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Anforderungen an ein Gütesiegel

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2018, Az. I-20 U 123/17


Anforderungen an ein Gütesiegel

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied am 23.08.2018, dass für die Vergabe von Gütesiegeln diverse Kriterien einzuhalten seien. Hierzu gehöre unter anderem, dass das Zeichen auf die Qualität der damit vertriebenen Ware hinweisen müsse. Auch müssten die Vergabekriterien öffentlich und die Qualitätseinhaltung überprüfbar sein. Seien diese Kriterien erfüllt, liege keine Irreführung vor.

Welche Kriterien muss ein Gütesiegel erfüllen?
Kläger war die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Beklagter war ein Industrieverband zur Förderung von Kleb- und Dichtstoffen. Der Beklagte vergab sein Gütesiegel auf Grundlage der eigenen  Richtlinien. Hiergegen ging der Kläger wegen Irreführung des Verkehrs vor. Er war der Meinung, bei einem solchen Gütesiegel werde erwartet, dass es von einer objektiven und neutralen Stelle aufgrund einer Prüfung und Qualitätsüberwachung vergeben werde. Die vorliegenden Anforderungen seien jedoch missverständlich und ließen bestimmte Qualitätskriterien nicht erkennen. Die Vorinstanz erachtete die Klage jedoch als unbegründet. Denn die zugrundeliegende Richtlinie stelle nicht nur gewisse Anforderungen an die Etikettierung, sondern durchaus auch an das Material. Somit sei ausreichend, wenn die technische Überprüfung durch ein unabhängiges Prüfinstitut erfolge. Hiergegen ging der Kläger im Wege der Berufung vor. Während des Berufungsverfahren meldete der Beklagte zudem eine Unionsgewährleistungsmarke an.

Früher ausschließlich RAL-Grundsätze
Das Oberlandesgericht Düsseldorf erkannte zwar, dass die ältere Rechtsprechung höhere Anforderungen stellte. Danach müsse ein Gütezeichen entweder ein solches im Sinne der RAL-Grundsätze sein oder zumindest dem gleichgestellt. Ansonsten könne es wettbewerbsrechtlich nicht als unbedenklich verwendet werden. Denn die Schaffung eines Gütesiegels nach RAL-Grundsätzen setze ein besonderes Anerkennungsverfahren voraus. Hierbei werden insbesondere unter Beteiligung der betroffenen Wirtschafts- und Verbraucherkreise sowie der zuständigen Behörden der Zweck des Gütezeichens, der technische Wirkungsbereich, Form und Verwendung sowie die Gütebedingungen festgelegt.

Diverse Prüfzeichen genügen RAL-Grundsätzen nicht
Jedoch war das Gericht der Meinung, dass an diesen hohen Anforderungen nicht mehr festgehalten könne. Es seien seit längerem Gütezeichen und -siegel bekannt, die sowohl den Anforderungen der RAL an die Unabhängigkeit als auch das Zustandekommen der Qualitätskriterien nicht genügen. Dabei handele es sich um Prüfzeichen, die eine weite Verbreitung gefunden haben und seit längerem unbeanstandet existieren. Dies betreffe insbesondere das als Unionskollektivmarke geschützte Gütezeichen „Edelstahl Rostfrei“ sowie das als Unionsindividualmarke geschützte „Baumwollsiegel“.

Heute weniger hohe Anforderungen
Zudem habe sich der Gesetzgeber in jüngerer Zeit mit Gütezeichen im weitesten Sinne befasst. Dabei seien nicht so hohe Anforderungen an die Unabhängigkeit des Gütesiegel-Inhabers und das Zustandekommen der Kriterien gestellt worden wie früher. Denn seit Herbst 2017 existiere die Unionsgewährleistungsmarke. Diese übernehme die gleiche Funktion wie ein Gütezeichen im weitesten Sinne. Durch sie sollen Waren, für die eine bestimmte Qualität gewährleistet werden soll, von solchen unterschieden werden, für die keine derartige Gewährleistung besteht. Zudem plane auch das zuständige Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz die Einführung einer nationalen Gewährleistungsmarke. Die dazu existierenden Referentenentwürfe würden die nahezu vollständige Übernahme der Regelungen zur Unionsgewährleistungsmarke vorsehen.

Qualitätskriterien öffentlich einsehbar
Das OLG erachtete das angegriffene Zeichen als ausreichend geeignet, auf die Qualität der vertriebenen Waren hinzuweisen. Denn die Kriterien seien öffentlich, das heißt auf der Webseite des Beklagten ohne Probleme einsehbar und Bestandteil der Markensatzung. Sie betreffen auch die Qualität der Erzeugnisse als solche und nicht nur deren Etikettierung. Die Kriterien für die Waren seien ausdrücklich ausgeführt und somit Bestandteil der Vergaberichtlinien. Dabei sei ausreichend, wenn auf der Internetseite nähere Informationen in Form von kurzen Zusammenfassungen der herangezogenen Kriterien zur Verfügung stünden. Vorliegend habe der Beklagte die Anforderungen in den veröffentlichten Prüfungsrichtlinien beschrieben, was ausreichend sei.

Unabhängige Überprüfung von Stichproben gewährleistet
Zudem finde nach Ansicht des Gerichts auch eine hinreichende Prüfung statt. Denn nach der Markensatzung werde die Einhaltung der Qualität sowohl bei der Beantragung des Gütesiegels als auch laufend in Form von Stichproben geprüft. Die Kompetenz und Unabhängigkeit des von dem Beklagten beauftragten Instituts stehe nicht in Zweifel.

Gütesiegel durch objektive und neutrale Vergabestelle
Auch könne der Kläger nicht einwenden, der Beklagte vergebe sein Gütesiegel nur an Mitglieder. Denn nach der Markensatzung könne jedes Unternehmen unabhängig von einer Mitgliedschaft zum Beklagten einen Antrag auf Nutzung des Gütesiegels stellen. Somit seien die Kriterien einer objektiven und neutralen Vergabestelle erfüllt. Zudem sei zweifelhaft, ob eine Beschränkung auf Mitglieder wettbewerbsrechtlich einem Gütesiegel entgegen gehalten werden könne. Denn auch andere Gütesiegel seien auf Mitglieder beschränkt, ohne dass dies beanstandet worden sei.

Urteil noch nicht rechtskräftig
Das Gericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zu. Denn die näheren Anforderungen an Gütesiegel seien von der Rechtsprechung in jüngerer Zeit nicht mehr behandelt worden. Daher bedürfe es aufgrund der neueren Rechtsentwicklung einer Überprüfung.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.08.2018, Az. I-20 U 123/17


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