Einwilligung zur Werbung kann mehrere Werbekanäle erfassen
Der Bundesgerichtshof kam durch ein Urteil vom 01.02.2018, Az. III ZR 196/17 zum Ergebnis, dass eine Einwilligungserklärung seitens eines Verbrauchers in Werbung mehrere Werbekanäle (Telefon, SMS, MMS und E-Mail) umfassen kann. Es seien also nicht mehrere gesonderte Erklärungen nötig, da der Verbraucherschutz auch auf diese Weise ausreichend gewährleistet wird.
Beanstandung einer Einwilligungsklausel in Werbung
Der Kläger rügte eine verwendete Einwilligungsklausel der Beklagten, einem Telekommunikationsunternehmen. Einem Besteller war es am Ende des Bestellprozesses auf deren Internetseite möglich, ein Häkchen in einem Kästchen zu setzen („Opt-In“), wodurch er sich mit der Mitteilung und der Beratung über künftig neue Angebote und Services dieser per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS einverstanden erklärte. Gleichzeitig gestattete er, dass die Beklagte dessen Vertragsdaten aus den abgeschlossenen Verträgen bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwenden dürfe. Die Vertragsdaten würden die zur Vertragserfüllung erforderlichen und freiwillig abgegebenen Daten des Kunden darstellen. Das klägerische Begehren war darauf gerichtet, die Einbeziehung einer solchen Klausel in Zukunft zu unterlassen. Nach dessen Vorbringen, sei die Klausel wegen eines Verstoßes gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam, da sie den wesentlichen Grundgedanken des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG widerspreche.
Vorinstanzen unterschiedlicher Auffassung
Das Landgericht Köln teilte mit seiner Entscheidung vom 26.10.2016, Az. 26 O 151/16 die Ansicht des Klägers nicht und wies die Klage daher ab. Diese Einschätzung bestätigte das Oberlandesgericht Köln als Berufungsgericht jedoch nicht. Es gab der Klage mit Urteil vom 02.06.2017, Az. 6 U 182/16 statt.
Klausel verstoße laut Berufungsgericht gegen § 307 BGB
Das Oberlandesgericht war der Meinung, dass die streitige Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB als unwirksam anzusehen ist. Zwar stelle die einseitig abgegebene Einwilligung des Bestellers keine Vertragsbedingung im eigentlichen Sinne dar, gleichwohl fänden die §§ 305 ff. BGB Anwendung. Grund hierfür sei, dass die Zustimmung im Zusammenhang mit einer Sonderverbindung erfolgte. Allerdings halte diese die Anforderungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht ein. Hiernach müsse sich der Verbraucher nämlich bewusst sein, was seine Erklärung konkret bedeute. Es sei für ihn aber schleierhaft, was es mit einer „individuellen Kundenberatung“ auf sich habe, wenn ein Vertrag zwischen den Parteien gar nicht mehr bestehe. Eine Kenntnis der Sachlage seinerseits fehle mithin.
Revision hat Erfolg
Der Bundesgerichtshof war jedoch anderer Ansicht, weshalb der zulässigen Revision der Beklagten Erfolg zugesprochen wurde. Dies führte zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und aufgrund der Entscheidungsreife zu einer Zurückweisung der Berufung des Klägers durch den Senat selbst.
§§ 305 ff. BGB fanden zutreffend Anwendung
Zunächst sei die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die §§ 305 ff. BGB anwendbar sind, richtig gewesen. Eine vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärung des anderen Teils erfordere aufgrund des Schutzzweckes der §§ 305 ff. BGB deren Anwendung, gerade wenn diese – wie vorliegend – im Zusammenhang mit einer Sonderverbindung steht (BGH, Urteil vom 25.10.2012 - I ZR 169/10 und vom 16.07.2008 - VIII ZR 248/06). Maßgeblich sei nämlich, dass der Verwender ebenso wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich beansprucht. Der Kunde habe also nur den Spielraum, ob er die Erklärung abgeben will oder nicht. Der Inhalt sei von ihm hingegen nicht beeinflussbar. Das Gericht betonte zudem, dass derartige Erklärungen in den AGB generell nicht unzulässig sind (BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 721/15).
Verwendete Klausel unterliegt Inhaltskontrolle
Der Umstand, dass die besagte Klausel überhaupt der Inhaltskontrolle unterliegt, folgt daraus, dass es sich bei dieser um keine deklaratorische Klausel, also eine Klausel, welche lediglich die Gesetzeslage wiedergibt (vgl. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB), handelt. Die beabsichtigte Werbung per Telefon, SMS, MMS und E-Mail ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG unzulässig und im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG nur unter bestimmten Voraussetzungen (§ 7 Abs. 3 UWG) zulässig. Dahingegen enthalte die streitige Einwilligungserklärung die Übermittlung von Werbung über die dort genannten Kanäle sowie die Verwendung der Vertragsdaten zu diesem Zweck über den in Satz 2 der Klausel vorgesehenen Zeitraum. Die Rechtslage bei Geltung der Klausel weiche somit von der gesetzlichen ab.
