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Haftung bei wettbewerbswidriger Werbung durch Affiliates

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.05.2020, Az. 6 U 127/19


Haftung bei wettbewerbswidriger Werbung durch Affiliates

Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied durch Urteil am 13.05.2020, dass Amazon nicht für wettbewerbswidrige Werbung seiner Affiliates zu haften habe. Das gelte zumindest dann, wenn Amazon sich keinerlei bestimmenden Einfluss auf die Affiliates vorbehalte.

Wer zeichnet für rechtswidrige Affilates-Links verantwortlich?
Geklagt hatte ein Matratzenhersteller, Beklagte war Amazon. Die Klägerin verkaufte sog. AB-Matratzen sowie weitere Produkte über ihre Webseite. Amazon betrieb auch das Amazon.de-Partnerprogramm. Dafür stellte es die Verbindung zwischen Webseitenbetreibern (Affiliates) und Händlern her und vermittelte den Drittanbietern den rechtlichen Zugang zur technischen Infrastruktur. Mittels derer konnten die Drittanbieter ihre Angebote im „Amazon.de Marketplace" einstellen. Die Händler, die auf der Webseite amazon.de Waren vertrieben, nutzten zugleich das dazugehörige Amazon.de-Partnerprogramm. Darüber konnten Links auf Unterseiten von amazon.de gesetzt werden. Wurden Kunden über den Affiliate-Link auf amazon.de geführt und kauften etwas, erhielt der Affiliate von der Beklagten eine Provision. Entsprechend der Vereinbarung mit den Affiliates mussten diese darauf hinweisen, dass sie als Amazon-Partner an diesen Verkäufen verdienen. Einer der Affiliate-Partner von Amazon verdiente sein Geld insbesondere mit der Werbung für Matratzen, die unter www.amazon.de angeboten wurden. Internetnutzer konnten in Deutschland seine Webseite, die wie ein redaktionelles Online-Magazin aufgebaut war, aufrufen. Auf einer Webunterseite fanden sich Informationen zum Thema „Matratzen". Unter der Überschrift „Matratze 2019: Die besten Matratzen im Vergleich", fand sich ein Ranking der drei (vermeintlich) besten Matratzen des Jahres 2019. Bei der unter Platz 1 aufgelistete Matratze wurde in der Überschrift ein Produkt der Klägerin benannt. Unterhalb der Überschrift fanden sich jedoch Abbildungen und ein Text zur Matratze eines anderen Anbieters. Wollte ein Kunde die vermeintliche Platz 1-Matratze kaufen, landete er direkt beim Amazon-Angebot der falschen Matratze. Auch bei den unter Platz 2 und 3 aufgelisteten Matratzen landeten die Kunden jeweils bei anderen Angeboten. Im Impressum des Affilliate-Partners fand sich folgender Text: „Die Redaktion arbeitet unabhängig von Herstellern. Dabei verlinken wir auf ausgewählte Online-Shops und Partner, von denen wir ggf. eine Vergütung erhalten". Die Klägerin mahnte die Beklagten wegen des Inhaltes der Affiliate-Webseite ab. Die Beklagte bat daraufhin den Affiliate, mögliche rechtswidrige Inhalte und Links zu entfernen. Weitere Maßnahmen erfolgten nicht. Die Klägerin begehrte den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen die Beklagte. Dies lehnte die Vorinstanz ab.

Internationale Zuständigkeit
Das Oberlandesgericht Karlsruhe befand, dass es international zuständig sei. Nach EuGVVO könne eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats habe, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn es um eine unerlaubte Handlung gehe. Zu den unerlaubten Handlungen seien auch Wettbewerbsverstöße zu zählen. Voraussetzung sei, dass die in einem anderen Mitgliedstaat begangene Handlung einen Schaden im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts verursacht habe. Zwar knüpfe der Klägerantrag nicht an eine Handlung der Beklagten oder an einem an deren Geschäftssitz eingetretenen Erfolg an. Vielmehr wolle die Klägerin es der Beklagten untersagen, mit Testergebnissen oder Produktempfehlungen zu werben, wenn dies irreführend sei wie beim Affiliate. Die Webseite richte sich nach der Sprache und der Domainadresse (.de) jedoch an das deutschsprachige Publikum. Die Internetseite sei auch nicht ohne jeden Bezug zu der Beklagten. Denn als Bezugsquelle werde jeweils ein Link „bei Amazon kaufen“ angegeben. Damit seien Handlung als auch der Erfolg auf Deutschland ausgerichtet.

Zurechnung nur bei Eingliederung in Organisation
Das Gericht entschied, es komme maßgeblich darauf an, ob der Affiliate so in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert sei, dass sein Erfolg auch ihr zugute kommt. Zusätzlich müsse die Beklagte einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf die beanstandete Tätigkeit des Affiliates haben. Denn nur dann komme der Beklagten die Geschäftstätigkeit des Werbenden zugute und könne ihr zugerechnet werden.

Affilate-Link stellt Verbindung her
Zwar könne die bloße Angabe einer Bezugsquelle oder das einseitige Setzen eines Links durch den Affiliate nicht zur Annahme eines Auftragsverhältnisses führen, so das Gericht. Allerdings habe der Werbende nicht nur einen schriftlichen Hinweis auf die Bezugsquelle der Matratzen angegeben. Vielmehr habe er durch den bereitgestellten Link ermöglicht, dass die Interessenten unmittelbar auf das Angebot der Beklagten bzw. der auf ihrem Marketplace tätigen Händler zugreifen können. Der Link sei Folge eines von der Beklagten betriebenen Partnerprogrammes, welches eine Verbindung zwischen den Affiliate als Werbepartner und den die Waren anbietenden Händlern herstellt.

Erfolg der Affiliate-Werbung kommt auch Amazon zugute
Das Gericht war der Ansicht, es spiele auch eine Rolle, in wieweit die Beklagte sich einen für ein Auftragsverhältnis ausreichenden Einfluss auf den Affiliate sichere. Dies ergebe sich aus dem Amazon-Partnerprogramm. Grundsätzlich sei es für die im Programm registrierten Affiliates möglich, Links auf Unterseiten von Amazon.de zu setzen. Wenn ein Kunde über den Affiliate-Link auf Amazon.de geführt werde und einen Kauf tätigt, erhalte der Affiliate eine Provision. Die Beklagte vermittele den Drittanbietern somit den Zugang zur technischen Infrastruktur des Amazon Marketplace. Somit seien nach Ausgestaltung des Partnerprogrammes die Werbepartner zumindest insoweit in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert, als der Erfolg der Werbung der Beklagten finanziell zugute komme.

Kein bestimmender Einfluss durch Amazon
Der Einfluss müsse aber über das finanzielle Profitieren hinaus auch bestimmend und durchsetzbar sein, so das OLG weiter. Einen solchen Einfluss auf ihre Werbepartner sichere sich die Beklagte jedoch gerade nicht. Dies ergebe sich bereits aus den Regelungen im Partnerprogramm. Zwar habe sich die Beklagte vorbehalten, die Webseite des Werbepartners zu prüfen, zu überwachen und anderweitig zu untersuchen. Dies sei aber auf die Einhaltung der Vereinbarung beschränkt. Diese beziehe sich erkennbar nur auf die Überwachung der Webseite, die Gestaltung des Links usw. Nicht jedoch beziehe sich die Regelung auf irgendwelche Möglichkeiten der Einflussnahme. Es sei nicht vorgesehen, dass die Website des Affiliate „abgenommen“ werden oder aber an der Werbedarstellung des Produktes selbst durch die Beklagten mitgewirkt werden könne.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.05.2020, Az. 6 U 127/19


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