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AltölV stellt Marktverhaltensregel dar

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.09.2020, Az. 6 W 99/20


AltölV stellt Marktverhaltensregel dar

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. entschied am 21.09.2020, dass § 8 der Altölverordnung eine Marktverhaltensregel darstelle. Sie diene dem Schutz der Verbraucher, denn sie ermögliche die kostenlose Rückgabe von gebrauchten Motor- oder Getriebeölen.

Gilt AltölV auch für den Onlinehandel?
Beide Parteien vertrieben Öle und Schmierstoffe unter anderem über die Verkaufsplattform eBay. Die Antragsgegnerin warb in diesem Zusammenhang mit „Wir liefern sicher, günstig, schnell“. Die Antragstellerin griff die Formulierung unter einer Vielzahl von wettbewerbsrechtlichen Aspekten an und nahm die Antragsgegnerin wegen Unterlassung in Anspruch. Weiterhin wendete sich die Antragstellerin gegen die fehlenden Hinweise der Antragsgegnerin zur Rücknahme von Altöl und verlangte die Angabe von Öffnungszeiten der Altölannahmestelle.

§ 8 AltölV ist eine Marktverhaltensregel
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. befand, dass es sich bei § 8 AltölV um eine Marktverhaltensregel handle. Sie diene neben Umweltschutzbelangen dem Schutz der Verbraucher. Denn die Regelung ermögliche die kostenlose Rückgabe von gebrauchten Motoren- oder Getriebeöle.

Altölverordnung gilt auch für Internethandel
§ 8 AltölV gelte auch für den Internethandel von Motorenöl, so das Gericht weiter. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 8 AltölV. Darin sei der Pflichtige, nämlich derjenige, der Öl an Endverbraucher abgebe, konkret beschrieben. Eine Beschränkung auf eine bestimmte Art des Verkaufs finde nicht statt. Die in § 8 verwandten Begriffe „Schrifttafeln am Ort des Verkaufs“ bzw. „am Verkaufsort“ ließe sich auf den Vertrieb von Motorenölen im Internethandel ohne Weiteres übertragen.

Keine Öffnungszeiten von Ölannahmestellen bei Onlinehandel erforderlich
Das OLG entschied, dass die Verpflichtung nach § 8 AltölV allerdings nicht die Angabe von Öffnungszeiten für Ölannahmestelle im Internethandel erfasse. Nach der Vorschrift müsse „durch leicht erkennbare und lesbare Schrifttafeln am Ort des Verkaufs“ auf die Ölannahmestelle hingewiesen werden. Aus dem Wortlaut lasse sich nicht zu Öffnungszeiten entnehmen. Dies verwundere auch nicht. Denn der Verordnungsgeber sei bei Erlass der Altölverordnung von einem stationären Handel mit Motorenölen ausgegangen. Ein Internet- oder anderweitiger Versandhandel von Ölen sei zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar gewesen.

Internetkäufer nimmt sehr wahrscheinlich Onlineweg für Rückgabe von Altöl
Die Argumentation der Antragstellerin zur Angabe der Öffnungszeiten überzeuge nicht, so das Gericht weiter. Es sei nicht erkennbar, warum für den Internethandel die Angabe von Öffnungszeiten relevanter sein solle als für den stationären Handel. Im Gegenteil: Der Internet-Käufer werde von seinem Recht auf Altöl-Rückgabe sehr wahrscheinlich auf dieselbe Weise Gebrauch machen, wie er auch den Kauf getätigt habe - nämlich durch Versand der leeren Ölbehälter. Hierfür seien überhaupt keine Öffnungszeiten notwendig. Sollte sich überhaupt ein Online-Käufer körperlich zu einer stationären Rückgabestelle begeben, werde das nur für diejenigen gelten, die in unmittelbarer Nähe wohnen und somit die Rückgabestation schnell erreichen können.

Sicherer Lieferung wird nicht als Versandrisiko missverstanden
Das OLG urteilte, dass die Angabe „Wir liefern sicher, günstig, schnell“ keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten beinhalte. Somit sei sie nicht irreführend. Es sei fernliegend, dass dem Wort „sicher“ die Übernahme eines Versandrisikos entnommen werde. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Verkehr der Werbefloskel überhaupt eine konkrete Aussage entnehmen könne. Nichtssagende Anpreisungen, Floskeln und Übertreibungen enthalten keine „Angabe“ im Sinne des Wettbewerbsrechts. Dem Durchschnittsverbraucher sei bekannt, dass reklamehafte Anpreisung in der Natur der Werbung liege. Daher werde sich ein durchschnittlicher Verbraucher der Werbung kritisch nähern und nichtssagende Anpreisungen, Floskeln und Übertreibungen nicht wörtlich nehmen. Vielmehr werde durch den Kontext mit „günstig“ und „schnell“ die Formulierung dahingehend verstanden, dass die Art des Versandes und nicht dessen rechtliche Folge gemeint sei. Der „sichere“ Versand werde dahingehend verstanden, dass die Ware nicht beschädigt ankomme.

Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.09.2020, Az. 6 W 99/20


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