GWE-Abzocke: GWE-"Verträge" sind anfechtbar!
Jedem, der sich selbstständig macht oder der ein Unternehmen gründet, flattert früher oder später ein Schreiben der Gewerbeauskunft-Zentrale ins Haus (wir berichteten). Diese will sich einen Eintrag in ihr Internet-Gewerbeverzeichnis teuer bezahlen lassen - was auf dem stets zur Unterschrift und Rücksendung beigefügten Formular aber geschickt verschleiert wird. Dieser Praxis schob jetzt das Amtsgericht Düsseldorf einen Riegel vor (Urteil vom 20.02.2014, Az. 32 C 15079/13). Das Formular erfüllt demnach den Tatbestand der arglistigen Täuschung.
Es war die typische Vorgehensweise: Im März 2013 erhielt ein Geschäftsmann ein Vertragsformular der Gewerbeauskunfts-Zentrale. In dem Formular waren seine Kontaktdaten bereits eingetragen, er sollte fehlende Daten ergänzen oder fehlerhafte Daten korrigieren und das Formular bis zum 2. April unterschrieben zurücksenden. Um die vermeintliche Dringlichkeit zu unterstreichen, wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass ihm das Schreiben im Februar schon einmal zugestellt worden sei. Im Fließtext versteckt war die Information, dass mit der Unterschrift ein Eintrag in das Internet-Gewerbeverzeichnis des Absenders verbunden war. Kosten für zwei Jahre: 569,06 Euro.
Der Mann schickte das Formular zurück, zahlte aber nicht. Nachdem ihm die Gewerbeauskunfts-Zentrale diverse Mahnungen geschickt hatte, nahm er sich einen Anwalt und focht den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Außerdem wollte er seine Anwaltskosten ersetzt haben und der Betreiber sollte seine Daten aus dem Gewerbeverzeichnis löschen. Das Amtsgericht Düsseldorf gab dem Kläger in allen Punkten Recht.
Aus dem Formular werde auf den ersten Blick nicht ersichtlich, dass es sich um ein Angebot für einen kostenpflichtigen Eintrag in ein Gewerberegister handele. Tatsächlich habe der Beklagte zum einen mit der Überschrift "Gewerbeauskunft-Zentrale.de - Erfassung gewerblicher Einträge" den Eindruck erweckt, es handele sich bei ihm um eine Behörde. Mit der Frist zur Rücksendung sei dem Kläger zum anderen der Eindruck vermittelt worden, er sei verpflichtet, die fehlenden Daten zu liefern bzw. zu korrigieren.
Für einen durchschnittlichen Leser sei nicht zu erkennen, dass es sich bei dem Formular um ein kostenpflichtiges Angebot handele, so das Gericht. Die entsprechende Passage sei in einer in kleiner Schrift gedruckten Textpassage versteckt gewesen. Der Beklagte habe deshalb arglistig gehandelt, weil er den Kläger zum Abschluss eines Vertrages bewegen wollte, den dieser bei genauerer Kenntnis der Sachlage niemals unterzeichnet hätte. Der Beklagte muss dem Kläger seine Anwaltskosten ersetzen und dessen Daten aus dem Verzeichnis löschen.
Kommentar
Wer etwas über die Qualität der Gewerbeauskunfts-Zentrale wissen möchte, der muss sich nur die Mühe machen, deren Internetseite zu besuchen. Die Zahl der Einträge ist relativ überschaubar, der Mehrwert dieses Branchenverzeichnisses mag sich nicht erschließen - schon gar nicht angesichts der horrenden Gebühr, die das Unternehmen für einen Eintrag fordert. Nun hat natürlich jeder Unternehmer selbst das Recht, ein Angebot so zu gestalten, wer er das möchte - ob das jeweils vernünftig ist oder den Anforderungen der Kunden gerecht wird, entscheidet der Markt. Jedoch muss ein Angebot eindeutig und transparent sein, damit der Kunde seine Entscheidung aufgrund der Faktenlage fällen sein. Wer schon einmal ein Schreiben der Gewerbeauskunft-Zentrale in der Hand gehabt hat, weiß: Hier soll ganz bewusst der Eindruck vermittelt werden, es handele sich um ein amtliches Schreiben und der Empfänger sei verpflichtet, das Formular auszufüllen und vor allem unterschrieben zurückzusenden. So pompös der behördliche "Look" des Formulars daherkommt, so bescheiden und unauffällig sind die entscheidenden Passagen, etwa die Angabe des Preises, gestaltet. Wer es nötig hat, sein Produkt mit solchen Methoden an den Kunden zu bringen, der dürfte sich über die Qualität ebenjenes Produkts wohl selbst am meisten im Klaren sein. Mit seinem Geschäftsmodell hat der Betreiber jedenfalls inzwischen eine Bekanntheit der eher unrühmlichen Art erworben. Und das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf war nicht das erste dieser Art.
AG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2014, Az. 32 C 15079/13