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Irreführung durch Textfeld „von“ auf Amazon

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.11.2018, Az. 4 U 73/18


Irreführung durch Textfeld „von“ auf Amazon

Mit Urteil vom 22.11.2018, Az. 4 U 73/18 entschied das Oberlandesgericht Hamm, dass ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich eines „Anhängens“ an ein bereits bestehendes Händler-Angebot auf der Internetplattform Amazon nicht gerechtfertigt sei, wenn das in dem Angebot umfasste Textfeld „von“ eine bereits irreführende Angabe enthalte.

Ladegerät mit identischer Artikelbezeichnung
Sowohl der Kläger als auch der Beklagte vertreiben unter der Bezeichnung „X“ bzw. „Y“ auf der Handelsplattform Amazon Zubehör für Mobiltelefone, sodass sie wettbewerbsrechtlich als Mitbewerber anzusehen sind. Streitgegenstand des Verfahrens war das Angebot eines „no-name“ Ladegeräts eines chinesischen Herstellers, welches von einer polnischen Firma importiert wird. Dieses wurde zunächst vom Kläger auf einer von ihm erstellten Produktdetailseite mit der Artikelbezeichnung „Netzladegerät, Reiseladegerät, Ladegerät für T“ zum Kauf angeboten. Dabei trug dieser als Erstersteller der ASIN (Amazon-Standard-Identifikationsnummer) in dem für den Markennamen vorgesehenen Textfeld „von X“ ein. Im Folgenden kritisierte der Kläger, dass sich der Beklagte an dieses Angebot „angehängt hat“, indem er das von ihm unter Y angebotene Ladegerät mit derselben Produktbezeichnung versah und auch die Angabe „von X“ übernahm.

Täuschte der Beklagte über die Herkunft des Ladegeräts?
Nach einer diesbezüglich erfolglosen Abmahnung des Beklagten leitete der Kläger ein gerichtliches Verfahren ein. Hierbei behauptete er einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG für sich. Da das Angebot seines Mitbewerbers über die Herkunft der Ware hinwegtäusche, sei dieses irreführend. Nach Ansicht des Klägers errege der Beklagte mit dem Anhängen an die Produktdetailseite für den Verkehrskreis den Eindruck, dass er Ladegeräte, die entweder von der Person des Klägers, also X, hergestellt werden oder unmittelbar oder mittelbar aus dessen Bestand stammen, zum Kauf anbiete, obwohl dies nicht der Wahrheit entspreche. Es war somit in seinem Interesse, es dem Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Elektronikartikel aus dem Bereich Mobiltelefone im Internet zum Verkauf anzubieten oder anbieten zu lassen und dabei unzutreffend zu behaupten, dass die Produkte vom Kläger stammen.

Landgericht Bochum entschied zugunsten des Klägers
Der Beklagte bestritt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit der Behauptung, dass dem Zusatz „von X“ allenfalls entnommen werden könne, dass der Kläger das gegenständliche Produkt als Erster auf Amazon angeboten habe. Es könne ihm aber nicht verboten werden, das bereits eingestellte und von ihm ebenso bezogene Produkt gleichfalls zu verkaufen. Hiermit hatte er vor dem Landgericht Bochum allerdings keinen Erfolg. Mit Urteil vom 20.02.2018, Az. 12 O 199/17 gab dieses der Klage nämlich vollumfänglich statt.

Beklagter legte Berufung ein
Diese Entscheidung wollte der Beklagte jedoch nicht hinnehmen, weshalb er Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einlegte. Er begründete diese Maßnahme damit, dass der Kläger weder Hersteller noch Namensgeber des Artikels sei, sondern lediglich dessen Erstverkäufer. Der Verkehr nehme die betriebliche Herkunft des Ladegeräts entgegen der Behauptung des Klägers nicht durch den Zusatz „von X“ wahr, vielmehr erfolge dies auf unkomplizierte Weise durch die Produktbeschreibung seines Angebots, so der Beklagte. Letztendlich führe der Kläger den Verkehrskreis selbst irre, indem er die Phrase „von X“ in dem für den Markennamen vorgesehenen Textfeld eingetragen habe. Er missbrauche mit der Klage gerade das Lauterkeitsrecht, um sein eigenes Fehlverhalten zu verteidigen. Dieser Umstand erweise sich nach der Auffassung des Beklagten als rechtsmissbräuchlich.

Oberlandesgericht hielt Berufung für begründet
Das Oberlandesgericht Hamm als Berufungsinstanz war derselben Meinung. Es hielt die eingelegte Berufung für begründet, weshalb es die Klage abwies. Zwar handele es sich bei der Angabe „von X“ um eine Täuschung über die betriebliche Herkunft der Ware im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG. Allerdings sei es dem Kläger aufgrund § 242 BGB verwehrt, den Unterlassungsanspruch auf ein irreführendes Verhalten des Beklagten zu stützen.

Irreführung durch den Beklagten lag vor
Zunächst lasse sich die Irreführung durch den Beklagten daran festmachen, dass der angesprochene Verkehr die gegenständliche Angabe „von X“ regelmäßig als ein auf den Hersteller des Produkts hinweisendes Kennzeichen, also eine Marke oder ein sonstiges unternehmensbezogenes Zeichen, auffasse. Der Kläger, also X, sei aber weder Hersteller noch Importeur des Geräts, sodass der durch die Phrase hervorgerufene Eindruck bei einem potentiellen Käufer falsch sei. Die Behauptung des Beklagten, dass sich der Zusatz lediglich als Hinweis auf den Verkäufer der Ware beziehe, konnte das Gericht nicht überzeugen. Schließlich erfolge dessen Nennung bereits ausdrücklich an einer anderen Stelle des Angebots, sodass sich ein solcher Hinweis in dem strittigen Textfeld erübrige. Auch begreife der Verkehr die Angabe nicht etwa als bloßen Hinweis darauf, dass die Ware unmittelbar oder auch nur mittelbar aus den Beständen des Klägers stamme, so das Berufungsgericht. 

Kein schutzwürdiges Interesse des Klägers
Nichtsdestotrotz kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vorliegende wettbewerbswidrige Verhalten des Beklagten keinen Unterlassungsanspruch zugunsten des Klägers rechtfertige.
Grund hierfür sei ein vorangegangenes gleichermaßen irreführendes Handeln des Klägers. Dieser sei nach den Ausführungen des Gerichts schließlich selbst ebenso wenig Hersteller oder Importeur, trotzdem nenne er sich in dem entsprechenden Textfeld, wodurch er vom Verkehr als ein solcher wahrgenommen werde. Die seinerseits getätigte Eingabe „von X“ sei mithin bereits unzulässig.
Da die Amazon-Richtlinien es verbieten, dass für eine bereits im Katalog vorhandene ASIN, welche grundsätzlich auf den Erstersteller eines Angebots, hier also X, zurückgeht, eine weitere ASIN angelegt wird, bezwecke der Kläger durch den besagten Zusatz die Unmöglichkeit von Angeboten gleicher Artikel durch andere Händler. Damit behindere er mit Blick auf das jeweilige Produkt gezielt den Wettbewerb auf der Internetplattform. Ein anderer Händler könne sodann kein gleichartiges Angebot vornehmen, ohne dem Vorwurf einer irreführenden „Dublette“ ausgesetzt zu sein.
Unter diesen Umständen sei der von der Klägerseite geltend gemachte Unterlassungsanspruch daher insgesamt nicht legitim.
Die Revision wurde vom Gericht nicht zugelassen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.11.2018, Az. 4 U 73/18

von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.


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