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„Blacklist“ beseitigt nicht Wiederholungsgefahr

Landgericht Flensburg, Urteil vom 07.04.2022, Az. 8 O 7/22


„Blacklist“ beseitigt nicht Wiederholungsgefahr

Das Landgericht Flensburg hatte über die Frage zu entscheiden, ob die gewöhnliche Preisgabe der geschäftlichen Rufnummer auf einer Website ausreicht, um ein Einverständnis in Werbeanrufe zu vermuten. Dies hat das Gericht verneint, sodass ungebetene Werbeanrufe auch gegenüber Unternehmen unzulässig sind. Gegen derartige Werbeanrufe kann man sich mit einer Unterlassungserklärung oder vor Gericht wehren. In diesen Fällen ist es gängige Praxis, dass die Störer die Rufnummern der Betroffenen in sogenannte Blacklists eintragen. Damit versprechen sie, dass es keine Kontaktversuche mehr geben werde. Hierzu hat das LG klargestellt, dass die für einen Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr nicht lediglich dadurch widerlegt werden kann, dass die Telefonnummer in eine Blacklist aufgenommen wurde.

Hintergrund
Geklagt hat die Betreiberin eines Ferienapartments. Diese erhielt wiederholt sogenannte „Cold Calls“ durch eine Vermittlungsagentur für Ferienwohnungen und Hotels. Mit diesen wollte die Beklagte die Wohnung der Klägerin auf ihrer Internetseite anbieten, wofür die Klägerin als Vermieterin für die Vermittlung eine Vergütung zahlen sollte. Die wiederholt angerufene Nummer entnahm die Beklagte der Website der Ferienwohnung, auf der sie für mögliche Kunden veröffentlicht worden war. Bereits in Folge des ersten Anrufs hat sich die Klägerin in einer E-Mail an den Kundenservice der Beklagten gewandt und darauf hingewiesen, dass sie keine weiteren Werbeanrufe mehr dulde. Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit, dass die Rufnummer in eine Backlist aufgenommen wurde, sodass es in Zukunft zu keinen weiteren Anrufen mehr komme. Dies erwies sich allerdings als leeres Versprechen, denn in der Folgezeit hat die Klägerin vier weitere Anrufe von der Beklagten bekommen. Hierauf folgte eine anwaltliche Abmahnung mit gleichzeitiger Aufforderung der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, welche die Beklagte abgelehnt hat.

Öffentliche Rufnummer eines Unternehmens berechtigt nicht zu Werbeanrufen
Das Landgericht gab der Klägerin Recht und bejahte einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte Werbetreibende. Zweck der Veröffentlichung der Telefonnummer auf der Website der Klägerin sei es, dass es potenziellen Kunden ermöglicht werde, die Klägerin zu kontaktieren. Der Anruf der Beklagten sei hiermit jedoch nicht zu vergleichen, da die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht als Kundin, sondern als Anbieterin einer eigenen Leistung, nämlich der Vermittlungstätigkeit, auftrete. So werde durch die Anrufe der Betriebsablauf der Klägerin gestört. Nach Auffassung der Richter reiche bereits der erstmalige Anruf, um einen Anspruch zu begründen, denn dieser sei geeignet, um eine unzumutbare Belästigung der Betreiberin zu begründen. Demnach komme es auf die von der Vermieterin aufgezählten Folgeanrufe schon gar nicht mehr an. Ein maßgebliches Einverständnis der Klägerin in derartige Werbeanfragen liege durch die öffentlich zugängliche Nummer damit weder grundsätzlich vor, noch habe die Klägerin einer Kontaktaufnahme nachträglich zugestimmt.

Kein mutmaßliches Einverständnis durch Veröffentlichung der Rufnummer
Darüber hinaus hat man auch einem mutmaßlichen Einverständnis eine Absage erteilt. Dass die Betreiberin grundsätzlich als Vermieterin von Ferienwohnungen tätig sei, reiche für diese Annahme nicht aus, so das Gericht. Das Vorliegen einem mutmaßlichen Einverständnis sei anhand der Umstände vor dem Anruf sowie anhand von Art und Inhalt der Werbung festzustellen. Erforderlich sei, dass aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden könne. Maßgeblich sei, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls aufgeschlossen gegenüberstehen. Die Veröffentlichung der Telefonnummer auf der Internetseite der Ferienwohnung könne nicht als Einverständnis ausgelegt werden, da diese lediglich für Interessenten an dem Wohnungsangebot gerichtet sei. Der Anruf der Beklagten sei hiermit jedoch nicht zu vergleichen, da die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht als Kundin, sondern als Anbieterin einer eigenen Leistung, nämlich der Vermittlungstätigkeit, aufgetreten sei. Da die Beklagte keinerlei Umstände vorgetragen hatte, die ihre Annahme rechtfertigen könnte, die Klägerin hätte ein sachliches Interesse an ihrem Anruf gehabt, konnte ein genaueres Eingehen auf das Vorliegen eines mutmaßlichen Einverständnisses ausbleiben.

Kein Widerlegen der Wiederholungsgefahr
Zwar hat die Beklagte gegen den Unterlassungsanspruch eingewandt, dass sie die Rufnummer bereits auf ihre Blacklist gesetzt habe, sodass keine weiteren Anrufe mehr zu erwarten seien und keine für einen Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr bestehe. Das Landgericht war jedoch der Auffassung, dass das Eintragen einer Rufnummer in eine Blacklist grundsätzlich nicht geeignet sei, um eine mögliche Wiederholungsgefahr auszuschließen. Die Vermutung der Wiederholungsgefahr könne nur dadurch ausgeräumt werden, dass die Agentur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgebe, wogegen sie sich vorliegend allerdings geweigert habe. In Konsequenz ist die Beklagte zur Unterlassung der werblichen Anrufe verurteilt worden, wobei ihr für jede Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € droht.


Landgericht Flensburg, Urteil vom 07.04.2022, Az. 8 O 7/22


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