Alltags Mund-Nasen-Bedeckung aus Stoff ist kein Medizinprodukt
Mit Beschluss von 15.12.2020 hat der Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm zu der Frage Stellung genommen, ob es sich bei einer „Alltagsmaske“ in der Form einer textilen Mund-Nasen-Bedeckung um ein Medizinprodukt handele. Im Ergebnis war dies abzulehnen, indem es für die Einordnung als Medizinprodukt auf die subjektive Bestimmung des Herstellers ankomme, wie sie sich aus der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder der Werbung ergebe. Eine Alltags Mund-Nasen-Bedeckung aus Stoff weise weder durch Gestaltung und Aufmachung noch durch Verpackung bzw. der darin enthaltenen Hinweise auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken hin.
Hintergrund
Die Antragstellerin verlangte in der Vorinstanz im Eilverfahren von der Antragsgegnerin, einer Großhändlerin für Alltagsmasken, eine Stoffmaske zur Bedeckung von Mund und Nase sowie eine „Mund- und Nasenmaske“ nicht mehr zu vertreiben. Grund hierfür war gewesen, dass die Masken optisch den Eindruck erweckt haben, es handele sich um medizinische Gesichtsmasken, ohne auf die nicht nachgewiesene Schutzwirkung hinzuweisen. Das zunächst mit der Sache befasste Landgericht Münster hat mit Beschluss vom 06.11.2020 (Az. 025 O 89/20) der Antragsgegnerin den Vertrieb der „Mund- und Nasenmaske“ untersagt. Den weitergehenden Antrag in Bezug auf die „Stoffmaske“ hat es zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.
Stoffmaske ist kein Medizinprodukt i.S.d. Medizinproduktegesetzes
Diese hatte allerdings keinen Erfolg. Der Senat hat zunächst klarstellende Erwägungen zum Medizinproduktegesetz (MPG) vorgenommen. Dieses solle den Verkehr mit Medizinprodukten regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz insbesondere der Patienten und Benutzer der Produkte sorgen. Bei einer „Stoffmaske“ handele es sich allerdings schon gar nicht um ein Medizinprodukt im Sinne von § 3 Nr. 1 MPG. Die Beurteilung, ob ein Produkt – wie für die Einordnung als Medizinprodukt erforderlich – einem medizinischen Zweck diene, sei von der (subjektiven) Bestimmung des Herstellers abhängig. Dies müsse sich aus den Angaben ergeben, die der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder der Werbung entnommen werden könnten. Die streitgegenständliche Maske selbst sei nicht mit einem Hinweis auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken versehen worden und falle demnach auch nicht unter das Medizinproduktegesetz.
Auch Gestaltung und Aufmachung begründen kein Medizinprodukt
Darüber hinaus stand für das Gericht fest, dass von einer Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken auch durch Gestaltung und Aufmachung der Maske nicht ausgegangen werden könne. Im Stile einer Comic-Zeichnung bildete diese einen geöffneten Mund mit lückenhaftem Gebiss auf grünem Hintergrund ab. In oder an der Verpackung der Maske waren keine Hinweise auf eine medizinische Verwendbarkeit aufgeführt. Auch das Vorbringen der Antragstellerin, die Maske sei im Einzelhandel zusammen mit medizinisch anmutenden Gesichtsmasken ausgestellt worden, war für die Entscheidung unerheblich. Denn dies sei weder dem Hersteller oder Importeur noch der Antragsgegnerin zuzurechnen. Dabei wiesen die Richter auf die zum Beschlusszeitpunkt aktuelle Coronaschutzverordnung hin und stellten klar, dass es sich in diesem Sprachgebrauch bei der in Rede stehenden Maske um nicht mehr als eine sogenannte „Alltagsmaske“ in Form einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung“ handele.
§ 3 Abs. 1 der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung lautete zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 15.12.2020 wie folgt:
„Eine Alltagsmaske im Sinne dieser Verordnung ist eine textile Mund-Nasen-Bedeckung (einschließlich Schals, Tüchern und so weiter) oder eine gleich wirksame Abdeckung von Mund und Nase aus anderen Stoffen (OP-Maske und so weiter).“
Schutzwirkung alleine kein ausschlaggebendes Kriterium
Die Tatsache, dass einer solchen „Alltagsmaske“ nach Auffassung der Wissenschaft, des infektionsschutzrechtlichen Verordnungsgebers und des angesprochenen Verkehrs eine Schutzwirkung vor der Verbreitung des Corona Virus beigemessen werde, ändere nichts daran, dass sie nach der Bestimmung des Herstellers keinem medizinischen Zweck diene. Hierbei haben die Richter beispielhaft darauf hingewiesen, dass auch Wasser und Seife nicht deshalb als „Medizinprodukte“ eingestuft würden, weil regelmäßiges Händewaschen nach allgemeiner Auffassung und Empfehlung der zuständigen Behörden eine Schutzwirkung vor einer Ansteckung mit dem Corona Virus habe.
Klarstellung als nicht-Medizinprodukt beim Vertrieb nicht erforderlich
Letztendlich habe die Antragsgegnerin bei dem Vertrieb der Maske auch nicht klarstellen müssen, dass es sich nicht um ein „Medizinprodukt“ handele. Insbesondere sei abwegig, dass der angesprochene Verkehr die konkret in Rede stehende „Alltagsmaske“ einer unter Verbraucherschutz-, Infektionsschutz-, Gesundheitsschutz oder Sicherheitsaspekten gesetzlich besonders geregelten Produktkategorie zurechne. Aus diesen Gründen war die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2020, Az. I-4 W 116/20