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GbR muss Hinweis auf ihre Rechtsform geben

OLG Hamm, Urteil vom 18.02.2020, Az. 4 U 66/19


GbR muss Hinweis auf ihre Rechtsform geben

Wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in einer Printwerbung ein Produkt anbietet, muss sie darin einen klaren Hinweis auf ihre Rechtsform geben. Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 18.02.2020, Az. 4 U 66/19 entschieden, dass es nicht ausreiche, wenn die GbR in der Anzeige nur ihren Namen „T & U“ wiedergebe. Ein Verbraucher könne sonst nicht erkennen, dass es sich dabei um eine GbR handele. Die Pflicht zur Angabe der Rechtsform ergebe sich aus § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG – denn zur Identität eines Unternehmens gehöre neben dem Namen auch seine Rechtsform.

Werbeanzeige ohne Rechtsformzusatz „GbR“ – unzulässig?
Die betroffene GbR „T & U“ wurde von einem Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verklagt. Die GbR unterhielt einen Betrieb, der den Handel mit Kfz-Reifen und deren Montage zum Inhalt hatte. Im November 2018 gab die GbR eine Werbeanzeige im Anzeigenblatt „Anzeigenmarkt-Rheinland.de“ in Auftrag. Darin wurden verschiedene Sommerreifen als „TOP ANGEBOT“ beworben. Knapp drei Wochen später wurde die GbR von dem später klagendenden Verein abgemahnt. Der Verein beanstandete, dass die Werbeanzeige eine „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG enthalte und die GbR darum nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG dazu verpflichtet sei, ihre Identität anzugeben. Der Hinweis „S T & U“ lasse nicht einmal erkennen, ob es sich um eine natürliche Person oder um eine Gesellschaft handele. Das reiche schon gar nicht dafür aus, die Identität des Werbenden erkennen zu können. Der Verein forderte die GbR daher zur Unterlassung und zur Erstattung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 208,25 € auf.

War die Rechtsform der werbenden GbR ohne Rechtsformzusatz erkennbar?
Der Beklagte, ein Gesellschafter der GbR, wies den Vorwurf des Vereins mit anwaltlichem Schreiben vom 01.12.2018 zurück. Als Begründung gab er an, dass „T & U“ erkennbar und unzweifelhaft eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei. Nur Einzelkaufleute, die im HGB aufgeführten Personengesellschaften, Partnerschafts- und Kapitalgesellschaften sowie Genossenschaften seien dazu verpflichtet, als Bestandteil ihrer Firma einen Rechtsformzusatz anzugeben. Er und sein Mitgesellschafter „U“ seien dazu jedoch nicht verpflichtet. Dennoch sei er und „U“ bereit, unverzüglich einen Hinweis auf ihre „GbR“ in die Werbeanzeigen aufzunehmen. Der Verein reagierte auf das Schreiben und richtete seine Abmahnung nunmehr gegen „T“ persönlich. Bei der Bezeichnung „S T & U“ handele es sich nicht um eine ausreichende Identitätsangabe. Es liege nicht auf der Hand, welche Gesellschaftsform vorliege. Es könne sich in Anbetracht des Angebotsumfangs auch um eine offene Handelsgesellschaft (oHG) handeln. Auf dieses Schreiben reagierte der Beklagte „T“ nicht mehr, woraufhin der Verein Klage erhob.

Ebenfalls unklar: welche Personen stehen hinter „T & U“?
Der klagende Verein argumentierte, dass bei einer GbR ein besonderes Informationsbedürfnis des Verbrauchers gegeben sei. Denn der Zusatz „GbR“ stelle für den Verbraucher klar, dass es sich um ein kleines Unternehmen handele, das noch keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordere. Auch werde durch die Bezeichnung „T & U“ nicht klar, um welche natürlichen Personen es sich handele. Denn die Familiennamen „T“ und „U“ gebe es häufig. Sogar in dem vorliegenden Rechtsstreit sei noch nicht klar geworden, welche Person sich hinter dem Namen „U“ verberge. Daher ließe sich wohl auch die Annahme vertreten, dass bei einer GbR auch die Gesellschafter mit Vor- und Nachnamen zu benennen seien. Der Kläger beantragte, dem Beklagten „T“ zu verbieten, wie bisher in seiner Werbeanzeige gegenüber Verbrauchern zu werben, ohne die Identität des Anbieters klar und eindeutig mitzuteilen. Zudem beantragte der klagende Verein, den Beklagten zur Zahlung der Abmahnkostenpauschale zu verurteilen.

