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BGH kürzt Reiseveranstaltern Vorauszahlungsanspruch

BGH, Urteil vom 09.12.2014, Az. X ZR 85/12


BGH kürzt Reiseveranstaltern Vorauszahlungsanspruch

Anzahlungen über 20% sind für Pauschalreisen ebenso unzulässig wie gestaffelte Stornogebühren mit entsprechendem Eingangssatz. Dies wurde von Richtern des Bundesgerichtshofes entschieden.

Der Bundesgerichtshof hat sowohl die Anzahlungspraxis etablierter Reiseveranstalter für unzulässig erklärt als auch die Erhebung exorbitanter Stornogebühren.

TUI, L’TUR, TC Touristik und weitere Unternehmen verlangten bei der Buchung bisher Anzahlungen zwischen 25% und 100%. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Verbraucherzentrale NRW klagten erfolgreich. TC Touristik und Urlaubstours ließen den Bundesgerichtshof entscheiden und verloren ihre Prozesse.

Die Kläger erhielten eine höchstrichterliche Bestätigung ihrer Rechtsauffassung: Die beklagten Reiseveranstalter brechen mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen deutsches Recht, indem sie gegen das Zug-um-Zug-Prinzip verstoßen. Dieses schuldrechtliche Prinzip besagt, dass Kunden erst dann zahlen müssen, wenn sie die Leistung erhalten.

Die von den Unternehmen geforderten Anzahlungssätze zwischen 25% und 40% sind unzulässig, weil Kunden bei diesen Vomhundertsätzen das volle Kostenrisiko tragen würden und im Falle einer Insolvenz des Reiseveranstalters nicht ausreichend abgesichert wären. Zudem hat der Bundesgerichtshof bereits in früheren Verfahren eine grundsätzliche 20%-Grenze eingeführt, von der ausschließlich in begründeten Einzelfällen abgewichen werden darf. Ein derartiger Ausnahmefall tritt ein, wenn der Veranstalter für die konkret gebuchte Reise nachweisbar höher in Vorausleistung treten muss als ihm die 20% gestatten.

Die Restsumme ist frühestens vier Wochen vor Reiseantritt einzufordern, somit wurde die 45-Tages-Regelung gekippt. Da keine explizite Regelung für den Fälligkeitstermin existiert, hat sich der Senat an obergerichtlichen Urteilen und reiserechtlicher Literatur orientiert.

Ebenso verhält es sich mit den gestaffelten Stornoentgelten mit Eingangssätzen zwischen 25% und 40% des Gesamtpreises. Gemäß Urteilsspruch legten die Veranstalter nicht ausreichend dar, dass bei deren Berechnung die gewöhnlich ersparten Aufwendungen sowie die mögliche anderweitige Verwertung ausreichend berücksichtigt wurden.

Maßgeblich für das Urteil war die gesetzlich geregelte Inhaltskontrolle. Drei Paragraphen listen auf, welche Inhalte in AGB-Klauseln rechtswidrig sind. Tauchen diese Inhalte dennoch in Klauseln auf, sind die betroffenen Klauseln unwirksam. Der komplette Vertrag ist jedoch nicht zwangsläufig von der Unwirksamkeit betroffen. Nur bei besonderer Härte kann der Vertrag nichtig sein.

Dieses Urteil dürfte zentrale Bereiche des Reisens erheblich verändern, da es die Höhe der Rücktrittspauschalen, den Fälligkeitstermin eines Gesamtpreises und den Vorauszahlungssatz regelt. Aufgrund des Urteils zahlen Kunden in diesem Fall weder überhöhte Rechnungen, noch büßen sie aufgrund willkürlicher Fälligkeitstermine unnötig finanzielle Freiheit ein.

Überraschend ist, dass zwei der fünf Unternehmen bzw. deren Anwälte derart überzeugt von ihrem vermeintlichen Recht waren, dass sie bis vor den Bundesgerichtshof gezogen sind.
Im Urteilsspruch weisen die Richter des BGH darauf hin, dass bisher noch kein höchster Richter über einen verbindlichen Fälligkeitstermin für Gesamtbeträge entschieden hat. Aus diesem Grund orientieren sich die BGH-Richter an reiserechtlicher Literatur und obergerichtlichen Urteilen, 30 Tage wird als verbindliche Frist allgemein anerkannt. Scheinbar wollten sich die vor den BGH gezogenen Unternehmen in ihrem Sinne an der Rechtsgestaltung beteiligen, zumindest wird gewissermaßen ein Rechtsgestaltungswillen suggeriert.

BGH, Urteil vom 09.12.2014, Az. X ZR 85/12


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