Irreführende Nährwertangabe auf Müsliverpackung
Das Landgericht Bielefeld entschied am 08.08.2018, dass auf der Vorderseite einer Müsli-Verpackung nicht ausschließlich der Energiewert pro Portion angegeben werden dürfe. Zusätzlich müsse in unmittelbarer Nähe auch die Brennwertangabe für 100 g des Produkts aufgedruckt werden. Werde der Energiewert für 100 g lediglich auf der Rückseite oder an der Seite der Verpackung erwähnt, liege ein Wettbewerbsverstoß vor. Denn die Angaben ließen sich nicht auf den ersten Blick vergleichen.
Müssen Nährwertangaben pro 100 g und pro Portion nebeneinander stehen?
Kläger war der Dachverband der Verbraucherzentralen; Beklagte ein Unternehmen, welches insbesondere Back- und auch Müsliprodukte vertreibt. Auf der rechte Seite der in Rede stehenden Müsliverpackung war eine Nährwertinformation abgedruckt, in der Angaben zu Energie, Fett, Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Eiweiß und Salz angegeben waren. Dabei wurde zwischen 100 g des Müslis und einer Portion bestehend aus 40 g und 60 ml fettreduzierter Milch unterschieden. Der Energiewert für 100 g des Produkts war mit 448 kcal angegeben, der Energiewert für eine Portion mit 208 kcal. Auf der Vorderseite der Verpackung wurde u.a. der Energiewert pro Portion angegeben. Eine entsprechende Angabe für 100 g fehlte dort jedoch. Der Kläger mahnte die Beklagte deswegen ab. Sie war der Meinung, dadurch werde gegen die europäische Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) verstoßen. Die Beklagte weigerte sich jedoch, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben.
Auch eine europäische Verordnung ist ein Verbraucherschutzgesetz
Das Landgericht Bielefeld erachtete die Klage als zulässig. Denn der Kläger sei eine qualifizierte Einrichtung für die Erhebung einer Unterlassungsklage. Er mache einen Anspruch aus einem Verbraucherschutzgesetz geltend, nämlich dem LMIV. Das Gesetz diene der Information von Verbrauchern über Lebensmittel. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es sich dabei um eine europäische Verordnung handele. Denn auch solche seien als Verbraucherschutzgesetze anzusehen.
Keine Wiederholung der Nährwertangabe auf der der Verpackungsvorderseite
Bei dem Müsli handelte es sich nach Ansicht des Gerichts um ein vorverpacktes Lebensmittel. Auch sei am Rand der Verpackung unstreitig die verpflichtende Nährwertangabe angegeben. Eine Wiederholung der Energiewertangabe auf der Vorderseite müsse dann vollständig einschließlich der Angabe zu 100 g des Produktes erfolgen. An dieser Wiederholung fehle es jedoch vorliegend.
Nährwertangabe zu 100 g muss auf Vorderseite angegeben werden
In der fehlenden 100g-Energiewertangabe auf der Vorderseite sah das Gericht einen Verstoß gegen die Lebensmittelverordnung. Bereits aus dem Zweck solcher Angaben ergebe sich, dass der Verbraucher Brennwerte verschiedener Produkte leicht miteinander vergleichen können soll. Es gebe zwar keine gesetzlichen Vorgaben zu Portionsgrößen. Auch würden Wettbewerber Portionsgrößen unterschiedlich berechnen. Da allerdings die Beklagte Angaben pro Portion und pro 100 g auf der Verpackungsseite vornehme, müsse dies auch auf der Vorderseite geschehen. Denn nach dem LMIV seien die wichtigsten Bestandteile der Nährwertangaben freiwillig ein weiteres Mal im Hauptsichtfeld anzugeben. Bei der Brennwertangabe zu 100 g des Produkts handele es sich um einen solchen wichtigen Bestandteil.
Bei einem Müsli muss der Nährwert zum Zeitpunkt des Kaufes angegeben werden
Es spiele auch keine Rolle, dass sich die Nährwertangaben ausnahmsweise auch auf ein gekochtes oder erhitztes Lebensmittel beziehen könne. Zwar habe die Zubereitung auch Einwirkung auf die Nährwertmenge und könne diese ändern. Daher sei es grundsätzlich interessengerecht, in diesem Fall auf die Nährstoffmengen im Zeitpunkt der Zubereitung abzustellen. Grundsätzlich aber beziehe sich die Nährwertangabe immer auf das Lebensmittel im Zeitpunkt des Verkaufs. Zudem stelle ein Müsli gerade kein „zubereitetes Lebensmittel“ dar, denn ihm müsse nur noch Milch hinzugefügt werden.
Nährwertangabe ist Marktverhaltensregel
Die Nähwertangabe stelle auch keine freiwillige Angabe dar, sondern eine Marktverhaltensregel. Denn aus den gesetzlichen Vorschriften zur freiwilligen Wiederholungen von verpflichtenden Angaben ergebe sich gerade, dass auch diese einen Marktbezug hätten und gewissen Vorgaben unterlägen. Zwar sei eine derartige Angabe freiwillig. Werde sie aber gemacht, müsse sie auch normenkonform erfolgen.
Landesgericht Bielefeld, Urteil vom 08.08.2018, Az. 3 O 80/18
von Jana Krzewsky