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Bewerbung einer Kaffee-Röstungsart mit "bekömmlich" nun doch unzulässig?

OLG München, Beschluss vom 11.02.2020, Az. 29 W 1562/19


Bewerbung einer Kaffee-Röstungsart mit "bekömmlich" nun doch unzulässig?

Ein Verfahren, zwei Gerichte und auch zwei vollkommen divergierende Rechtsauffassungen. Das OLG München hat entschieden, dass die Röstungsart eines Kaffees nicht mit dem Begriff „bekömmlich“ beworben werden darf. Hierin liege ein Wettbewerbsverstoß gegen die VO (EG) Nr. 1924/2006, indem die Angabe einen Gesundheitsbezug aufweise. Die Vorinstanz hatte im Dezember des Vorjahres noch gegenteilig entschieden. Die damalige Auffassung war, dass für die angesprochenen Verkehrskreise zweifelsfrei erkennbar sei, dass mit der Bewerbung nicht dem Kaffee als solchem eine Bekömmlichkeit zugesprochen werde, sondern einer besonderen Röstungsart, welche dazu führe, dass der Kaffee bekömmlicher sei (vgl. LG München I, Beschluss vom 10.12.2019, Az. 39 O 17156/19, juris). Wie das OLG seine divergierende Auffassung begründet hat, lesen sie im Folgenden.

Hintergrund
Die Antragsgegnerin hat einen von ihr angebotenen und vertriebenen Kaffee mit der Angabe „bekömmlich“ beworben. In der Produktbeschreibung war die Bekömmlichkeit wie folgt beschrieben worden:

„Die Besonderheit unseres Kaffees liegt dabei in der Langzeit-Trommelröstung bei niedriger Temperatur, was die Röstungen außerdem sehr bekömmlich macht“.

Hierin sah der Antragsteller, ein eingetragener Wettbewerbsverein, einen Wettbewerbsverstoß, sodass er die Antragsgegnerin dazu aufgefordert hat, die Bewerbung mit „bekömmlich“ zu unterlassen.

Unzulässige Verwendung des Begriffs „bekömmlich“
Der Antragsteller war der Auffassung, die Bewerbung des Kaffees mit der Angabe „bekömmlich“ weise einen Gesundheitsbezug auf. Der Begriff „bekömmlich“ werde im allgemeinen Sprachgebrauch so verstanden, dass das betroffene Lebensmittel leicht verdaulich und wenig belastend sei. Demnach sei die Verwendung dieses Begriffes in der Werbung für Lebensmittel unzulässig, so der Antragsteller. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (vgl. LG München I, Beschluss vom 10.12.2019, Az. 39 O 17156/19, juris) hat das OLG in der Werbeaussage eine nicht spezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1924/2006 gesehen.

Was ist eine gesundheitsbezogene Angabe?
Eine „gesundheitsbezogene Angabe“ definiert sich nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 VO (EG) Nr. 1924/2006 als jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Hierbei ist der Begriff „Zusammenhang“ weit zu verstehen. Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt eine „gesundheitsbezogene Angabe“ auch dann vor, wenn damit zum Ausdruck gebracht wird, dass für die Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit dem Verzehr des Lebensmittels einhergehen oder sich ihm anschließen, fehlen oder geringer ausfallen (EuGH GRUR 2012, 1161 Rn. 34, 34 - Deutsches Weintor; BGH GRUR 2018, 1266 Rn. 34 - Bekömmliches Bier).

OLG: Gesundheitsbezug bei „bekömmlich“ gegeben
Der Senat hat festgestellt, dass „bekömmlich“ eine gesundheitsbezogene Angabe i.S.v. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 VO (EG) Nr. 1924/2006 darstelle. Begründet worden ist dies damit, dass der Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen als „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“ verstanden werde. Er bringe bei der Verwendung für ein Lebensmittel zum Ausdruck, das Lebensmittel werde gut vertragen und im Verdauungssystem gut aufgenommen. In diesem Zusammenhang verstehe der Verkehr die Werbung dahingehend, dass der beworbene Kaffee gut verträglich und leicht verdaulich sei, so das Gericht.

„Bekömmlich“ nicht auf Röstungsart, sondern auf Kaffee bezogen
Hiermit stellte sich das OLG gegen die Auffassung der Vorinstanz, nach welcher die „Bekömmlichkeit“ nicht dem Kaffee als solchem, sondern einer besonderen Röstungsart zugesprochen werde. Demgegenüber stand für die Richter des OLG fest, dass die Röstungsart als solche gar nicht „bekömmlich“ sein könne. Diese könne lediglich dazu führen, dass der Kaffee, der in dieser speziellen Art hergestellt worden ist, „bekömmlich“ sei. Der Begriff „bekömmlich“ beziehe sich damit auf den beworbenen und in besonderer Weise hergestellten Kaffee als solchen und somit auf ein Lebensmittel. In dieser Weise werde die Werbung auch vom Verkehr verstanden.

Wann sind gesundheitsbezogene Angaben zulässig?
Gemäß Art. 10 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1924/2006 können Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffes oder Lebensmittels auf die Gesundheit generell oder auf das gesundheitsbezogene Wohlbefinden ausnahmsweise zulässig sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Bewerbung eine in einer der Listen nach Art. 13 oder Art. 14 VO (EG) Nr. 1924/2006 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

Da eine solche spezielle gesundheitsbezogene Angabe im vorliegenden Fall nicht beigefügt worden ist, war die Werbung nicht zulässig. Dem konnte auch nicht entgegengehalten werden, dass die Listen nach Art. 13 oder 14 der VO (EG) Nr. 1924/2006 noch nicht vollständig erstellt worden sind. Im Ergebnis war die streitgegenständliche Werbung der Antragsgegnerin damit gemäß Art. 10 Abs. 3 VO (EG) 1924/2006 als unzulässig anzusehen.


OLG München, Beschluss vom 11.02.2020, Az. 29 W 1562/19


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