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Irreführende Werbung für Medizinprodukte ohne Wirksamkeitsnachweis

LG München I, Urteil vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 11063/13


Irreführende Werbung für Medizinprodukte ohne Wirksamkeitsnachweis

Das LG München untersagte einem Werbetreibenden die Werbung mit Wirksamkeitsbehauptungen zu einem Bioresonanzgerät. Von einem Medizinprodukt, dessen Wirkung nur nach subjektivem Empfinden beurteilt werden kann, gehe durch einen möglichen Placeboeffekt eine mittelbare Gesundheitsgefährdung aus. Mit Aussagen zur Wirkung des Produkts könne daher nur geworben werden, wenn diese Gefahr zuvor durch eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie ausgeschlossen werde. 

Fragliche Werbung mit Aussagen zur Wirksamkeit eines Bioresonanzgeräts
Ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verklagte einen Werbetreibenden, der auf in einer Physiotherapie-Praxis am schwarzen Brett ausgehängten Flyern mit verschiedenen Aussagen für ein Bioresonanzgerät warb. Da eine vorangegangene Abmahnung erfolglos blieb, erwirkte der Kläger eine einstweilige Verfügung gegen den Beklagten und erhob sodann Klage. Er trug insbesondere vor, dass es sich bei der Bioresonanztherapie um kein wissenschaftlich belegtes Verfahren handle. Die Aussagen auf dem Werbeflyer des Beklagten stellen lediglich Behauptungen dar, denen für einen Wirksamkeitsnachweis die notwendige Tatsachengrundlage fehle. Dadurch sei die Werbung geeignet, den angesprochenen Verkehrskreis zu täuschen und daher gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 Medizinproduktegesetz (MPG) zu unterlassen.

Irreführung durch Erwecken eines falschen Eindrucks
Das LG München verurteilte den Beklagten gemäß den Anträgen des Klägers zur Unterlassung der Werbung mit den streitgegenständlichen Behauptungen sowie zur Zahlung der Abmahnkosten des Klägers. Gemäß § 4 Abs.2 MPG sei es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angaben oder Aufmachung versehen seien. Eine Irreführung liege insbesondere dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt werde, die sie nicht haben oder fälschlicherweise der Eindruck erweckt werde, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden könne. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH habe derjenige, der im geschäftlichen Verkehr im Medizinbereich mit Aussagen zur Wirkung eines Produkts Werbung treibe, darzulegen und zu beweisen, dass die Angaben zutreffend seien, sofern sie wissenschaftlich nicht gesichert sind.

Placebokontrollierte Doppelblindstudie bei subjektivem Wirksamkeitsempfinden
Wenn der Nachweis der Wirksamkeit, wie vorliegend, allein von der Beurteilung des subjektiven Empfindens des Betroffenen abhänge und keine objektiv messbaren organischen Befundmöglichkeiten gegeben seien, so müsse zum Wirksamkeitsnachweis eine placebokontrollierte Doppelblindstudie durchgeführt werden. Denn in derartigen Fällen sei eine mittelbare Gesundheitsgefährdung gegeben, da eine Placebowirkung des Produkts dem Betroffenen den Eindruck vermitteln könne, sein Grundleiden verbessere sich. Dies könne ihn davon abhalten, sich rechtzeitig in ärztliche Behandlung zu geben. Eine derartige Gefahr könne der Natur der Sache nach allein durch eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie ausgeschlossen werden.

Allgemeine Wirksamkeitsaussagen im Zusammenhang mit konkreten Therapieerfolgen
Bei dem Bioresonanzgerät sei ein derartiger Fall gegeben, da es auf das subjektive Empfinden des Behandelten ankomme und keine messbaren organischen Befundmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Etwa werde u. a. damit geworben, dass eine Patientin mit Eppstein-Barr-Virus bereits während der Behandlung „viel besser aussah und mehr Energie hatte und stabiler geworden war“. Bei den von dem Beklagten vorgelegten Gutachten und Befundberichten handele es sich jedoch nicht um randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudien, die eine mittelbare Gesundheitsgefährdung ausschließen könnten. Zwar beträfen einige der streitgegenständlichen Werbeaussagen keine speziellen Krankheiten oder Wirksamkeit, sondern seien lediglich von allgemeiner Bedeutung, wie etwa die Aussage „…ich beobachte größere Therapierfolge in kürzerer Zeit“. Sie stünden aber im unmittelbaren Zusammenhang mit den übrigen Wirksamkeitsversprechen. Daher verstoßen sie ebenso wie die konkreten Wirksamkeitsbehauptungen gegen § 4 Abs. 2 MPG und seien unzulässig.
 
LG München I, Urteil vom 11.04.2016, Az. 4 HK O 11063/13


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