig der Preisangabe von 39,99 € zuzuordnen. Die Werbung verstoße damit gegen die Preisangabenverordnung.

EU-Richtlinie: alle unvermeidbaren & vorhersehbaren Kosten sind anzugeben
Daran ändere auch die Verbraucherschutz-Richtlinie 98/6/EG nichts. Ihr zufolge sei der Endpreis für eine Produkteinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sowie inklusive Umsatzsteuer als Verkaufspreis anzugeben. Beim „iPhone 8 zum Knallerpreis“ handele es sich um ein Warenangebot für Verbraucher, daher sei die Vorgabe dieser Richtlinie hier einschlägig. Also müsse der Verkaufspreis die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten, die der Verbraucher obligatorisch zu tragen hat und die die Gegenleistung für den Erwerb der Ware darstellen.

Die Werbung sei außerdem „irreführend“
Durch den Verstoß gegen die Preisangabenverordnung handele die iPhone-Anbieterin unlauter im Sinne des Wettbewerbsrechts. Damit sei das Verbot, welches das LG Hamburg ausgesprochen habe, und die einstweilige Verfügung gerechtfertigt gewesen. Es komme nicht darauf an, ob die Werbung zugleich irreführend im Sinne des Wettbewerbsrechts sei. Jedoch sei davon vorliegend auszugehen. Der angesprochene Verbraucherkreis erhalte fälschlicherweise den Eindruck, dass er die angebotene Leistung zum Preis von monatlich 39,99 € erhalte und keine weiteren Kosten auf ihn zukommen. Durch die unvollständige Preisangabe werde der Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er bei Kenntnis des tatsächlichen Gesamtpreises nicht getroffen hätte.

Das Anklicken eines Buttons ist eine geschäftliche Entscheidung
Die Anbieterin wandte hierzu ein, dass der Verbraucher auf der verlinkten Unterseite sämtliche Informationen erhalte, bevor er seine Kaufentscheidung tatsächlich treffe. Er werde durch die vorhergehende Werbung nicht „irregeführt“, da er keine geschäftliche Entscheidung treffe, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dem widersprach das OLG Hamburg. Eine geschäftliche Entscheidung sei hier nicht nur die Entscheidung für oder gegen den Kauf des Produkts. Auch schon die Entscheidung, ein Geschäft zu betreten oder nicht, sei eine geschäftliche Entscheidung. Im übertragenen Sinne geschehe durch die beanstandete Werbung genau das. Der Verbraucher werde durch die Werbung auf die verlinkten Internetseiten – dem eigentlichen „Geschäftsraum“ der Anbieterin – gelockt. Es gehe hier auch nicht um den Fall, dass der Verbraucher ein- und dieselbe Werbeanzeige durch den Blickfang nur „genauer betrachten“ würde. Er müsse den Button „zum Angebot“ zweifach anklicken – zwei „geschäftliche Entscheidungen“. Die Werbung sei also irreführend. Ein Rechtsmissbrauch der Antragstellerin sei hier nicht ersichtlich.

OLG Hamburg, Urteil v. 24.01.2019, Az. 3 U 130/18


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