• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Irreführende Werbung einer Apotheke, die sich nur auf Online-Käufe bezieht


Irreführende Werbung einer Apotheke, die sich nur auf Online-Käufe bezieht

Wirbt eine stationäre Apotheke damit, rund um die Uhr geöffnet zu haben sowie mit einer Lieferung innerhalb von zwei Stunden, so ist dies irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn sich die Angaben nur auf Online-Käufe beziehen und dies nicht kenntlich gemacht wurde. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 02.12.2021 klargestellt, dass in diesem Fall ein Durchschnittsverbraucher aus der Werbung schließe, in der Apotheke könne „rund um die Uhr“, somit jederzeit eine Bestellung getätigt werden, die „rund um die Uhr“, innerhalb von zwei Stunden geliefert werde.

Hintergrund
Die Beklagte betreibt mehrere stationäre Apotheken sowie einen Online-Shop, durch den der Kunde jeder Zeit ortsunabhängig bestellen kann. An der Eingangstür eines Ladens hat sie ein Plakat angebracht, auf dem in großer Schrift blickfangmäßig stand: „Öffnungszeiten: rund um die Uhr“ und „Lieferzeit: 2 Stunden“. Am Ende des Plakats hieß es noch „Für alle vorrätigen Artikel innerhalb der Öffnungszeiten in einem Radius von 10 km“ und „Einfach im Online-Shop auf (...) oder per App“. Der Kläger beanstandet die ersten beiden Aussagen als wettbewerbswidrig. Er mahnte den Beklagten zunächst ohne Erfolg ab, sodass er ihn mit seiner Klage auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen hat. Hierbei hatte er vor dem OLG Düsseldorf Erfolg, das die Aussagen als irreführend eingestuft hat.

Objektiv unrichtige Blickfangwerbung ist per se unzulässig
Das Gericht hat ausgeführt, dass zwar mit gewissen Werbeaussagen im Rahmen des Blickfangs geworben werden dürfe. Dies gelte jedoch nur dann, wenn es sich um keine unwahren Aussagen handle, die durch die Angaben in den Hinweisen komplett korrigiert würden. Werbung sei daher per se unzulässig, wenn sie für sich genommen schlichtweg falsch bzw. objektiv unrichtig ist. Eine Ausnahme bestehe lediglich dann, wenn der Blickfang nicht grob falsch sei, sondern nur nicht alle Angaben enthalte, die für eine irrtumsfreie Erfassung durch den angesprochenen Verkehr erforderlich seien. In diesem Fall könne der durch den Blickfang veranlasste Irrtum regelmäßig durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teil habe.

Irreführung, weil Plakatwerbung falschen Eindruck erweckt hat
Nach § 5 Abs. 1 UWG, dem allgemeinem Irreführungsverbot, handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Unabhängig davon, ob die Werbung einen richtigen Tatsachenkern hatte, nämlich das rund um die Uhr mögliche Bestellen von Medikamenten im Online-Shop, war die angegriffene Werbung in jedem Fall irreführend. Dies stellten die Richter fest, weil sie zumindest bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher den unzutreffenden Eindruck hervorrufe, dass in der Apotheke des Beklagten „rund um die Uhr“ und damit zu jeder Tages- und Nachtzeit Bestellungen getätigt werden könnten. Aus dem Kontext der Lieferung „rund um die Uhr“ und „innerhalb von zwei Stunden“ schließe der Verbraucher, auch in der stationären Apotheke erfolgte Bestellungen würden grundsätzlich jeder Zeit innerhalb von 2 Stunden geliefert werden. Damit liege mit der Plakatwerbung eine Irreführung in mehrfacher Hinsicht vor.

Bloße Vermittlung eines falschen Eindrucks ist für Irreführung ausreichend
Für die Richter war unerheblich, dass der Durchschnittsverbraucher die Aussage „geöffnet, rund um die Uhr“ nicht für bare Münze nehme und auch nicht dahin verstehen sollte, dass die stationäre Apotheke des Beklagten rund um die Uhr geöffnet sei. Auch wenn für diesen klar wäre, dass die Apotheke nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Kauf von Medikamenten aufgesucht werden könne, vermittele diese Werbeaussage dem Durchschnittsverbraucher doch zumindest den Eindruck, die Apotheke des Beklagten sei für Bestellungen rund um die Uhr erreichbar, sodass bei ihr zu jeder Tages- und Nachtzeit Medikamente bestellt werden können. Zusätzlich entnehme der Verbraucher der im Kontext stehenden Aussage der zweistündigen Lieferzeit, dass die bei der Apotheke bestellten Artikel nach der Bestellung und damit ebenfalls zu jeder Tages- und Nachtzeit nach spätestens zwei Stunden geliefert werden.

Unrichtige Blickfangwerbung nicht durch Fußnote korrigierbar
Bei genauerer Betrachtung des Plakates hat sich aus dem im unteren Bereich des Werbeplakats aufgelösten Sternchenhinweis ergeben, dass die Aussagen der Blickfangwerbung lediglich für vorrätige Artikel und in einem Umkreis von 10 km gelten. Da nach der richterlichen Auffassung unwahre Angaben allerdings nicht durch Fußnoten korrigiert werden können, hat das OLG Düsseldorf offen gelassen, ob diese Aussage ausreichend wahrnehmbar gewesen ist. Es geht davon aus, dass sich aus der Fußnote lediglich eine Einschränkung auf vorrätige Artikel und einen Umkreis von 10 km ergibt und keine Einschränkung der Lieferung auf Öffnungszeiten.

Vorsicht bei plakativen Aussagen
Vorliegend hat sich das OLG Düsseldorf zwar damit auseinandergesetzt, dass ein Verbraucher das Werbeplakat auch so verstehen kann, dass die Werbeaussagen lediglich für den Online-Shop gelten. Dennoch hat es sich bei seiner rechtlichen Würdigung im Wesentlichen auf die plakativen Aussagen beschränkt und einen auf dem Plakat enthaltenen QR-Code nicht miteinbezogen, der möglicherweise dem Verbraucher Sicherheit über den Hintergrund der Aussagen gegeben hätte. Dies erscheint auch nicht ungerecht, da sich vor allem der Durchgangsverkehr, der die Apotheke betritt, wohl mehr mit den direkt erkennbaren Aussagen befassen wird als mit weiterführenden QR-Codes oder Kleingedrucktem. Unternehmern ist deshalb anzuraten, vor allem plakative Aussagen stets daraufhin zu überprüfen, wie diese vom Durchschnittsverbraucher wohl verstanden werden, um Wettbewerbsverstöße zu vermeiden.


Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 02.12.2021, Az. 15 U 29/21


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland