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Keine Schleichwerbung bei privaten Influencer-Posts

Oberlandesgericht München, Urteil vom 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19


Keine Schleichwerbung bei privaten Influencer-Posts

Das Oberlandesgericht München entschied am 25.06.2020, dass eine sog. Influencerin ihren Instagram-Post nicht als Werbung kennzeichnen müsse, wenn die Beiträge eher dazu dienen, die eigenen Aufmerksamkeit und den eigenen Marktwert zu steigern. Dies sei keine Schleichwerbung, da ein eher allgemeines Interesse für eine geschäftliche Handlung im wettbewerbsrechtlichen Sinne nicht ausreiche.

Schleichwerbung beim privaten Post einer Influencerin?
Kläger war ein Verein zur Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, Beklagte die Influencerin Cathy Hummels. Die Instagram-Post der Beklagten waren teilweise mit werblichen Hinweisen auf Hersteller der von ihr getragenen Kleidung, ihrer Schuhe, Accessoires etc. versehen. Die Kleidungsstücke und anderen Gegenstände waren auf den Fotos teilweise „getagt“: Klickte man auf die Stelle im Bild, an der sich der jeweilige Gegenstand befand, erschien in einem „Tag“ der Name des Unternehmens, von dem das Produkt stammte. Klickte man erneut auf den Namen des Unternehmens, wurde man auf den jeweiligen Instagram-Auftritt dieses Unternehmens weitergeleitet. Diejenigen Instagram-Posts, für die die Beklagte von den verlinkten Unternehmen bezahlt wurde, kennzeichnete sie mit dem Hinweis „bezahlte Partnerschaft mit …“. Vier Posts der Beklagten enthielten allerdings keine entsprechende Kennzeichnung. Darunter die Abbildung des Spielzeugelefanten eines Markenherstellers. Bei dem Foto habe es um eine private Veröffentlichung gehandelt und die Beklagte gemeinsam mit ihrem Sohn beim Spielen gezeigt. Entgelte flossen nicht. Hiergegen richtete sich das Vorgehen des Klägers. Die erste Instanz wies die Klage ab, weswegen der Kläger in Berufung ging.

Keine geschäftliche Handlung bei privaten Posts
Das Oberlandesgericht München entschied, dass bei einem privaten Post keine geschäftliche Handlung im Sinne des Wettbewerbsrechts vorliege. Diene eine Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung von geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher, wirke sie sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung aus. Somit stelle sie gerade keine geschäftliche Handlung dar. Weltanschauliche, wissenschaftliche, redaktionelle oder verbraucherpolitische Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen, die nicht im Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung stehen und nur der Information und Meinungsbildung der Leser, Zuschauer oder Zuhörer dienen, unterfallen nicht dem Wettbewerbsrecht.

Gemischter privat-unternehmerischer Post
Die Beklagte habe zwar bei ihren Posts nicht allein zu privaten Zwecken gehandelt, sondern auch als Unternehmerin, so das Gericht weiter. Als Influencerin habe sie das Interesse ihrer Follower an ihrem Leben und an ihrer Person inklusive der von ihr getragenen Kleidung und der von ihr verwendeten Produkte zu einem Geschäftsmodell gemacht. Die Posts beruhen nicht nur auf ihrer Mitteilungsfreudigkeit. Vielmehr seien sie auch auf Aufmerksamkeit und Resonanz gerichtet, um das Image zu stärken und die Follower sowie die Zahl der Kommentare zu erhöhen. Dadurch wiederum werde das eigene Image und der eigenen Wert erhöht, was die Wahrscheinlichkeit zukünftiger bezahlter Partnerschaften steigere.

Geschäftliche Handlung als Nebeneffekt reicht nicht aus
Das OLG urteilte, dass der Wunsch, durch die Posts auch „bezahlte Partnerschaften“ und damit Werbeverträge zu akquirieren nicht ohne weiteres als geschäftliche Handlung anzusehen seien. Das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, reiche nicht aus, um eine Absatzförderung anzunehmen. Die Beklagte komme mit ihren Posts dem Informationsinteresse ihrer Follower nach. Die Informationen inklusive der angebrachten Tags und Links seien somit genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum „redaktionellen“ Teil ihrer Beiträge zu zählen. Insofern seien sie nicht anders als redaktionellen Beiträgen in Modezeitschriften. Dass die Beklagte über diese Posts auch beabsichtige, sich für Werbeverträge interessant zu machen und Einnahmen zu erzielen, sei dem Handeln der auch ansonsten von Werbeeinnahmen sehr abhängigen Medienbranche immanent. Die Beiträge der Beklagten unterscheiden sich insofern nicht von sonstigen der Leserschaft dienenden Beiträgen. Dass die Posts auch den Absatz diverser Produkte fördern, sei ein bloßer Reflex der Selbstdarstellung und führe – solange kein Entgelt fließt – und nicht zu einer geschäftlichen Handlung zugunsten dieses Unternehmens.

Influencer-Beiträge dienen auch immer der Steigerung des eigenen Bekanntheitsgrades
Selbst wenn die Beiträge dem Abschluss von Werbeverträgen dienen würden, sei dies nicht als unlauter anzusehen, so das Gericht weiter. Denn der kommerzielle Zweck der Handlung ergebe sich unmittelbar aus den Umständen. Daher habe es keiner besonderen Kenntlichmachung bedurft. Hierbei sei die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers maßgeblich. Dieser müsse auf den ersten Blick ohne Zweifel erkennen können, dass dem Post ein kommerzieller Zweck zugrunde liege. So sei es aber vorliegend. Das gelte jedenfalls insoweit, als die Beiträge auch der Wertsteigerung des eigenen Images dienen und damit für „bezahlte Partnerschaften“ Vorteile bringen. Denn der angesprochene Instagram-Nutzer wisse, dass Influencer auch Werbeverträge abschließen und sich ihr Marktwert nach der Zahl der Follower bemesse. Die Zahl der Follower wiederum sei von der Attraktivität der Influencer-Beiträge abhängig.

Revision zugelassen
Das Gericht ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Rechtsfortbildung zu. Die entscheidungserhebliche Frage, unter welchen Voraussetzungen Influencer-Marketing wettbewerbsrechtlich zulässig sei, sei bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt und in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen von Bedeutung. Insofern fehle es für die rechtliche Beurteilung in einer Vielzahl von Fällen an einer richtungsweisenden Leitentscheidung.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 25.06.2020, Az. 29 U 2333/19


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