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Bio-Kontrollnummer des Herstellers ist anzugeben

Werbung mit „Bio“ oder „Öko“ - Auch die Bio-Kontrollnummer des Herstellers ist anzugeben


Bio-Kontrollnummer des Herstellers ist anzugeben

In einem aktuellen Fall hat das Landgericht Gießen mit Beschluss vom 13.06.2018 unter dem Aktenzeichen 6 O 20/18 entschieden, dass ein Onlinehändler, der im Internet Wein zum Verkauf anbietet und diesen Wein mit den Bezeichnungen „Bio“ oder „Öko“ bewirbt, in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Werbung (auch) die Codenummer der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle anzugeben hat, die im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 für die Kontrolle desjenigen Unternehmens zuständig ist, das die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung an dem beworbenen Wein vorgenommen hat.

Was war geschehen?
Ein Onlinehändler, der selbst „bio-zertifiziert“ ist und seine (eigene) Kontrollnummer im Impressum seines Onlineshops veröffentlicht hat, hat im Internet gewerbsmäßig Waren, insbesondere Wein, gegenüber Endverbrauchern zum Kauf angeboten. Eines dieser Wein-Angebote bewarb er mit der Bezeichnung „Bio“. Die nach Artikel 27 Abs. 10 der sog. EG-Öko-Verordnung (EG-Öko-Basisverordnung (EG) Nr. 834/2007) erteilte Codenummer der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die für die Kontrolle des Unternehmers zuständig ist, der die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung vorgenommen hat, gab der Onlinehändler im Rahmen der Werbung allerdings nicht an.

Deswegen ist der Onlinehändler im Mai 2018 durch einen in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG aufgenommenen Verbraucherschutzverein abgemahnt worden. Von ihm wurde verlangt, Bio-Produkte nur mehr mit Angabe der Kontrollnummer nach Art. 24 Abs. 1 S. 1. lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 zu bewerben.

Die Abmahnung blieb erfolglos, sodass der „Abmahnverein“ sein Unterlassungsbegehren vor dem Landgericht Gießen weiterverfolgte.

Die gerichtliche Entscheidung und ihre Begründung
Nach Anhörung beider Seiten hat das LG Gießen dem Unterlassungsbegehren in erster Instanz mit Beschluss zum 13.06.2018, Az. 6 O 20/18, stattgegeben. Dem Onlinehändler ist bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden,

„im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Letztverbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen über den Verkauf von Flaschenweinen anzubieten und hierbei mit den Bezeichnungen „Bio-“ oder „Öko-" zu werben, ohne zugleich in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Werbung die Codenummer der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle anzugeben, die im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 für die Kontrolle desjenigen Unternehmens zuständig ist, das die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung an dem beworbenen Wein vorgenommen hat.“.

Zur Begründung führt das LG Gießen aus, dass bei dem Werben für Weine unter Hinweis auf eine biologische/ökologische Produktion die in Art. 24 Abs. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 niedergelegte Pflicht zur Angabe der Codenummer der für den Produzenten zuständigen Kontrolleinrichtung anzugeben sei. Ein Fehlen der Codenummer sei im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unlauter im Sinne von § 3 UWG. Denn zum einen liege in dem Unterlassen der Angaben ein Rechtsbruch gemäß § 3a UWG, zum anderen führe es den Verbraucher in die Irre (§ 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG).

Die Vorschrift des Art. 24 Abs. 1 S. 1 lit. a) VO (EG) Nr. 834/2007 erlege dem Händler auf, bei der Kennzeichnung eines Erzeugnisses unter Bezug auf dessen ökologische oder biologische Produktion auch die Codenummer derjenigen Kontrollbehörde anzugeben, die im Rahmen von Art. 27 der EG-Öko-Verordnung für die Kontrolle des (letzten) Warenerzeugers zuständig ist. Es genüge hierbei nicht, wenn die Angabe nur auf dem verkörperten Produkt selbst (also bspw. auf dem Etikett) erfolgt.

Art. 23 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung enthalte eine weitreichende Legaldefinition des Begriffs „kennzeichnen“ – hiernach gelte es auch als Kennzeichnung, wenn ein Produkt in der Werbung lediglich mit „bio“ beschrieben wird. In diesem Falle müsse die Werbung dann ebenfalls stets mit der Wiedergabe der Codenummer an gut sichtbarer Stelle einhergehen.

Fazit und Ausblick
Der Handel bzw. die Werbung für „Bio-Produkte“ oder „Öko-Produkte“ war, ist und bleibt heikel.

Erst jüngst entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf die Vorlage des BGH mit Urteil vom 12.10.2017, Az. C-289/16, dass ein Onlinehändler, der „Bio“-Lebensmittel vertreibt, auch selbst zertifizierungspflichtig ist und demzufolge die (eigene) Kontrollnummer der für ihn zuständigen, prüfenden Öko-Kontrollstelle anzugeben hat. Also ist schon die eigene BIO-Zertifizierung sowie die Angabe dieser Kontrollnummer für den Onlinehändler Pflicht, um überhaupt Bio-/Öko-Produkte verkaufen zu dürfen.

Zusätzlich zu dieser Zertifizierungspflicht und der Pflicht zur Angabe der eigenen Kontrollnummer ist nach Art. 24 Abs. 1 lit. a) der EG-Öko-Verordnung allerdings auch die Kontrollnummer („Codenummer“) derjenigen Kontrollbehörde oder Kontrollstelle anzugeben, die für die Kontrolle des Unternehmers zuständig ist, der die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung vorgenommen hat. Hierbei handelt es sich üblicherweise um den Hersteller/Verarbeiter.

Diese Kontrollnummern/Codenummern sind also immer herstellerbezogen sowie produktbezogen, sodass bei jedem Produkt, das mit „bio“ oder „öko“ beworben wird, die für das jeweilige Produkt relevante Kontrollnummer angegeben werden muss.

Die Angabe hat zudem gut sichtbar und deutlich lesbar zu erfolgen. Hier verlangt zumindest das LG Gießen in seiner Entscheidung, dass die Angabe „in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Werbung“ zu erfolgen hat.

Auch um kostenträchtige Abmahnungen zu vermeiden, kann Onlinehändlern deshalb nur dringend empfohlen werden, die Bewerbung der angebotenen Produkte mit den Schlagworten „Bio“ oder „Öko“ sorgfältig zu überprüfen. Neben der Angabe der eigenen Kontrollnummer muss im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Begriffen „Öko“ und „Bio“ auch die produkt- bzw. herstellerbezogene Kontrollnummer angegeben werden.


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