LG Siegen: Klage abgewiesen – Rechtsformzusatz „GbR“ nicht erforderlich
Der Beklagte hielt dagegen an seiner Auffassung fest, die Bezeichnung „T & U“ mache deutlich, dass zwei natürliche Personen gemeinsam dieses Geschäft betreiben und daher nur eine GbR darstellen können. Gerade das Fehlen eines Rechtsformzusatzes führe dazu, dass Verbraucher auf eine GbR schließen würden. Zudem habe er vorgerichtlich verbindlich zugesagt, in Zukunft einen „GbR“-Zusatz zu verwenden. Eine Wiederholungsgefahr sei insofern weggefallen. Das Landgericht Siegen wies die Klage ab, da eine GbR gesetzlich nicht dazu verpflichtet sei, einen Rechtsformzusatz in ihren Namen aufzunehmen. Denn wenn eine GbR unter ihrem gesellschaftsrechtlich zulässigen Namen auftrete, könne das auch lauterkeitsrechtlich nicht beanstandet werden. Gegen das Urteil legte der Kläger Berufung ein.

Erfolgreiche Berufung vor dem OLG Hamm: Hinweis auf „GbR“ sei sehr wohl notwendig
Das OLG Hamm entschied, dass die Klage des Vereins in vollem Umfang begründet sei. Der Unterlassungsanspruch finde seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG. Bei der Werbeanzeige handele es sich um eine geschäftliche Handlung, die nach § 5a Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG unlauter sei. Die Anzeige stelle eine „Aufforderung zum Kauf“ dar, da sie den Preis für Sommerreifen in sechs verschiedenen Ausführungen enthalte. Das sei ausreichend, damit sich der Verbraucher eine Meinung über die Beschaffenheit und Merkmale des Produkts bilden und eine geschäftliche Entscheidung treffen könne. Für einen nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verbraucherkreises sei beim Erwerb von neuen Autoreifen vor allem die Reifengröße und der Preis für die Kaufentscheidung wesentlich. Daher handele es sich um eine „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, die eine Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers erforderlich mache.

Nur „Schall und Rauch“: was ist der Kern der unternehmerischen Identität?
Zur Identität des Unternehmers gehöre jedenfalls sein Name und auch die Rechtsform. Das OLG Hamm zitierte zur Begründung sogar Goethe: „Während Namen nämlich nur „Schall und Rauch“ (Goethe, Faust I, Vers 3457), mithin lediglich ein oberflächliches Merkmal zur Identitätsbestimmung sind, berührt die Frage nach der Rechtsform das innere Wesen oder – anders ausgedrückt – den Kern der Identität des Unternehmers.“ – Damit sei auch die Rechtsform eines Unternehmers Bestandteil seiner Identität. Und über seine Identität habe er nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG eben vollständig zu informieren. Sinn und Zweck der Norm sei auch, dass der Verbraucher den Ruf des Unternehmers und seine wirtschaftliche Bonität und Haftung einschätzen könne. Letztere Kriterien können jedenfalls von der Rechtsform abhängen. Damit sei die Rechtsform des Unternehmers ein Bestandteil seiner Identität, über die er in einer „Aufforderung zum Kauf“ informieren müsse.

Gesellschaftsrechtliche Fragen können hier offenbleiben
Umstritten sei die Frage, ob eine GbR gesellschaftsrechtlich dazu verpflichtet sei, in ihren Namen einen Rechtsformzusatz aufzunehmen. Diese Frage müsse an dieser Stelle jedoch nicht geklärt werden. Sofern es einer GbR gesellschaftsrechtlich erlaubt sei, einen Namen ohne Rechtsformzusatz zu führen, so sei sie jedenfalls lauterkeitsrechtlich im Fall einer „Aufforderung zum Kauf“ verpflichtet, zusätzlich auf ihre Rechtsform hinzuweisen. Das sei in der vorliegenden Werbeanzeige nicht geschehen. Die Rechtsform ergebe sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen, da ein Verkehrsverständnis zu komplexen Vorüberlegungen zur Rechtslage und Rechtswirklichkeit nicht existiere. Zudem bestehe weiterhin Wiederholungsgefahr, da der Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe. Die vorgerichtliche Zusage, in Zukunft auf die Rechtsform hinzuweisen, lasse die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Auch der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten sei hier begründet.

OLG Hamm, Urteil vom 18.02.2020, Az. 4 U 66/19


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