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Abwerbung durch Anruf auf privater Handynummer

OLG Frankfurt, Beschluss v. 08.08.2019, Az. 6 W 70/19


Abwerbung durch Anruf auf privater Handynummer

Mit Beschluss vom 08.08.2019 bestätigte das OLG Frankfurt seine bisherige Rechtsprechung zu Abwerbe-Anrufen auf dem privaten Handyanschluss des Arbeitnehmers eines Konkurrenz-Unternehmens. Der Anruf sei unzulässig, wenn sich der Anrufer zu Beginn des Gesprächs nicht vergewissere, ob der Arbeitnehmer gerade am Arbeitsplatz ist oder nicht. Führt er das Gespräch ohne Nachfrage fort, greife er in unzulässiger Weise in den Betriebsablauf des Konkurrenten ein. Ausgenommen sei ein kurze Erstkontakt von wenigen Minuten.

Wettbewerbswidrige Ansprache am Arbeitsplatz
Mit Urteil vom 09.08.2018, Az.: 6 U 51/18 hatte das OLG Frankfurt bereits entschieden, dass die Ansprache eines Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz zum Zwecke der Abwerbung eine unlautere Behinderung des Arbeitgebers sei, sofern die Ansprache über einen kurzen Erstkontakt hinausgehe. Dies verstoße gegen § 4 Nr. 4 UWG. Dieser Grundsatz gelte im Prinzip auch dann, wenn der Konkurrent zwar auf dem privaten Mobilfunkanschluss, aber am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers anrufe. Denn auch in diesem Fall greife er in einer unverhältnismäßigen Art und Weise in den Betriebsablauf des Arbeitgebers ein.

Besonderheiten beim Anruf auf privater Handynummer
Eine Ausnahme sei aufgrund der besonderen Umstände jedoch zu gewähren. Der anrufende Konkurrent könne bei einem Anruf auf dem privaten Handy des Arbeitnehmers nicht wissen, ob dieser gerade an seinem Arbeitsplatz ist oder nicht. Darum sei die Kontaktaufnahme auch dann zulässig, wenn der Anruf zwar über einen Erstkontakt hinausgehe, der Anrufer aber zu Beginn des Gesprächs nachfrage, ob sich der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz befindet oder nicht. Er müsse das Gespräch dann sofort beenden, wenn der Arbeitnehmer angibt, gerade an seinem Arbeitsplatz zu sein. Führt er das Telefonat fort, greife er unverhältnismäßig in den Betriebsablauf des Arbeitsgebers ein und die Kontaktaufnahme sei wettbewerbswidrig.

Irrelevant, ob der Abwerbeversuch an sich zulässig ist
Dabei spiele es zunächst keine Rolle, ob der Abwerbeversuch an sich inhaltlich zu beanstanden sei oder nicht. Denn die Grundsätze zum Erstkontakt am Arbeitsplatz gelten ganz unabhängig von der generellen Zulässigkeit des Abwerbeversuchs. Das heißt, auch wenn der Versuch der Abwerbung prinzipiell rechtlich in Ordnung ist, kann er dennoch wettbewerbsrechtlich unzulässig sein, wenn die Art bzw. der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme – wie im vorliegenden Fall – ohne Rücksicht auf den Betriebsablauf des Arbeitsgebers erfolgt und eben dadurch unverhältnismäßig darin eingegriffen wird.

Anruf zum Zweck der Abwerbung war unstreitig
Vorliegend hatte die Antragsgegnerin am 14.06.2019 unter dem privaten Mobilfunkanschluss einer Mitarbeiterin der Antragstellerin angerufen. Die Ansprache erfolgte zu dem Zweck, die Mitarbeiterin abzuwerben, d. h. zu einem Arbeitgeberwechsel zu bewegen. Die Arbeitnehmerin versicherte an Eides statt, dass sie sich zum Zeitpunkt des Anrufs bei der Arbeit befand. Zuvor hatte die Antragsgegnerin bereits per E-Mail mit der Mitarbeiterin Kontakt aufgenommen, worauf diese auch geantwortet hatte. Im Hinblick auf diese vorherige Kontaktaufnahme stelle sich zwar die Frage, ob es sich bei dem Anruf dann noch um einen „Erstkontakt“ handele. Dies könne nach Ansicht des OLG vorliegend aber dahinstehen.

