Gutschein bei preisgebundenen Arzneimitteln
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat in der Werbeaktion einer Apotheke, Gutscheine bei der Abgabe rezeptpflichtiger und preisgebundener Arzneien zu verteilen, einen Verstoß gegen Arzneimittelpreisrecht und das Wettbewerbsrecht gesehen (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.04.2015, Az. 6 U 17/15).
Eine Apotheke hatte ihren Kunden beim Erwerb von rezeptpflichtigen und preisgebundenen Medikamenten Gutscheine für bis zu zwei Brötchen einer nahegelegenen Bäckerei gewährt. Daraufhin hatte ein Apothekerverband auf Unterlassung geklagt und vor dem Landgericht Darmstadt Recht bekommen. Die Begründung der Darmstädter Richter ergab sich aus den Vorschriften zur Preisbindung rezeptpflichtiger Arzneimittel (§ 78 II 2, 3 III AMG, § 3 AMPreisV). Danach ist es nicht erlaubt, den Kunden beim Erwerb solcher Medikamente Vorteile zu gewähren, die an den Kauf gekoppelt sind und dadurch dem Verbraucher einen wirtschaftlichen Vorteil bieten, wenn er sich für eine spezielle Apotheke entscheidet. Sinn dieser Vorschriften ist es, einen politisch nicht gewünschten Preiskampf der Apotheken auf dem Gebiet preisgebundener und rezeptpflichtiger Arzneien zu verhindern.
Die beklagte Apothekerin strebte nach dem Darmstädter Urteil eine Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt an. Sie argumentierte u.a., dass der Bundesgerichtshof in früheren Verfahren geringfügige Beigaben mit einem Wert von bis zu einem Euro gebilligt habe. Der von ihrer Apotheke gewährte Gutschein über maximal zwei Brötchen bliebe aber unterhalb dieser Grenze und sei somit nicht zu beanstanden. Der Hintergrund dieser älteren Rechtsprechung, Zugaben von bis zu einem Euro als nicht spürbar i.S.v. § 3 I UWG anzusehen, war der Vermeidung von Wertungswidersprüchen mit § 7 I 1 Nr. 1 HWG geschuldet. Einen Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht hatte der Bundesgerichtshof aber auch schon damals in den geringfügigen Zugaben gesehen.
Aufgelöst wurde dieser Widerspruch durch die am 13.08.2013 in Kraft getretene Gesetzesänderung des § 7 I 1 Nr. 1 HWG. Mit dieser Änderung des Heilmittelwerbegesetzes, mit der explizit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof reagiert worden war, ist seitdem abschließend geregelt: Sämtliche dingliche Vorteile, die in Zusammenhang mit dem Kauf preisgebundener Arzneimittel gewährt werden, die gegen das Arzneimittelpreisrecht verstoßen, sind gleichzeitig unlautere Handlungen im Sinne des Wettbewerbsrechts.
Auf diese Gesetzesänderung stützten sich die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt in ihrer Begründung und wiesen die Berufung der Apothekerin zurück. Das Oberlandesgericht betonte dabei, dass gerade bei preisgebundenen Medikamenten selbst geringfügige Zuwendungen aktuelle und zukünftige Kaufentscheidungen der Kunden beeinflussen könnten. Gerade diesen Preiskampf zwischen den Apotheken wollte der Gesetzgeber bei Arzneimitteln dieser Art aber unterbinden, so die Frankfurter Richter.
Zum Vorwurf der unterschiedlichen Rechtsprechung wies das Oberlandesgericht neben der genannten Gesetzesänderung auf jüngere Urteile des Bundesgerichtshof hin. Die Bundesrichter hatten nämlich bereits in einem ähnlichen Verfahren 2014, auf Grundlage der konkretisierten Gesetzeslage, anders als früher selbst Zuwendungen in Höhe von 40 Cent als wettbewerbswidrig eingestuft.
Somit hat die Entscheidung der Frankfurter Richter im Falle der Brötchen-Gutscheine ganz unstrittig geltendes Recht umgesetzt. Dass es in der Vergangenheit unterschiedliche Urteile zu dieser Frage gegeben hat, bis der Gesetzgeber darauf reagierte und eine klarere Rechtslage geschaffen hat, ist keine Rechtsunsicherheit, sondern Teil eines lebendigen Rechtsstaats.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.04.2015, Az. 6 U 17/15