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Gerichtliche Zuständigkeit nach notarieller Unterwerfung

OLG München zur örtlichen und sachlichen Zuständigkeit im Androhungsverfahren gem. §§ 890, 891 ZPO nach notarieller Unterwerfung


Gerichtliche Zuständigkeit nach notarieller Unterwerfung

Mit Beschluss vom 05.03.2015 hat das Oberlandesgericht München (Aktenzeichen 34 AR 35/15) über die Zuständigkeiten im Androhungsverfahren nach den §§ 890, 891 ZPO entschieden, nachdem sich die Schuldnerin im Wege der notariellen Unterlassungserklärung gegenüber der Gläubigerin unterworfen hat.

Ausgangspunkt der Entscheidung war eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung der Gläubigerin. Zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr und Vermeidung eines Unterlassungsrechtsstreits hat sich die Schuldnerin gegenüber der Gläubigerin unterworfen und zwar in Form einer sog. notariellen Unterlassungserklärung (Unterlassungserklärung mit Unterwerfung in die sofortige Zwangsvollstreckung). Der beurkundende Notar hatte seinen Sitz in Ingolstadt.

Nach Zugang der notariellen Unterlassungserklärung leitete die abmahnende Gläubigerin das Androhungsverfahren nach den §§ 890, 891 ZPO ein und begehrte beim Amtsgericht Ingolstadt den Erlass eines Androhungsbeschlusses.

Für dieses Androhungsverfahren hielt sich das AG Ingolstadt für örtlich und sachlich unzuständig und verwies das Verfahren mit Beschluss vom 19.01.2015 an das Landgericht Berlin, dem Sitz der Gläubigerin.

Mit Beschluss vom 28.01.2015 erklärte sich auch das LG Berlin für unzuständig.

Ebenso sah es das Kammergericht (KG) Berlin in seinem Beschluss vom 05.02.2015 und gab das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren an das OLG München ab.

Mit seinem Beschluss vom 05.03.2015 kommt das OLG München, Az. 34 AR 35/15, nunmehr zu dem Ergebnis, dass das Amtsgericht Ingolstadt, also das Amtsgericht am Sitz des beurkundenden Notars, für das Androhungsverfahren nach den §§ 890, 891 ZPO sachlich sowie örtlich zuständig ist und zwar in entsprechender Anwendung von § 797 Abs. 3 und 6 ZPO.

Hier der Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht München
Az.: 34 AR 35/15
LG Berlin - 101 O 10/15
AG Ingolstadt 10 O 2445/14


In dem gerichtlichen Bestimmungsverfahren

- Gläubigerin -

gegen

- Schuldnerin -

wegen Androhung von Ordnungsmitteln zur Erzwingung von Verpflichtungen aus vollstreckbarer notarieller Urkunde erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch XXX am 5. März 2015 folgenden

Beschluss

Zuständig ist das Amtsgericht Ingolstadt.

Gründe:

Der Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 19.1.2015 entbehrt einer Rechtsgrundlage. Er ist ausnahmsweise (vgl. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO; dazu Reichold in Thomas/Putzo ZPO 35. Aufl. § 281 Rn. 12; ZölIer/Greger ZPO 30. Aufl. § 281 Rn. 17) nicht bindend. Auf die demnach zulässige Unzuständigerklärung des Landgerichts Berlin gemäß Beschluss vom 28.1.2015 hat das zuständige Oberlandesgericht München (§ 36 Abs. 2 ZPO) im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die örtliche und sachliche Zuständigkeit des ursprünglich angerufenen Amtsgerichts Ingolstadt auszusprechen.