Telefonat dauerte 12 Minuten lang
Denn die Mitarbeiterin versicherte außerdem an Eides statt, dass das Telefongespräch zwölf Minuten gedauert habe. Das heißt, auch bei Annahme eines „Erstkontakts“ wäre der Anruf unzulässig gewesen. Denn nur der „kurze“ Erstkontakt ist wettbewerbsrechtlich zulässig. Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein zulässiger Erstkontakt nur dann anzunehmen, wenn die Gesprächsdauer wenige Minuten nicht überschreitet. Daher wäre der streitgegenständliche Anruf auch dann als unzulässig zu werten gewesen, wenn es sich unstreitig um einen Erstkontakt gehandelt hätte.

BGH: Erstkontakt darf nur wenige Minuten dauern
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dürfe die erste Kontaktaufnahme nur dazu dienen, sich bekannt zu machen, den Zweck der Ansprache und die angebotene Stelle kurz zu umschreiben und zu erfragen, ob der Angerufene an einem Kontakt interessiert ist. Bejaht der angerufene Mitarbeiter dies, könne noch eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Arbeitsbereichs verabredet werden. Eine „wenige Minuten überschreitende Gesprächsdauer“ sei ein Indiz dafür, dass der Anruf bereits zum unzulässigen Umwerben des Mitarbeiters genutzt wurde (BGH, Urteil v. 22.11.2007, Az. I ZR 183/04 = BGH GRUR 2008, 262).

Keine Nachfrage zu Beginn des Gesprächs
Daher habe das streitgegenständliche Gespräch nur dann mit den dargestellten Anforderungen vereinbar sein können, wenn die Antragsgegnerin am Anfang des Telefonats gefragt hätte, ob sich die angerufene Mitarbeiterin am Arbeitsplatz befindet. Nur wenn diese entgegen der Tatsache, dass sie sich am Arbeitsplatz befunden hat, dies wahrheitswidrig verneint hätte, wäre das zwölf-minütige Gespräch wettbewerbsrechtlich zulässig gewesen. Doch dies hat die Antragsgegnerin selbst schon gar nicht behauptet.

Unterlassungsantrag war zu weit gefasst
Somit habe die Antragsgegnerin vorliegend unlauter gehandelt. Allerdings sei der mit dem Eilantrag gestellte Unterlassungsantrag zu weit gefasst gewesen. Die Antragstellerin begehrte das Verbot sämtlicher Anrufe zu Abwerbezwecken unter einem privaten Mobilfunkanschluss des Arbeitnehmers unabhängig von der Möglichkeit, sich beim Anrufer zu vergewissern, ob er sich am Arbeitsplatz befindet und das Gespräch ggf. zu beenden. Daher sei die Beschwerde in diesem Umfang zurückzuweisen. Aufgrund dieser Zurückweisung legte das OLG ein Viertel der Kosten des Eilverfahrens der Antragstellerin auf.

Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung
Im Ergebnis untersagte das OLG Frankfurt der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 08.08.2019, die Arbeitnehmer der Antragstellerin auf ihrem privaten Mobiltelefon am Arbeitsplatz anzurufen, um diese zur Kündigung ihres derzeitigen Arbeitsverhältnisses bzw. zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu bewegen. Aber auch diesmal gelte das Verbot nur dann, wenn die Antragsgegnerin das Gespräch fortsetzt, ohne sich zu Beginn des Telefonats zu vergewissern, dass der Mitarbeiter sich nicht an seinem Arbeitsplatz befindet. Davon ausgenommen sei auch wieder die erste telefonische Kontaktaufnahme von maximal zehn Minuten.

OLG Frankfurt, Beschluss v. 08.08.2019, Az. 6 W 70/19


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