Hält Klausel auch der Inhaltskontrolle stand?
Entscheidend war vielmehr die Frage, ob die in der Klausel enthaltene Einwilligung den gesetzlichen Anforderungen an eine solche Erklärung genüge und somit der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB standhalte. Hierfür sei erforderlich, dass die Einwilligung hinsichtlich der Werbung per Telefon und elektronischer Post mit den inhaltlichen Anforderungen des § 7 Abs. 2 UWG einhergehe.
Begriff der Einwilligung ist richtlinienkonform auszulegen
Mit den Bestimmungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG wurden europarechtliche Vorgaben ins nationale Recht umgesetzt. Aus diesem Grund müsse auch der Begriff der Einwilligung richtlinienkonform ausgelegt werden. In Art. 2 lit. h) der Richtlinie 95/46/EG wird die Einwilligung der betroffenen Person als „jede Willensbeurkundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden“ beschrieben. Außerdem könne diese nach dem Erwägungsgrund 17 der Richtlinie 2002/58/EG in jeder geeigneten Weise erfolgen. Somit sei auch die Abgabe der Erklärung mittels Markieren eines Feldes auf der Website hiervon erfasst.
Einwilligung in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall
Fraglich war weiterhin, ob die Klausel eine Willensbekundung in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall enthält. Ersteres sei dann zu bejahen, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und ihm auch bewusst ist, worauf sie sich bezieht (BGH, Urteil vom 14.03.2017 – VI ZR 721/15 und vom 25.10.2012 – I ZR 169/10). Daneben erfolge die Zustimmung für den konkreten Fall, wenn deutlich wird, welche Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmens sie konkret erfasse. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stelle die Klausel eine inhaltliche Einheit und zusammenhängende Regelung dar, was dazu führe, dass deren einzelne Sätze bei der Auslegung nicht getrennt zu betrachten sind. Der Begriff der individuellen Kundenberatung sei demnach entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht isoliert zu erfassen, sondern in Zusammenschau mit der in Satz 1 angekündigten Information und Beratung über neue Angebote und Services zu verstehen. Es werde einem verständigen und redlichen Verbraucher mithin durchaus klar, dass die „individuelle Kundenberatung“ seine eigene Beratung während und nach der Vertragslaufzeit umfasst, auch wenn er nach der Beendigung des Vertrages wörtlich gesehen kein „Kunde“ der Beklagten mehr ist. Daneben sei einem Kunden der einen Telekommunikationsdienstleistungsvertrag abschließt, die Produktpalette, worauf sich die Angebote und Services beziehen, bekannt.
Spezifische Anforderungen ebenso erfüllt
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfe die Einwilligungserklärung zudem jeweils keine Textpassagen umfassen, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalten als die konkrete Zustimmungserklärung (Urteil vom 16.07.2008 - VIII ZR 348/06). Diese spezifischen Anforderungen hielt die Beklagte vorliegend ein, da die gesondert anzuklickende Erklärung ausschließlich das Einverständnis zur Kontaktaufnahme zu Werbezwecken betreffe. Irrelevant sei dabei auch die Abfassung in drei Sätze, wenn diese eine inhaltliche Einheit bilden. Überdies stelle es kein Hindernis dar, dass sich die Werbung auf verschiedene Kommunikationswege – Anruf oder elektronische Post –erstrecke. Eine gesonderte Einwilligung für jeden Werbekanal sei entgegen der Ansicht des Landgerichts Berlin (Urteil vom 18.11.2009, Az. 4 O 90/09) nicht nötig. Der Schutzzweck, dass dem Verbraucher in einer ausdrücklichen und gesonderten Erklärung die Verwendung seiner Daten und der beabsichtigte Eingriff in seine Privatsphäre deutlich vor Augen geführt werden, sei auch gewährleistet, wenn die Zustimmung mehrere Werbekanäle umfasse. Gesonderte Erklärungen für jeden Kanal seien lediglich eine Förmelei und trägen nicht zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei. Daneben bestehen auch im Hinblick auf die Geltungsdauer der Einwilligung keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel.
Kein Verstoß gegen Datenschutzrecht
Zuletzt halte die Klausel auch der Inhaltskontrolle bezüglich datenschutzrechtlichen Regelungen stand, da sie solche Vorschriften nicht verletze.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.02.2018, Az. III ZR 196/17
von Sabrina Schmidbaur