Hervorgehobene Sollzinssätze bei Überziehungskrediten
Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main entschied am 21.11.2019, dass Sollzinsen für Überziehungskredite deutlich hervorgehoben dargestellt werden müssen. Dies ergebe sich aus der wörtlichen, historischen und systematischen Auslegung der einschlägigen Rechtsnorm des Art. 247 a § 2 II EGBGB.
Einfache Darstellung vs besonderer Hervorhebung?
Die Parteien stritten über die Angabe eines Sollzinssatzes für Überziehungskredite. Kläger war ein bundesweit tätiger Dachverband der Verbrauchzentralen, Beklagte eine Bank. Die Bank bewarb auf ihrer Internetseite ihre Leistungen mit einem Preisverzeichnis und einem Preisaushang. Darin waren die Sollzinsen für Überziehungskredite in einer Tabelle mit anderen Gebührentatbeständen aufgeführt, allerdings nicht gesondert hervorgehoben. Der Kläger sah darin einen Verstoß gegen Art. 247a § 2 II EGBGB. Die Vorinstanz wies die Klage ab. Als Begründung führte sie an, dass es ausreiche, die Informationen im Rahmen einer übersichtlichen Gesamtdarstellung auffindbar zu machen. Eine Hervorhebung sei nicht erforderlich. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.
Wörtliche Auslegung spricht für Hervorhebung
Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass die Beklagte aufgrund der nicht hervorgehobenen Angabe des Sollzinssatzes gegen Art. 247a § 2 II EGBG verstoße. Denn die Auslegung der Norm ergebe, dass die Sollzinsen nicht nur nicht in der Gesamtdarstellung „versteckt“ sein dürften, sondern ein deutliches Hervorheben gefordert werde. Dafür spreche bereits der Wortlaut der Vorschrift, die den Begriff „auffallen“ verwende. Im Duden werde der Begriff als „Aufsehen erregen, die Aufmerksamkeit auf sich lenken, stark in Erscheinung treten“, und „ins Auge fallen, von jemandem bemerkt werden“ definiert. Gemeinsam sei beiden Bedeutungen, dass ein Hervortreten gegenüber der Umgebung gefordert werde. Bereits dies sei mit einer Auslegung schwer vereinbar, die eine gleiche Darstellung mit anderen Preisangaben ausreichen lasse.
Auch historische Auslegung spricht für Hervorhebung
Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich nur, dass die Angabe „nicht lediglich im Kleingedruckten oder einer Fußnote enthalten sein“ dürfe, so das Gericht. Ob dies im Sinne einer Mindestauffälligkeit zu verstehen sei oder ob der Gesetzgeber damit nur ein Beispiel von unzulässiger Gestaltungen benennen wollte, sei unklar. Allerdings sei Hintergrund der Gesetzesänderung im Jahr 2016 auch die wiederholte Kritik an der fehlenden Transparenz von Überziehungszinsen gewesen.
Systematische Auslegung spricht auch für Hervorhebung
Das OLG war der Meinung, die Darstellung im Preisverzeichnung müsse unter Hervorhebung erfolgen. Denn in einer sachlich verwandten Rechtsmaterie (PangV) sei die identische Formulierung „klar, eindeutig und in auffallender Weise“ zum Zeitpunkt der Gesetzesentstehung bereits vorhanden gewesen. Diese hätte bereits zu Verbraucherdarlehen die Verpflichtung enthalten, bestimmte Angaben „in klarer, eindeutiger und auffallender Art und Weise“ zu machen. Aufgrund des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang sowie der Übernahme nicht nur eines Begriffs, sondern eines Begriffs-Trios sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber sich hieran bewusst angelehnt habe. Daher sei es naheliegend, auch die Gesetzesbegründung zum PangV für die Auslegung hinzuzuziehen. Danach sei eine Information auffallend, wenn sie in besonderer Weise gegenüber anderen Informationen optisch, akustisch oder sonst wahrnehmbar hervorgehoben werde.
Heranziehung vergleichbarer Tatbestandsmerkmale
Das OLG Frankfurt befand, dass auch Auslegungsergebnisse zu vergleichbaren Tatbestandsmerkmal wie in § 312 j Abs. 2 BGB oder § 12 VermAnlG für die Entscheidung herangezogen werden könnten. Denn auch dort habe der Gesetzgeber den Angaben, die „in hervorgehobener Art und Weise“ dargestellt werden sollten, eine besondere Bedeutung verleihen wollen. Hierzu habe der Gesetzgeber ausgeführt, dass eine Angabe dann hervorgehoben sei, wenn sie sich in unübersehbarer Weise vom übrigen Text und den sonstigen Gestaltungselementen abhebe und nicht im Gesamtlayout eines Internetauftritts oder dem sonstigen Online-Angebot untergehe. Dies sei bei Sollzinssätzen regelmäßig der Fall, wenn sie durch Fettdruck, Rahmung, besondere Farbe oder Schattierung drucktechnisch hervorgehoben werden.
Teleologische Auslegung führt zu selben Ergebnis
Auch die teleologische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis, so das Gericht weiter. Art. 247a § 2 EGBGB beinhalte eine verbraucherschützende Informationspflicht. Sie sei eingeführt worden, um die fehlende Transparenz bei sog. Überziehungskrediten zu erhöhen. Ihr Anwendungsbereich sei unabhängig von einer konkreten Vertragsanbahnungssituation eröffnet. Die Vorschrift greife auch bei vorvertraglichen Informationspflichten. Denn der Gesetzgeber habe die Informations- und Beratungspflichten für die Inanspruchnahme von Überziehungskrediten eingeführt. So solle die Transparenz des Kreditproduktes noch vor einer konkreten Vertragsanbahnung erhöht werden. Erfasst werde der potentiellen Kunden, der sich einen Überblick über die Dienstleistungsangebote und deren Preise verschaffen wolle.
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 21.11.2019, Az. 6 U 146/18