Bestellung per Amazon Dash-Button verboten
Das OLG München bestätigte das Urteil des Landgerichts München I vom 01.03.2018. Amazon hat es zu unterlassen, seine „Dash-Buttons“ zu verwenden, um Bestellungen von Verbrauchern anzunehmen. Die Buttons seien nicht mit „zahlungspflichtig bestellen“ beschriftet und der Kunde erhalte vor der Bestellung keine Informationen zu den wesentlichen Eigenschaften und dem Gesamtpreis des Produkts. Das sei rechtswidrig. Auch das Vorbehalten einseitiger Änderungen des Preises, der Lieferkosten u. a. in den AGB benachteilige die Verbraucher in unzulässiger Weise. Amazon hat den Verkauf der Dash-Buttons bereits weltweit eingestellt. Ausschlaggebend sei allerdings nicht (nur) das Urteil, sondern insgesamt das sich international verändernde Bestellverhalten der Kunden.
Dash-Buttons = kleine digitale Knöpfe im Format einer Türklingel
Bei Amazon Dash-Buttons handelte es sich um kleine Geräte, mit denen seit 2016 Produkte des täglichen Bedarfs mit nur einem Knopfdruck bestellt werden konnten. Die Buttons senden durch Drücken des elektromechanischen Schalters ein Signal über die Verbindung zum WLAN. Der Kunde musste vorab eine Amazon Shopping-App auf dem Smartphone installieren. Darüber wurde der Dash-Button mit dem WLAN verbunden. Über die App wählte der Kunde das Produkt, das über den Button bestellt werden soll. Pro Dash-Button konnte also je ein ausgewähltes Produkt nachbestellt werden. In der App erhielt der Kunde auch Informationen zum Preis, der Menge und anderen Produkteigenschaften. Der Bestellvorgang selbst wurde allein durch das Drücken des Buttons ausgelöst. So hatten Kunden den Dash-Button zur Nachbestellung etwa für Waschmittel häufig direkt an der Waschmaschine angebracht. Wurde das Waschmittel leer, reichte ein einziger Knopfdruck und das Waschmittel wurde kurze Zeit darauf von einem Logistikunternehmen geliefert. Der Kunde musste weder sein Smartphone einschalten noch seine Bestellung bestätigen. Er hatte anschließend 15 Minuten Zeit, die Bestellung zu stornieren. Auf dem Smartphone konnte er „Push-Benachrichtigungen“ einstellen, um über die Bestellungsdetails informiert zu werden.
Verbraucherzentrale forderte Verbot der Dash-Buttons
Vor der Einrichtung seines Dash-Buttons musste der Verbraucher den Amazon Dash Replenishment Nutzungsbedingungen zustimmen. Neben den Amazon.de AGB wurden darin auszugsweise folgende Regelungen vereinbart: „(…) können sich manche Angebote und Produktdetails bei späteren Nachbestellungen eventuell ändern (zum Beispiel Preis, Steuern, Verfügbarkeit, Lieferkosten und Anbieter). (…) Sollte Ihr Produkt zum Zeitpunkt der Bestellung nicht verfügbar sein, ermächtigen Sie uns, Ihre Bestellung mit einem geeigneten Ersatzartikel der gleichen Produktart und derselben Marke (z. B. mit leicht abweichender Füllmenge) zu erfüllen.“ Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sah in dieser AGB-Klausel sowie in dem Bestellvorgang über die Dash-Buttons selbst ein wettbewerbswidriges Verhalten seitens Amazon. Zunächst per Abmahnung und anschließend mit Klage zum Landgericht München I beanstandete die Verbraucherzentrale die Ausgestaltung der Dash-Buttons sowie der Nutzungsbedingungen. Konkret verlangte sie die Unterlassung der Verwendung des Dash-Buttons ohne Beschriftung mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ sowie ohne den Kunden unmittelbar vor seiner Bestellung über die wesentlichen Eigenschaften des Produkts und dessen Preis aufzuklären. Abgesehen davon forderte sie von Amazon auch, die Verwendung der oben zitierten AGB-Klausel zu unterlassen.
