Keine Berechtigung zur Übertragung eines Facebook-Accounts
Mit Urteil vom 31.01.2018, Az. 31 C 212/17 entschied das Amtsgericht Brandenburg an der Havel, dass die Inhaberschaft einer Facebook-Seite grundsätzlich demjenigen zukommt, der den Account auf seinen Namen angemeldet hat und der für dessen Betrieb zuständig ist. Damit habe ein Arbeitgeber keinen Anspruch gegen seinen ehemaligen Mitarbeiter auf Übertragung eines Facebook-Accounts, auf welchem neben privaten Fotos des Arbeitnehmers auch Informationen zu den Produkten des Unternehmens des Arbeitgebers sowie ein Link zu dessen Website zu finden sind.
Streit um Facebook-Account
Der Entscheidung liegt ein Beschluss einer einstweiligen Verfügung zugrunde, welche von einem Unternehmen (Verfügungsklägerin) gegenüber seinem ehemaligen Mitarbeiter (Verfügungsbeklagter) beantragt und welcher vom Amtsgericht auch stattgegeben wurde. Die Parteien stritten um die Nutzung eines Facebook-Accounts und eine vorgenommene Änderung in dessen Impressum.
Der Verfügungsbeklagte war bei der Verfügungsklägerin fast acht Jahre lang als Arbeitnehmer beschäftigt. In diesem Zeitraum hat er die streitgegenständliche Facebook-Seite eingerichtet und auch bis zu seinem Ausscheiden aus dem klägerischen Unternehmen betreut. Er wurde im Urlaub nicht vertreten und es nahm auch ansonsten nie ein anderer Mitarbeiter der Verfügungsklägerin diese Aufgabe war. Die Facebook-Seite diente insgesamt nicht nur der Information von Sportbegeisterten über Wettkämpfe, sondern es waren auch Informationen über das klägerische Unternehmen, dessen Produkte und Tätigkeitsfelder darauf zu finden.
Verfügungsbeklagter gründete eigene Website und änderte Impressum
Nach dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages das Arbeitsverhältnis der Parteien betreffend, nutzte der Verfügungsbeklagte den in Rede stehenden Facebook-Auftritt. Er allein besaß die Zugangsdaten hierfür. Er ließ eine Domain/Website mit der Bezeichnung „www.i...com“ auf seinen Namen registrieren, welche sich von der betriebenen Domain der Verfügungsklägerin (www.i...-...com) lediglich durch einen Bindestrich unterschied. Außerdem änderte er den unter den Punkten „Info“ und „zusätzliche Kontaktinfo“ auf der Seite vorhandenen Link, wodurch man zuvor bei entsprechendem Klick auf die Website der Verfügungsklägerin weitergeleitet wurde. Nunmehr fand sich dort die Adresse seiner Website/Domain wieder und es öffnete sich durch einen Klick hierauf deren Browser.
Behauptung eines Eingriffs in § 823 Abs. 1 BGB
Mit dem beschriebenen Verhalten war die Verfügungsklägerin nicht einverstanden. Sie sah hierin einen vorsätzlichen betriebsbezogenen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und begehrte einen Unterlassungsanspruch bezüglich Änderungen an der Seite gegenüber ihrem Ex-Mitarbeiter. Dieser beabsichtige gezielt, Interessenten für ihre Dienstleistungen und Produkte mithilfe der Angabe eines falschen Links, zu seinen Angeboten umzuleiten, was sich zusätzlich als bewusste Irreführung ihrer Kunden darstelle. Der Eingriff erfolge rechtswidrig und könne zudem auch als wettbewerbsrechtlicher Verstoß nach §§ 3, 3a UWG qualifiziert werden.
Verfügungsklägerin behauptet Inhaberschaft der Seite für sich
Der Verfügungsbeklagte nahm die erlassene Verfügung nicht an und legte Widerspruch hiergegen ein, woraufhin es zu einer Verhandlung kam. Die Verfügungsklägerin beantragte hierbei, die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten und den Widerspruch zurückzuweisen. Sie sei Inhaberin der Facebook-Seite, weshalb ihr Ex-Mitarbeiter zu Änderungen dieser nicht berechtigt gewesen sei. Ihm sei lediglich im Rahmen seiner Tätigkeit aufgetragen worden, die Seite zu errichten und sie neben der Internetseite ihrer Firma zu betreuen. Es seien ursprünglich ihre Unternehmensdaten im Impressum eingetragen worden, was zeige, dass sie Eigentümerin sowie Besitzerin hiervon ist. Zudem beanspruche sie den Facebook-Auftritt für die Außendarstellung ihres Unternehmens.
