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Angebotskontrollpflicht eines Händlers auf Amazon

Tägliche Kontrolle an Wochenarbeitstagen genügt für Angebotskontrollpflicht eines Händlers auf Amazon


Angebotskontrollpflicht eines Händlers auf Amazon

Mit Beschluss vom 15.03.2017, Az. 6 W 31/17 entschied das Oberlandesgericht Köln, dass eine jeweils täglich von montags bis freitags stattfindende Überprüfung der auf Amazon eingestellten Angebote eines Marketplace-Händlers für dessen Überwachungspflicht im Hinblick auf falsche Produktangaben genügt. Damit entziehe sich dieser mangels Verschulden seiner Haftung, falls er für nicht der Wahrheit entsprechende Angaben in seinen Artikelbeschreibungen in Anspruch genommen wird.

Verstoß gegen bereits ergangenen Unterlassungsanspruch
Es lag bereits aufgrund eines vorherigen Verfahrens ein Unterlassungsanspruch gegen die Schuldnerin, eine Marketplace-Verkäuferin, wegen einer falschen unverbindlichen Preisempfehlung hinsichtlich eines ihrer Produkte auf der Internet-Plattform Amazon vor. Im weiteren Verlauf kam es zu einem erneuten Verstoß, weshalb die Gläubigerin von der Schuldnerin ein Ordnungsgeld gemäß § 890 ZPO forderte.

Haftung der Händler für deren veränderte Produktbeschreibungen
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2016 (Az. I ZR 140/14) treffe einen Amazon-Marketplace-Verkäufer nicht nur unmittelbar die Verpflichtung für die von ihm auf der Plattform angebotenen Produkte nicht mit eigenen unzutreffenden Angaben zu werben. Er hafte vielmehr ebenso für Rechtsverletzungen aufgrund von Angebotsmanipulationen seitens Dritter bezüglich seiner Artikel. Dies betreffe insbesondere fehlerhafte Preisangaben sowie die Nutzung falscher Markennamen. Derartige inhaltliche Veränderungen im Hinblick auf Erstanbieter-Angebote werden von Amazon zugelassen, was in Händlerkreisen auch bekannt ist.

Überwachungs- und Prüfungspflichten der eigenen Produkte zwingend
Damit gehe für die Händler grundsätzlich eine dauerhafte oder eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Überwachungs- und Prüfungspflicht ihrer Produktbeschreibungen einher, um womöglich vorgenommenen, nicht zutreffenden Änderungen entgegenzuwirken. Diese Prüfungspflicht bestehe, ohne dass zuvor ein Hinweis auf eine Rechtsverletzung durch ein bestimmtes Angebot erfolgen muss. Komme ein Händler seiner Prüfungspflicht nicht oder nur unzureichend nach, könne er somit für durch solche Veränderungen seines Angebots bewirkte Rechtsverletzungen als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Behauptung eines nicht schuldhaft erfolgten Verstoßes
Einen erneuten Verstoß gegen den bereits ergangenen Unterlassungsanspruch bestritt die Schuldnerin vorliegend nicht. Allerdings führte sie an, dass der erfolgte Verstoß nicht schuldhaft erfolgt sei, was jedoch zwingend für die Erteilung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO ist.
Sie sei ihrer Verpflichtung nach Ausspruch des Unterlassungsanspruches in hinreichendem Umfang nachgekommen, schließlich habe sie jeweils einmal pro Wochenarbeitstag (Montag bis Freitag) alle ihre eingestellten Angebote kontrolliert und jedes Angebot entfernt, für welches eine nicht überprüfbare oder falsche unverbindliche Preisempfehlung eingestellt worden war. Eine weitergehende Kontrolle könne ihr nicht zugemutet werden.

