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Grundpreisangabe bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform

Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2019, Az. 38 O 110/19


Grundpreisangabe bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform

Bisher waren sich die Instanzgerichte nicht einig, ob bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform der Grundpreis anzugeben ist. Hierzu positionierte sich das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 22.11.2019 und stellte eine solche Erforderlichkeit fest.

Was geschehen war:
Die Beklagte ist Betreiberin des Online Shops nature-love.de, über den sie Nahrungsergänzungsmittel vertreibt. Mehrere Produkte, bei denen es sich um Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform gehandelt hat, wurden am 23. Mai 2019 lediglich unter der Angabe des Gesamtpreises angeboten. Demnach blieb dem Verbraucher der Grundpreis unbekannt. Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, sah darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung, mahnte die Beklagte daraufhin ab und verlangte neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung auch Ersatz der Abmahnkosten. Diesen Forderungen war die Beklagte jedoch nicht nachgekommen.

Uneinheitliche Rechtsprechung in der Vergangenheit
Der Bundesgerichtshof hatte bereits in Bezug auf die Füllmenge von Kaffeekapseln entschieden, dass in den Angeboten stets der Grundpreis des enthaltenen Kaffeepulvers anzugeben ist (Urt. v. 28.03.2019, Az. I ZR 85/15). Hinsichtlich einer Pflicht zur Angabe von Grundpreisen bei Nahrungsergänzungsmitteln waren sich die Gerichte bisher jedoch noch nicht einig in ihren Entscheidungen. Während das OLG Celle eine solche Pflicht verneinte (Urt. v. 09.07.2019, Az. 13 U 31/19), bejahte das OLG Düsseldorf diese (Urt. v. 08.06.2017, Az. 15 U 68/16): Sofern eine spezialgesetzliche Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge nach Volumen oder Gewicht (wie für Nahrungsergänzungsmittel nach der Lebensmittelinformationsverordnung) besteht, folge daraus immer, dass das jeweilige Produkt auch nach Volumen oder Gewicht im Sinne des § 2 PAngV angeboten werde muss und damit grundpreispflichtig sei.

LG Düsseldorf: Preis muss je Mengeneinheit angegeben werden
Das LG Düsseldorf teilte die Ansicht des OLG Düsseldorf und bejahte einen Wettbewerbsverstoß. Die Richter stellten klar, dass die von der Beklagten in ihrem Online Shop angegebenen Preise fehlerhaft waren. Bei vorverpackten Lebensmitteln, wozu die Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform zählen, müsse gem. Art. 12 Abs. 2, 9 Abs. 1 lit. e) LMIV die Nettofüllmenge des Lebensmittels angegeben werden. Indem es an einem Grundpreis fehlte, hatte die Beklagte den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen. Bei den Kapseln handle es sich um ein Produkt, das in unterschiedlichen Darreichungsformen (z.B. fest oder flüssig) hergestellt und vertrieben werde. Es sei keineswegs zwingend, dass die Kapselform die gängige Abgabeform sei. Somit habe auch nach § 2 Abs. 1 S. 1 PangV derjenige, der Verbrauchern gewerbsmäßig Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis den Preis je Mengeneinheit, also den Grundpreis, anzugeben. Dies gelte jedoch nach Abs. 1 Satz 3 der genannten Vorschrift nur, sofern nicht der Grundpreis mit dem Gesamtpreis identisch ist. Da dies vorliegend nicht der Fall war, müsse beim Online Vertrieb jeweils die Grundpreisangabe erfolgen, andernfalls liege ein Wettbewerbsverstoß vor.

Keine Ausnahmen von der Verpflichtung
Auch das Vorliegen einer Ausnahme von der Verpflichtung lehnte das Gericht ab und nahm dabei ausführlich auf ein ergangenes Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.8.2019 (Az. 15 U 55/19) zu dieser Frage Bezug. Demnach komme es für Ausnahmen der Grundpreisangabe in erster Linie auf das in Rede stehende Lebensmittel an. Die Gegenansicht berücksichtige nicht, dass es für Nahrungsergänzungsmittel keine natürliche Mengeneinheit gibt, da diese in unterschiedlicher Form hergestellt und vertrieben werden: Solche Ausnahmen liegen gemäß Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang IX Nr. 1 lit. c) LMIV nur bei Erzeugnissen vor, bei denen aus Sicht der Verbraucher das Produkt eine natürliche Mengeneinheit bildet. Gemeint sind in diesem Zusammenhang Produkte wie Eier, Obst oder Backwaren. Da Füllmenge sowie Zusammensetzung der Kapseln und deren Inhalt im vorliegenden Fall vom Hersteller frei wählbar waren, könne hier von keiner natürlichen Mengeneinheit ausgegangen werden. Auch stelle § 4 Abs. 2 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung keinen Ausnahmetatbestand dar, sondern lege Angaben fest, die zusätzlich erfolgen müssen. Damit bleibe es bei der Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge.

Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher
Nach Ansicht der Beklagten sei für den Verbraucher eine auf die Füllmenge bezogene Grundpreisangabe gar nicht erforderlich, weil für diesen nur die als Tagesdosis empfohlene Wirkstoffmenge von Bedeutung sei. Das Landgericht hatte dem jedoch entgegenzusetzen, dass derartige Überlegungen nichts daran ändern, dass die beanstandete Praxis der Beklagten gegen geltendes Recht verstößt. Das von der Beklagten angeführte Argument könne das Vorliegen des Verstoßes nicht entfallen lassen. Der Verstoß sei mithin geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen: Fehlende Grundpreisangaben erschweren diesem den Preisvergleich nicht unerheblich. Darüber hinaus müsse der Verbraucher sich nicht auf andere Preisvergleichsmöglichkeiten verweisen lassen. Es sei nicht ersichtlich, dass ein sinnvoller Preisvergleich bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht anhand eines auf die Füllmenge bezogenen Grundpreises möglich sein soll, soweit in ihrem Wirkstoffgehalt ähnliche Produkte verglichen werden. Darauf komme es letztlich jedoch auch nicht an, da das Kriterium der Spürbarkeit nicht dazu diene, eine nicht als sinnvoll empfundene gesetzliche Verpflichtung zu korrigieren.

Fazit
Sowohl das OLG Düsseldorf als auch das LG Düsseldorf haben die Pflicht zur Angabe von Grundpreisen im Fall von Nahrungsergänzungsmitteln bejaht. Dieser Ansicht gegenüber steht das Urteil des OLG Celle, welches eine solche Pflicht verneint hat. Nach den verschiedenen Stellungnahmen der Instanzgerichte wäre eine ausdrückliche Regelung in der Lebensmittelinformationsverordnung für einen Fall wie diesen wünschenswert gewesen. Bis zu einer endgültigen Klärung ist deshalb zu empfehlen, einen Grundpreis anzugeben.


Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2019, Az. 38 O 110/19


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