Verfügungsbeklagter bestreitet Inhaberschaft der Verfügungsklägerin
Diesen Behauptungen trat der Verfügungsbeklagte entgegen. Es handele sich bei der streitigen Seite gerade nicht um deren Facebook-Auftritt. Vielmehr habe er diese einzig und allein für sich in seiner Freizeit und aus privaten Gründen eingerichtet. Eine Veranlassung seines ehemaligen Arbeitgebers hierzu fand nicht statt. Daneben führte er an, dass die Verfügungsklägerin die Seite zu keiner Zeit für die Außendarstellung ihres Unternehmens verwendet hat. Ferner heiße diese auch nur „I...“, wohingegen sich die Verfügungsklägerin „I... GmbH“ nenne. Ebenso sei zu erwähnen, dass er die Marke „I...“ bereits vor längerer Zeit als Unionsmarke angemeldet und auch bewilligt bekommen habe.
Gericht hob einstweilige Verfügung aus
Das Amtsgericht kam im Rahmen seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass der hiesige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unzulässig sei, da dieser die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen begründe. Im Übrigen sei das Begehren wohl aber auch nicht begründet. Der Verfügungsklägerin stehe weder ein Anspruch auf Untersagung von Änderungen auf der Facebook-Seite noch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Links zu ihrer Website zu.
Kann Verfügungsklägerin Account für sich einklagen?
Der Rechtsstreit der Parteien basiere grundsätzlich auf der Frage, ob das klägerische Unternehmen den „persönlichen“ Facebook-Account des Verfügungsbeklagten nunmehr für sich selbst einklagen kann, weil dieser auch oder sogar nur geschaffen wurde, um die Angelegenheiten der Firma der Verfügungsklägerin zu vertreten bzw. zu verwalten oder deren Kundschaft mitzuteilen. Es müsse also insgesamt geklärt werden, welcher Person der Account gehöre, wobei sich dies bei einem gemischt genutzten Account durchaus schwierig gestalten könne.
Nutzungsrecht an Domain ist rechtlich geschützter Vermögenswert
Zwar erwerbe der Inhaber einer Domain weder das Eigentum an der Internetadresse selbst noch ein sonstiges absolutes Recht hieran. Allerdings erweise sich das relativ wirkende, vertragliche Nutzungsrecht als rechtlich geschützter Vermögenswert, welcher dem Inhaber der Domain bzw. des Accounts wie Eigentum ausschließlich zugewiesen sei (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.11.2004, Az. 1 BvR 1306/02). Er könne somit anderen eine Nutzung absprechen.
Wer ist Inhaber des Facebook-Accounts?
Für die Inhaberschaft des Verfügungsbeklagten spreche, dass dieser den Account auf seiner privaten E-Mail Adresse angemeldet und auch betrieben hat. Zwischen den Parteien wurde gerade keine verbindliche und wirksame Regelung hinsichtlich der Facebook-Präsenz im Arbeitsvertrag oder in sonstigen Vereinbarungen getroffen, weshalb diesem Umstand noch mehr Bedeutung zukomme.
Indiz für die Inhaberschaft der Verfügungsklägerin könnte aber sein, dass der Account nicht bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses angelegt worden ist. Dessen Gründung im Verlauf der Beschäftigung könnte daraufhin hindeuten, dass seitens der Verfügungsklägerin eine Anweisung hierzu erfolgte. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass allein der Aufbau eines Benutzer-Kontos bei Facebook mit Wissen und Wollen der Verfügungsklägerin noch keine Herausgaberechte ihrerseits zur Folge habe. Die ursprünglich unstreitige Angabe des Links zu der Website der Verfügungsklägerin genüge entgegen deren Ansicht nicht schon für deren Inhaberschaft (vgl. Landgericht Aschaffenburg, Urteil vom 19.08.2011, Az. 2 HK O 54/11). Möglich sei zwar, dass der Name des Profils „I...“ auf den Firmennamen „I... GmbH“ zurückgeht und mithin die Inhaberstellung der Verfügungsklägerin signalisiert. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass auch die Firma des Verfügungsbeklagten mit dem Buchstaben „i“ beginne. Zudem habe dieser in der Vergangenheit die Marke „I...“ als eigene Unionsmarke angemeldet und bewilligt bekommen, weshalb der Accountname auch hierauf zurückgehen könne. Auf dem Profil seien zudem auch private Fotos von diesem eingestellt gewesen. Der Verfügungsbeklagte habe also inhaltlich weitestgehend über eine freie Hand verfügt, auch wenn gewisse Inhalte wohl dienstlich veranlasst worden seien. Ihm komme aber besonders zugute, dass er die Seite gänzlich alleine gepflegt hat.
Gericht war von Inhaberschaft des Verfügungsbeklagten überzeugt
Insgesamt kam das Gericht unter Würdigung aller Indizien zu der Überzeugung, dass der Verfügungsbeklagte der Inhaber des streitigen Accounts ist. Die Verfügungsklägerin habe diesen gerade nicht im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erlangt. Somit sei dieser zu einer alleinigen Nutzung und auch zu Änderungen berechtigt, ohne hierfür belangt werden zu können.
Amtsgericht Brandenburg an der Havel, Urteil vom 31.01.2018, Az. 31 C 212/17
von Sabrina Schmidbaur