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Gekaufte Kundenbewertungen sind wettbewerbswidrig


Gekaufte Kundenbewertungen sind wettbewerbswidrig

Bewirbt ein Online-Händler seine Produkte mit gekauften Kundenbewertungen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Rezensenten Kostenvorteile erhalten haben, so handelt er wettbewerbswidrig. Dies hat das LG Hamburg in einem Streit zwischen Amazon und einem Unternehmen, das Händlern gekaufte Bewertungen anbietet, klargestellt. Online-Anbieter müssen die Bewertungen demnach entweder löschen oder einen Hinweis darauf geben, wie die Bewertungen zustande gekommen sind.


Hintergrund
Geklagt hatte Amazon gegen ein Unternehmen, das Händlern Kundenbewertungen zum Kauf anbietet, weil es dessen Geschäftsmodell für wettbewerbswidrig hielt. Nach diesem haben Verkäufer ein kostenpflichtiges Abo mit Gutschein-Kampagnen für ein bestimmtes Angebot bei Amazon buchen können. Daraufhin versprach das Unternehmen, unter diesem Angebot Bewertungen bei Amazon zu veröffentlichen. Bei dem Unternehmen konnten sich auch Produkttester registrieren, um Bewertungen für Angebote abzugeben, wofür diese die Produkte in der Regel vergünstigt oder kostenlos erhalten haben. Ist es zu einer Negativ-Bewertung durch die Produkttester gekommen, waren diese dann ausgeschlossen worden.

Mehrere Unternehmen mittäterschaftlich involviert
Im Ergebnis hat das LG einen Unterlassungsanspruch als begründet angesehen, indem die dahinterstehenden Unternehmen als Mittäter mit den dort tätigen Produkttestern über die verschiedenen Websites Kundenbewertungen veröffentlicht haben, wobei die Produkttester dafür bezahlt worden sind bzw. Vermögenswerte Vorteile erhalten haben und darauf nicht hingewiesen wurde. Zwar blieb strittig, ob und in welchem Umfang solche Kundenbewertungen veröffentlicht wurden. Allerdings ergebe sich die Tatsache bereits aus dem Geschäftsmodell der Anbieter, so das Gericht.

Gekaufte Kundenbewertungen sind nicht per se rechtswidrig
Das in Rede stehende Geschäftsmodell stellt jeweils einen Verstoß gegen §§ 3, 5a Abs. 6 UWG dar. Demnach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt. Ein Hinweis wie „Kundenbewertung eines kostenfreien Produktes“ kann hierfür nach Auffassung des LG schon ausreichen. Zusätzlich muss das Nichtkenntlichmachen geeignet sein, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Damit ist nicht jede gekaufte Kundenbewertung, jedenfalls nicht die als solche gekennzeichnete, per se rechtswidrig.

Fehlende Kenntlichmachung des kommerziellen Zwecks der Bewertungen
Vorliegend waren Sinn und Zweck der geschäftlichen Handlungen gerade nicht kenntlich gemacht. Demnach kann ein Verbraucher, der auf amazon.de einkauft, Bewertungen, die aus freien Stücken aufgrund eines Kaufs ohne Vergünstigung gemacht worden sind, nicht von den gekauften Bewertungen unterscheiden. Dies hat zur Folge, dass er auch in gekaufte Bewertungen ein hohes Vertrauen hat, obwohl diese lediglich aufgrund einer Gegenleistung durch den Rezensenten ergangen sind. Zugleich liegt in der Veröffentlichung bzw., Vermittlung von gekauften Bewertungen eine wettbewerbswidrige Irreführung. Dabei haben die Richter die Voraussetzung des § 5a Abs. 6 UWG als gegeben angesehen und klargestellt, dass das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks dazu geeignet sei, die Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

Praxistipp für Mitbewerber
Viele Verkäufer, die sich rechtstreu und rechtskonform bei Amazon verhalten, sind genervt von einer Vielzahl an gekauften positiven Bewertungen. Viel ärgerlicher ist es noch, wenn das eigene Produkt mit negativen Bewertungen überzogen wird oder das Ranking der eigenen Bewertungen durch offensichtlich manipulierte „nützlich“-Markierungen beeinträchtigt wird. Letztendlich ist es auch schwierig, in der Praxis herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist bzw. welcher Amazon-Verkäufer Bewertungen kauft. Die besagten Produkttester werden oftmals im Social Media angeworben, insofern kann sich eine dortige Recherche rentieren, sofern dort für die in Rede stehenden Produkte eine Gegenleistung für eine positive Bewertung angeboten wird. Auch kann ein Test-Kauf aufschlussreich sein, denn nicht wenige Produkte enthalten Informationen über Cashback oder Vergünstigungen bei einer fünf-Sterne-Bewertung. Zuletzt kann auch bei den üblichen Anbietern von gekauften Bewertungen recherchiert werden, ob das Produkt dort, sofern feststellbar, aufgeführt ist. Keine Alternative kann es jedenfalls sein, gekaufte Bewertungen rechtskonform zu gestalten, indem darauf hingewiesen wird, diese seien gekauft worden bzw. es hätte eine Gegenleistung gegeben. Denn diese haben schon keine Wirkung. Darüber hinaus würden derartige Bewertungen gegen die Amazon-Richtlinien verstoßen.


Landgericht Hamburg, Urteil vom 07.10.2021, Az. 327 O 407/19


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