"Gefälligkeitsabmahnung" schützt nicht vor Abmahnungen
Das Landgericht Arnsberg hat mit Urteil vom 5. November 2015 entschieden, dass die wettbewerbsrechtliche Gefahr einer Wiederholung nicht dadurch entfällt, dass eine Gefälligkeitsabmahnung ausgesprochen wird. Die Klägerin hatte vorliegend gegen die Beklagte Zahlungs- und Unterlassungsansprüche geltend gemacht.
Über ihren Internetshop verkauft die Klägerin unter anderem Sonnensegel sowie -schirme. Weiterhin bot sie auch dazugehöriges Zubehör an. Die Beklagte verkauft ebenfalls über die Plattform Amazon Sonnenschirme sowie Zubehörteile in unterschiedlichen Varianten. Am 9. Januar 2015 wurde die Beklagte durch die Klägerin abgemahnt. Die Beklagte reagierte darauf mit Schreiben vom 20. Januar 2015, worin sie erklärte, die strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht zu unterzeichnen. Ihrer Ansicht nach habe die Klägerin keinerlei Unterlassungsansprüche gegen sie. Ferner fehle es an der Voraussetzung einer notwendigen Wiederholungsgefahr. Die Beklagte begründete ihre Auffassung damit, dass sie die Unterlassungserklärung bereits gegenüber einer anderen Firma erklärt hat. Dem hatte die Klägerin entgegengehalten, dass es ihrer Ansicht nach an der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung fehle.
Zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der anderen Firma bestehe nämlich eine persönliche Bindung, so dass es sich lediglich um eine Gefälligkeitsabmahnung gehandelt hat. Die Klägerin behauptet weiterhin, dass die Unterlassungserklärung von der anderen Firma identisch übernommen worden ist. Dies folge daraus, dass sogar die Niederlassung der Klägerin übernommen worden ist, obgleich die andere Firma ihren Sitz in einer anderen Stadt hat. Es fehle insoweit an der Ernsthaftigkeit, dass auch die andere Firma bei einem wiederholten Wettbewerbsverstoß gegen die Beklagte vorgehen wird.
Demgegenüber hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass es zwischen den Parteien an einem wettbewerbsrechtlichen Verhältnis fehle. Jedenfalls aber sei die Wiederholungsgefahr durch die Abgabe der Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung ausgeschlossen.
Das Landgericht Arnsberg hat entschieden, dass die Klage im Ergebnis begründet ist. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG zu. Nach Auffassung der Kammer bestehe zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Denn beide handeln im Internet mit Sonnenschirmen sowie dem entsprechenden Zubehör. Da die Beklagte ihren Vornamen nicht auf der Handelsplattform angegeben hat, verstoße sie gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG, der zwingend die Angabe des Vor- und Nachnamens voraussetzt. Bei der Vorschrift handele es sich ferner um eine Norm zum Schutz der Verbraucher, so dass folglich die Tatbestandsvoraussetzungen nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG vorliegen. Der Verstoß gegen die Nennung der gesetzlich normierten Pflichtangaben sei auch geeignet, die Verbraucherinteressen zu beeinträchtigen.
Obwohl die Beklagte ihre Waren über die Verkaufsplattform Amazon vertreibt, hafte sie auch als Störerin im wettbewerbsrechtlichen Sinn. Zuletzt bejahte das Landgericht Arnsberg auch die Voraussetzung der notwendigen Wiederholungsgefahr. Diese Gefahr sei bereits dann indiziert, wenn bereits ein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften bejaht werden kann. Sie könne allerdings dann verneint werden, wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber einem Verletzten abgegeben wird, wobei es ausreiche, wenn sie einem von mehreren zugeht. Voraussetzung sei allerdings, dass ein ernsthafter Wille des Schuldners zu erkennen ist, dass er die gerügte Handlung künftig unterlassen wird. Die Prüfung orientiere sich dabei am konkreten Einzelfall und unterliege einem strengen Prüfungsmaßstab. Bei Zweifeln gehe dies zu Lasten des Schuldners, da dieser für die Verneinung der Wiederholungsgefahr darlegungs- und beweisbelastet ist.
Das Landgericht Arnsberg war der Ansicht, dass bereits im Hinblick auf die Ernsthaftigkeit der Abmahnung durch die andere Firma erhebliche Zweifel anzunehmen sind. Es lasse sich nicht erklären, warum die Abmahnung der Klägerin identisch übernommen worden ist. Gegen die Ernsthaftigkeit spreche auch die persönliche Bindung zwischen dem Geschäftsführer sowie der Beklagten. Dies sei zwischen den Parteien in dem Rechtsstreit auch unstreitig gewesen. Zusammenfassend war die Kammer der Meinung, dass die Indizien für eine nicht ernst gemeinte Unterlassungserklärung überwiegen. Damit sei der Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG begründet.
LG Arnsberg, Urteil vom 05.11.2015, Az. I-8 O 17/15