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Keine Haftung für rechtswidrige Online-Dritteinträge

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 22.11.2017, Az. 6 W 93/17


Keine Haftung für rechtswidrige Online-Dritteinträge

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied mit Beschluss vom 22.11.2017, dass ein Unterlassungsschuldner nur dann für rechtswidrige Interneteinträge durch Dritte haften müsse, wenn ihm diese bekannt seien. Zwar träfen einen Schuldner auch umfangreiche Pflichten zur Beseitigung einer schon bestehenden Rechtsverletzung bei Dritten. Allerdings setze eine derartige Verpflichtung voraus, dass der Schuldner von der Verletzung Kenntnis habe und sie auch in irgendeiner Weise mit veranlasst habe.

Abschluss eines Beförderungsvertrages durch Anruf-Entgegennahme?
Ursprünglich war dem Antragsgegner untersagt worden, unter Angabe seiner Mobilfunknummer auf Internetseiten Personenbeförderungen anzubieten oder zu bewerben. Nachfolgend brachte die Antragsstellerin jedoch sechs Verstöße gegen die Unterlassungsverfügung vor. Dazu gehörten unter anderem die Benennung des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Anruf-Linientaxis und eines Pendelbus-Unternehmens, die Benennung auf der Internetseite einer Gemeinde sowie die Annahme eines Beförderungsauftrages per Mobiltelefon. Das angerufene Landgericht Gießen verhängte daraufhin jedoch lediglich wegen eines Verstoßes ein Ordnungsgeld. Die anderen fünf behaupteten Verstöße wies es zurück, wogegen sich die Beschwerde der Antragsstellerin vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. richtet.

Beschwer auch, wenn festgesetzte Strafe als zu niedrig angesehen wird
Das Oberlandesgericht sah die Antragsstellerin als beschwert an, obwohl sie die festgesetzte Strafe gegen den Antragsgegner im Falle eines Auflagenverstoßes als zu niedrig ansah. Auch wurde von der Antragsstellerin keine explizite Summe für eine solche Strafe genannt. Dies sei aber unschädlich, da es sich bereits aus dem Vorbringen der Antragsstellerin ergebe, dass weitere Verstöße zu einem höheren Ordnungsgeld führen müssten. Zudem sei die Antragsstellerin bereits durch die Kostenentscheidung beschwert, welche darauf beruhe, dass die Vorinstanz nur einen der behaupteten sechs Verstöße bejahte.

Anruf-Linientaxi ist Linienverkehr nach § 42 PBefG
Hinsichtlich der Benennung des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Anruf-Linientaxis sah das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. den Unterlassungstitel nicht als verletzt an. Denn der Titel sei auf Personenbeförderung mit Mietwagen nach § 49 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) beschränkt. Die Nennung des Antragsgegners erfolge aber im Zusammenhang mit der Werbung für ein Anruf-Linientaxi. Ein solches stelle Bedarfsverkehr dar, der nach festen Fahrplänen, aber nur auf Bestellung verkehre. Somit sei ein Anruf-Linientaxi gerade kein Mietwagenverkehr nach § 49 PBefG sondern vielmehr Linienverkehr nach § 42 PBefG.

Kenntnis des verursachten Störungszustands erforderlich
Zudem ziehe eine Unterlassungsverpflichtung nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch umfangreiche Pflichten zur Beseitigung eines schon bestehenden Störungszustandes nach sich. Hierfür sei zusätzliche Voraussetzung, dass der Antragsgegner von dem Störungszustand Kenntnis habe und den Zustand auch irgendwie mit veranlasst habe. Hierfür lägen nach Meinung des Oberlandesgerichts jedoch keine Anhaltspunkte vor.

Keine neue Kundenwerbung, wenn Transportauftrag bereits erteilt wurde
Auch in der Benennung des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Pendelbusverkehrs könne das Oberlandesgericht keine Verletzung des Unterlassungstitels erkennen. Es gebe eine Vereinbarung mit dem Pendelbus-Veranstalter, wonach der Antragsgegner in dessen Auftrag Besucher zu einem bestimmten Ort und zurück zu transportieren habe. Dies könne zwar als Mietwagenverkehr nach § 49 PBefG eingeordnet werden. Da aber der Transportauftrag bereits durch den Veranstalter erteilt worden sei, der auch Ziel und Ablauf der Fahrten bestimme, könne der Hinweis auf den Antragsgegner keine Werbung um neue Kunden darstellen.

"wie-Zusatz" konkretisiert "kerngleiche" Unterlassungshandlungen
Auch sei die Benennung im Zusammenhang mit dem Pendelbusverkehr nicht mehr vom Kern des Unterlassungstitels erfasst. Denn die im Titel beschriebene Verletzungsform beträfe die eigene Werbung des Antragsgegners auf seiner eigenen Homepage. Zwar wurde die Handlung im Titel lediglich abstrakt beschrieben; eine Konkretisierung erfolge aber durch einen "wie-Zusatz". Die abstrakte Kennzeichnung habe die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu spezifizieren, die als "kerngleiche" Handlung von dem Verbot erfasst sein sollen. Die Nennung des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Dritten sei davon jedenfalls nicht mehr erfasst.

Keine Haftung für Handlungen Dritter
Das Gericht stellte weiterhin fest, dass der Antragsgegner eines Unterlassungsanspruchs grundsätzlich nicht für das selbstständige Handeln Dritter einzustehen habe. Er müsse lediglich auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekomme, einwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen musste und rechtliche und tatsächliche Einflussmöglichkeiten gehabt habe. Wenn aber - wie vorliegend - auf einer durch die Gemeinde zu verantwortenden Zusammenstellung von Gewerbetreibenden der Hinweis auf den Antragsgegner erfolge, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Denn es ergebe sich bereits aus der Gesamtschau der Internetseite, die neutral aufgemacht sei und lediglich auf Servicezeiten und Verwaltungsanschriften verweisen würde, dass hier keine eigene Werbeanzeige geschaltet wurde.

Auftragsannahme als Aliud zum "Anbieten" und "Bewerben"
Die Annahme eines Beförderungsauftrages mit dem Mobiltelefon stelle keinen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung dar. Denn sie sei nicht mehr vom Kernbereich des Unterlassungstenors umfasst. Die Annahme eines Beförderungsauftrages stelle qualitativ ein aliud zum "Anbieten" und "Bewerben" dar. Während das "Bewerben" ein aktives Handeln nach außen erfordere, erfordere die reine Annahme keine eigene aktive Tätigkeit im Sinne einer Aktion. Vielmehr stelle das "Anbieten" lediglich eine Reaktion auf eine Anfrage dar.

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 22.11.2017, Az. 6 W 93/17

von Jana Krzewsky


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