1. Gegenstand des Verfahrens bildet ein Antrag auf Androhung von Ordnungsgeld/Ordnungshaft nach § 890 Abs. 2 ZPO auf der Grundlage einer in Ingolstadt notariell am XX.XX.2014 abgegebenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Das Amtsgericht Ingolstadt hat sich mit dem bezeichneten Beschluss für örtlich und sachlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Berlin (Kammer für Handelssachen) - Geschäftssitz der Gläubigerin - verwiesen. Es hat, wie seinem vorausgegangenen Hinweis vom 19.12.2014 zu entnehmen ist, die maßgebliche vollstreckungsrechtliche Grundlage in § 890 (Abs. 2) ZPO gesehen und auch die von der Klägerin als zuständigkeitsbegründende Norm angesprochene Bestimmung des § 797 Abs. 3 ZPO problematisiert. Hiernach (Satz 1) wird die Entscheidung über Einwendungen, welche die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel und die Zulässigkeit der Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung betreffen, bei notariellen Urkunden von dem Amtsgericht getroffen, in dessen Bezirk der die Urkunde verwahrende Notar den Amtssitz hat. Zutreffend hat das Amtsgericht auch erkannt, dass die Bestimmung die gegenständliche Sache nicht unmittelbar erfasst. Im Zuge der Anhörung hat aber bereits die Schuldnerin ausdrücklich und unter Zitierung von - problemlos auffindbarer - Rechtsprechung (OLG Naumburg vom 21.6. 1999, 7 W 28/99 bei juris, dort Rz. 17) auf die (sachliche) Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hingewiesen. Das Amtsgericht hat sich hiermit in keiner irgendwie erkennbaren Form auseinandergesetzt, vielmehr im dann ergangenen formblattmäßigen Beschluss die Verweisung ohne weitere Ausführungen auf die eigene sachliche und örtliche Unzuständigkeit gestützt und dabei, ohne dies aber weiter zu erörtern, die mit dem gestellten Verweiungsantrag geäußerte Gäubigeransicht übernommen, es liege ein Anspruch nach § 8 UWG zugrunde, weshalb die Zuständigkeit auf §§ 13,14 Abs. 2 Satz 1 UWG beruhe.

2. Indessen hat sich das Amtsgericht damit über - soweit ersichtlich - einhellige obergerichtliche Rechtsprechung wie Literatur hinweggesetzt, welche Anträge nach §§ 887 ff. (§ 890 Abs. 2 ) ZPO bei Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden dem Gericht am Sitz des Notars zuweist und in diesem Stadium die besonderen Vorschriften für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Wettbewerbsverstößen (§§ 13, 14 UWG) nicht anwendet (siehe neben OLG Naumburg a. a. 0. auch OLG Köln vom 26.3.2014, 6 W 43/14, OLG Düsseldorf vom 5.9.2014, 20 W 93/14, je bei juris; Zöller/Stöber ZPO 30. Aufl. § 887 Rn. 6; Musielak/Lackmann ZPO 11. Aufl. § 890 Rn. 10 und 17 mit § 887 Rn. 18; MüKo/Gruber ZPO 4. Aufl. § 887 Rn. 25; Schuschke/Walker Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz 5. Aufl. § 887 Rn. 13; a. A. LG Paderborn vom 27.8.2013, 7 0 30/13 BeckRS 2013, 22653). Dies beruht auf der zutreffenden Erwägung, dass der Prozess und die Zwangsvollstreckung des prozessualen Erkenntnisses (Titels) voneinander unabhängige, selbständige Verfahren bilden (vgl. BGH NJW 2002, 754), die Systematik also ersichtlich für eine Zuständigkeit nach vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen spricht. Soweit das Landgericht Paderborn für seine vereinzelt gebliebene Ansicht auf die Regelung bei Anwaltsvergleichen verweist (§§ 796a, 79615 ZPO), wird nicht bedacht, dass es dort erst um die Schaffung eines Vollstreckungstitels geht, der bei notariellen Urkunden wie der gegenständlichen (siehe § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) aber bereits vorliegt.

Ein derartiges Übergehen einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung macht den Verweisungsbeschluss anfechtbar; er entfaltet keine Bindungswirkung (BayObLG ZIP 2003, 1305; OLG Hamm vom 20.10.2014, 32 SA 72/14 - Leitsatz 2 -‚ bei juris; Reichold in Thomas/Putzo § 281 Rn. 12).

3. Örtlich wie sachlich ausschließlich (vgl. § 802 ZPO) zuständig ist das Amtsgericht Ingolstadt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 797 Abs. 3 und 6 ZPO, die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts aus § 797 Abs. 3 ZPO (analog; siehe OLG Düsseldorf vom 5.9.2014, Rn. 17).


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