Drohung mit SCHUFA ist wettbewerbswidrig
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.03.2015 zum Aktenzeichen I ZR 157/13 den Schutz von Verbrauchern vor unlauterer Druckausübung durch Inkassounternehmen gestärkt. Als Revisionsgericht hatte der Bundesgerichtshof in einem wettbewerbsrechtlichen Streit zwischen der Verbraucherzentrale Hamburg und einem Unternehmen, dass Mobilfunkdienstleistungen anbietet, zu entscheiden. Gegenstand des Rechtsstreits waren Schreiben, die ein von der Beklagten beauftragtes Inkassounternehmen an zwei Kunden der Beklagten geschickt hatte. Es ging dabei in beiden Fällen um die Bezahlung eines angeblich noch ausstehenden Rechnungsbetrages. Die Aufforderung zur Zahlung des jeweiligen Betrages wurde dadurch unterstrichen, dass das Inkassounternehmen darauf hinwies, dass, falls die Frist verstreichen würde, ohne dass die verlangte Zahlung einginge, eine Meldung an die Schufa veranlasst werden würde. Es wurde in dem verwendeten Textmodul angegeben, man sei als Partner der Schufa zur Weitergabe von Daten über „unbestrittene Forderungen“ verpflichtet. Dann wurden dem Adressaten der Zahlungsaufforderung sämtliche möglichen negativen Auswirkungen, die ein Schufa-Eintrag für ihn bei zukünftigen privaten oder geschäftlichen Finanzangelegenheiten vor Augen geführt.
Die beiden Verbraucher, die, voneinander unabhängig, Adressaten dieser Inkasso-Schreiben geworden waren, betrachteten die Ausführungen zur Datenweitergabe an die Schufa als Drohung, durch die sie zur schnellen und beanstandungslosen Zahlung der Forderung veranlasst werden sollten. Tatsächlich hatten die Rechnungsempfänger den Rechnungen jedoch in beiden Fällen der Beklagten gegenüber bereits wirksam widersprochen. Es kam in beiden Fällen zur Erörterung der Beanstandung und zu einer anderweitigen Einigung mit der Beklagten. Die betroffenen Verbraucher gingen mit den Schreiben der Beklagten zur Klägerin. Diese erteilte der Beklagten eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung und forderte sie auf, zukünftig unlautere Druckausübung durch Androhung von Schufa-Einträgen bei beanstandeten Rechnungsbeträgen zu unterlassen. Die Abmahnung wies die Beklagte zurück. Sie meinte, im Recht zu sein, weil der Hinweis auf zukünftige Schufa-Einträge nur der Information dienen sollte und nicht als rechtlich fragliche Drohung anzusehen gewesen sei.
Die Klägerin erhob Klage, die in I. Instanz durch das Landgericht Hamburg abgewiesen wurde. Das Oberlandesgericht Hamburg entschied im Berufungsverfahren zugunsten der klagenden Verbraucherzentrale. Die nach Beschwerde der Beklagten gegen den ursprünglichen Nichtzulassungsbeschluss nachträglich zugelassene Revision zum Bundesgerichtshof führte zur Bestätigung der in der Berufungsinstanz getroffenen Entscheidung.
Die Richter des I. Senats am Bundesgerichtshof entschieden, dass die vom Inkassobüro im Namen der Beklagten verwendete Formulierung hinsichtlich des Bevorstehens eines Schufa-Eintrages bei Verweigerung fristgemäßer Zahlung nicht von der allgemeinen Informationsverpflichtung, die in § 28a Abs. 1 Nr. 4 d BDSG enthalten ist, gedeckt wird. Voraussetzung dafür, dass eine Datenweitergabe an die Schufa überhaupt zulässig wäre, ist, dass der angebliche Forderungsschuldner der gegen ihn geltend gemachten Forderung nicht widersprochen hätte. Die Möglichkeit, gegen eine Rechnung dem Unternehmer, der sie stellt, gegenüber Widerspruch zu erheben, gehört zu den Rechten eines Verbrauchers. Solange er von seinem Recht Gebrauch macht, und solange ihm nicht gerichtlich nachgewiesen worden ist, dass die Zahlungsverpflichtung besteht, ist eine Weitergabe von Daten an die Schufa nicht zulässig. Sämtliche dem vermeintlichen Schuldner vor Augen geführten Negativauswirkungen können in einem solchen Fall nicht eintreten, bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt. Wenn, wie in den vorliegenden Fällen, die Forderung gar nicht mehr besteht, weil sie durch Einigung der Parteien erledigt worden ist, können überhaupt keine Negativfolgen durch die Schufa mehr ausgelöst werden. Dadurch, dass die Briefempfänger trotzdem mit dem Schufa-Eintrag und seinen Negativfolgen konfrontiert wurden, wurde in nach § 4 Nr. 1 UWG als unlauter zu bezeichnender Weise Druck auf die Freiheit des Verbrauchers, einen Entschluss zu fassen, ausgeübt. Die Aufzählung der Negativfolgen ist geeignet, bei einem juristischen Laien erhebliche Angstgefühle und damit Druck auszulösen. Die Formulierung „unbestrittene Forderung“ allein wurde vom Bundesgerichtshof nicht als ausreichend klarstellend bewertet. Im allgemeinen Sprachgebrauch der juristischen Laien heiße das nicht unbedingt, dass der Schuldner der Forderung nicht widersprochen hätte. Es könnte auch bedeuten, dass nur der Gläubiger die Forderung als „unbestritten“ darstellt.
BGH, Urteil vom 19.03.2015 zum Aktenzeichen I ZR 157/13