Bestellung ohne ausdrückliche Bestätigung einer Zahlungspflicht
Das Landgericht verurteilte Amazon antragsgemäß zur Unterlassung. Und auch das OLG München beurteilte die Dash-Buttons im Berufungsverfahren nicht anders. Amazon verstoße durch den Bestellprozess per Dash-Button gegen die Pflicht, die Schaltfläche zur Ausführung der Bestellung gut lesbar mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu beschriften. Diese Pflicht ist im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern einzuhalten. Zweifellos finde die Bestellung über die Dash-Buttons im elektronischen Geschäftsverkehr statt. Nur durch das Zusammenwirken des Buttons mit der Shopping-App werde ein Bestellvorgang ausgelöst. Der Button an sich sei nicht mit einer Computertastatur vergleichbar. Durch Drücken der Schaltfläche werde sofort eine Bestellung aufgegeben. Ob der Dash-Button als „Schaltfläche“ im Sinne des § 312j Abs. 3 S. 2 BGB eingestuft werden könne, sei nicht ausschlaggebend. Denn jedenfalls habe Amazon die Pflicht, den Bestellvorgang als ausdrückliche Bestätigung einer Zahlungsverpflichtung auszugestalten. Der physische Druckschalter des Dash-Buttons habe dieselbe Funktion wie eine virtuelle Schaltfläche, weshalb zumindest derselbe Maßstab für die Anforderungen gelte. Das bloße Drücken des Buttons sei bei Auslösen des Bestellvorgangs jedenfalls keine ausdrückliche Bestätigung einer Zahlungspflicht.
Keine Anzeige des Preises vor Abschicken der Bestellung
Und auch ein weiterer Umstand verstoße gegen den § 312j BGB. Nach Absatz 2 sei Amazon verpflichtet, dem Verbraucher-Kunden unmittelbar bevor er seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise die wesentlichen Eigenschaften des Produkts sowie den Gesamtpreis zur Verfügung stellen. Das heißt, drei Anforderungen müssen erfüllt sein: a) klare und verständliche Darstellung b) in hervorgehobener Weise c) unmittelbar vor der Bestellung. Es reiche also nicht, dass der Kunde die Informationen bei der Einrichtung des Dash-Buttons einsehen könne. Die Einrichtung könne zeitlich weit vor der ersten Bestellung liegen, daher scheitere die Ausgestaltung schon daran, dass die Informationen nicht „unmittelbar vor der Bestellung“ zur Verfügung gestellt werden. Der Verbraucher könne sich später vielleicht gar nicht mehr an die Bedingungen erinnern. Auch die Möglichkeit, die Informationen zum Produkt und dessen Preis vor dem Drücken des Dash-Buttons auf der App einzusehen, reiche nicht. Denn die Bestellung könne auch ohne Einschalten der App ausgelöst werden. Die Anforderung „unmittelbar vor der Bestellung“ die Informationen zur Verfügung zu stellen, habe nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine räumliche Bedeutung. Die Informationen können zwar unmittelbar auf dem Smartphone abgerufen werden. Dieses kann aber auch weit entfernt liegen und ist damit nicht in „unmittelbarer Nähe“ oder „unmittelbar vor Augen“ des Kunden.
AGB verstoßen gegen das Transparenzgebot
Auch die von der Verbraucherzentrale beanstandete AGB-Klausel sei unzulässig und deren Verwendung zu unterlassen. Als Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB verstoße die oben zitierte Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. AGB sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Dies kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Aus diesem Transparenzgebot könne das Bestimmtheitsgebot abgeleitet werden. Danach sei eine AGB-Klausel so zu gestalten, dass die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für den Vertragspartner so weit erkennbar sind, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen in den AGB so genau beschreiben werden, dass keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Genau solch ein Spielraum werde durch die beanstandete Klausel aber gewährt. Amazon erlaube sich, der Nachbestellerklärung des Kunden einen anderen Inhalt zu geben, als bei der Einrichtung des Buttons vereinbart wurde.
Große Auswirkung für Amazon – aber rechtlich keine große Sache
Zunächst weise Amazon in den AGB darauf hin, dass sich das Angebot verändern könne. Das allein habe rechtlich noch keine Relevanz. Die daran anknüpfende Klausel, dass vertragsgegenständliche Produkte daher zu anderen Bedingungen (z. B. zu einem anderen Preis) bestellt werden könnten, erlaube Amazon eine beliebige Änderung des Bestellinhalts. Sogar die Lieferung eines anderen, geeigneten Produkts gleicher Art derselben Marke werde in den AGB erlaubt. Kriterien zur Beurteilung der „Gleichartigkeit“ von Produkten würden aber nicht aufgestellt. Damit behalte sich Amazon einseitige Beurteilungsspielräume vor, bei denen die Interessen der Kunden keine Berücksichtigung finden. Aufgrund dieser Benachteiligung sei die Klausel unwirksam. Amazon habe damit sowohl die Verwendung der Dash-Buttons als auch der beanstandeten AGB-Klausel zu unterlassen. Das OLG München ließ die Revision nicht zu, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung habe. Es seien nur die bereits gesicherten Rechtsprechungsgrundsätze auf einen weiteren Einzelfall angewendet worden.
OLG München, Urteil vom 10.01.2019, Az. 29 U 1091/18