Fehlendes Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen und Kritiker
Mit Urteil vom 09.01.2020 stellte das OLG Frankfurt fest, dass zwischen einem Unternehmen und einem Rechtsberater, der dieses Unternehmen kritisiert, kein Wettbewerbsverhältnis besteht. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn der Rechtsberater durch seine Kritik neue Kunden anwirbt.
Klägerin im vorliegenden Verfahren ist eine Bildungseinrichtung. Der Beklagte ist als Rechtsberater tätig und kritisierte die Klägerin massiv. Unter Anderem äußerte er die Ansicht, dass die Beklagte in einen „Skandal“ verwickelt sei. Den Dekan der Klägerin bezeichnete er als einen „Diktator, dessen Worte nicht mit seinen Handlungen übereinstimmen“ würden.
Fehlerhafte Einschätzungen seitens der Klägerin
Die Klägerin hatte fehlerhaft angenommen, dass es sich bei einer auf der Internetseite des Beklagten befindlichen Studie mit dem Titel „X, A Force for Good or A Force for Evil?“ mit der logoartigen Angabe „Face For Good“ um ein gewerbliches Dienstleistungsangebot handele. Der Beklagte hat das Logo jedoch weder als Handelsname noch zur Unternehmenskennzeichnung für die Herausgabe und Veröffentlichung von Druckschriften verwendet. Das streitgegenständliche Dokument sollte einen Beitrag zur Aufarbeitung einer aus Sicht des Beklagten skandalösen Kooperation der Klägerin mit einem chinesischen Partner darstellen. Es war jedoch nicht ersichtlich, dass der Beklagte Dritten Fallstudien oder sonstige Druckschriften gegen Entgelt anbieten möchte. Mithin fehlt es insoweit an einem Handeln im geschäftlichen Verkehr.
Wann liegt ein Wettbewerbsverhältnis vor?
Für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses wird nicht notwendigerweise der Absatz gleichartiger Leistungen vorausgesetzt. Vielmehr ist ausreichend, dass sich der Verletze durch seine Handlung in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Es genügt für diese Annahme, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann.
OLG Frankfurt verneinte Wettbewerbsverhältnis
Das Gericht stellte klar, dass die Anträge sich nicht auf wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen stützen. Dazu fehle es an einem erforderlichen Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Zwischen einem Unternehmen, dass bestimmte Dienstleistungen anbietet und einem Rechtsberater, der auf seiner Internetseite Kritik über das Unternehmen äußert, um auf diese Weise Kunden für dessen Beratungstätigkeit zu gewinnen, könne kein konkretes Wettbewerbsverhältnis angenommen werden. Dabei stand für das Gericht fest, dass Zwischen den Nachteilen der Klägerin, also möglichen Verlusten von Studenten oder Interessenten für ihre Bildungsdienstleistungen und dem Vorteil des Antragsgegners in Gestalt der Förderung des Absatzes seiner Beratungsleistungen keine Wechselbeziehungen in diesem Sinn bestehen. Zur Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses fehlte es somit bereits an einem notwendigen Konkurrenzmoment bzw. dem erforderlichen wettbewerblichen Bezug.
Kritik war vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt
Auch der Versuch der Klägerin, einen Schadensersatzanspruch durch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB zu begründen, scheiterte.
Letztendlich wurde auch die Annahme, dass es sich bei den Äußerungen um eine unzulässige Schmähkritik handeln könnte, abgelehnt. Bei den streitgegenständlichen Angaben handele es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um Tatsachenbehauptungen, sondern um Meinungsäußerungen. Damit sind die angegriffenen Äußerungen also durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt. Dies gilt sowohl für die Angabe, die Klägerin sei in einen „Skandal“ verwickelt, als auch für die Angabe, der Dekan der Antragstellerin sei ein „Diktator, dessen Worte nicht mit seinen Handlungen übereinstimmen“ würden. Somit ist die Kritik vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt.
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 09.01.2020 - Az.: 6 W 117/19