Oberlandesgericht teilte Auffassung des Landgerichts Köln nicht
Das Landgericht Köln schloss sich dem Vorbringen der Schuldnerin nicht an und bejahte stattdessen einen schuldhaften Verstoß ihrerseits. Das Oberlandesgericht Köln teilte die Auffassung des Landgerichts hingegen nicht. Es änderte vielmehr dessen Beschluss ab und wies die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Schuldnerin zurück. Es treffe den Geschäftsführer dieser kein Organisationsverschulden, welches ihr zugerechnet werden könne.
Entgegen der Meinung der Gläubigerin begründe die Tatsache, dass die Schuldnerin auf der Handelsplattform Amazon Produkte zum Kauf anbietet, obwohl ihr bekannt ist, dass diese häufig unverbindliche Preisempfehlungen einstellt und damit zu falschen Produktbeschreibungen beiträgt, nicht schon alleine einen bedingten Vorsatz für den besagten Verstoß.

Tägliche Kontrolle von Montag bis Freitag ist ausreichend
Wie bereits in einem Beschluss des Senats vom 10.12.2014 (Az. 6 W 187/14), der ebenfalls zwischen den Parteien ergangen ist, aufgezeigt wurde, würden der Schuldnerin hinreichende Kontrollmaßnahmen bezüglich ihrer sich auf Amazon befindenden Angebote obliegen, um von Dritten vorgenommene Änderungen zu vermeiden und gleichzeitig ein Verschulden im Hinblick auf eine (erneute) Haftung für hieraus resultierende Rechtsverletzungen auszuschließen.
Solchen Pflichten sei die Schuldnerin nach Ansicht des Gerichts vorliegend durch die jeweils einmal täglich von montags bis freitags stattfindende Überprüfung ihrer Angebote in genügendem Maße nachgekommen. Zu weitergehenden Handlungen nach Dienstschluss an den besagten Tagen oder sogar an Wochenenden sei diese zur Unterbindung irreführender Angebote nicht verpflichtet, da ihr dies nicht zuzumuten sei. Es könne jener deshalb auch kein Verschuldensvorwurf für den erneuten Verstoß gegen den bereits ausgesprochenen Unterlassungsanspruch gemacht werden.

Präzisierung der Rechtsprechung des BGH
Mit dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht Köln hinsichtlich der Prüfungsintervalle der zu kontrollierenden Händler-Angebote die höchstrichterliche Rechtsprechung präzisiert.
Der Bundesgerichtshof hatte in seinen bislang ergangenen Entscheidungen vom 03.03.2016 (Az. I ZR 110/15 und 140/14) nämlich lediglich statuiert, dass den Marketplace-Händlern eine Überwachungs- und Prüfungspflicht zukomme (vgl. oben). Eine konkrete Aussage, wie genau diese Pflichten zeitlich auszugestalten sind, wurde von ihm jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht getätigt.
In dem bereits erwähnten vorherigen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln (Az. 6 W 187/14) war lediglich eine über 10 Monate lang nicht erfolgte Kontrolle der Angebote als zu lang angesehen worden. Daneben wurde nach einer Entscheidung des Landgerichts Arnsberg (Beschluss vom 14.02.2017, Az. I O 10/15) eine nur alle vierzehntägig stattfindende Überprüfung ebenso als unzureichend eingestuft.

Tägliche Überprüfung aber nicht zwingend?
Zwar ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts eine einmalige Kontrolle pro Wochenarbeitstag für die dem Händler zukommenden Pflichten ausreichend, allerdings kam in der Entscheidung nicht eindeutig zum Ausdruck, dass eine solche Kontrolle zwingend täglich von Montag bis Freitag erfolgen muss.
Es bleibt damit ungeklärt, ob beispielsweise auch eine nur alle zwei Tage oder gar nur eine einmal wöchentlich stattfindende Überprüfung ebenso die Anforderungen der Rechtsprechung erfüllen würde. Insgesamt wurde daher nicht gänzlich Licht ins Dunkle gebracht. Ein konkret erforderlicher Prüfungsrhythmus wurde nicht festgelegt, es könne lediglich keine mehrmals tägliche Kontrolle von montags bis freitags oder eine Überprüfung an den Wochenenden erwartet werden. Es bleibt somit abzuwarten, ob ein Gericht in Zukunft eine weniger unregelmäßige Taktung als die vorliegende ebenso noch als genügend anerkennt.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 15.03.2017, Az.: 6 W 31/17

von Sabrina Schmidbaur


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