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Zuweisung von Verschreibungen

BGH, Urteil vom 18.06.2015, Aktenzeichen I ZR 26/14


Zuweisung von Verschreibungen

Durch Urteil vom 18.06.2015 hat der Bundesgerichtshof als Revisionsgericht zum Aktenzeichen I ZR 26/14 eine wettbewerbsrechtliche Streitsache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zwei am selben Ort ansässige Apothekenbetreiber waren darüber in Streit geraten, in welchen Fällen es zulässig ist, verschreibungspflichtige Medikamente nicht an den Patienten, sondern direkt an den verschreibenden Arzt auszuliefern. Der Beklagte hatte in zwei Fällen im Oktober und November 2012 Medikamente zur Behandlung eines Hepatitis-C-Patienten direkt an die Arztpraxis, von der das Rezept ausgestellt war, geliefert. Das Rezept wurde im gleichen Zug direkt von der Arztpraxis zur Apotheke weitergeleitet. Es handelte sich um verschreibungspflichtige Spezialmedikamente, in deren Anwendung der betroffene Patient durch den Arzt beziehungsweise das Fachpersonal in der Arztpraxis eingewiesen werden musste. Deshalb war es wichtig, dass die Medikamente zum vereinbarten Termin in die Arztpraxis gebracht wurden. Die betroffenen Patienten wurden über die Vorgehensweise informiert und waren damit einverstanden, dass nicht sie selbst, sondern der Arzt die Verbindung zur Apotheke herstellte.

Der Kläger sieht in dem Verhalten des Beklagten einen Verstoß gegen das in den apothekenrechtlichen Vorschriften verankerte Verbot von Absprachen zwischen Arztpraxen und Apotheken. Der Beklagte wendet dagegen ein, dass es für die Behandlung von Hepatitis-C-Patienten besonders wichtig sei, dass die benötigten Medikamente pünktlich vor dem Behandlungstermin in der Arztpraxis ankämen. Aus diesem Grunde sollte das Beschaffen der Medikamente nicht dem Patienten selbst überlassen bleiben. Nachdem der Beklagte nicht bereit war, sich auf Abmahnung des Klägers hin zur zukünftigen Unterlassung des beanstandeten Verhaltens zu verpflichten, reichte der Kläger Klage bei dem Landgericht Regensburg ein. Das Landgericht Regensburg gab der Klage statt. Der Beklagte legte gegen das Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg ein. Auch das Oberlandesgericht gab dem Kläger in wesentlichen Punkten Recht. Gegen das Berufungsurteil, das einen weitgehenden Unterlassungsanspruch enthielt, legte der Beklagte Revision beim Bundesgerichtshof ein. Die in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten außerordentlich erfahrenen Richter des I. Senats am Bundesgerichtshof entschieden sich dafür, das Berufungsurteil aufzuheben, soweit zu Lasten des Beklagten entschieden worden war. Weil vor der Entscheidungsreife noch Tatsachenfragen zu klären wären, verwiesen sie den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück.

Die Klageabweisung begründete der Bundesgerichthof damit, dass die Formulierung der Klageanträge und damit auch der Urteilsformel sich nicht auf das Unterlassen von solchen Handlungen beschränkte, für die erkennbar eine konkrete Wiederholungsgefahr bestanden haben könnte. Nach dem Parteivorbringen ging es allein um den Sonderfall des Medikamentenbezugs für eine Hepatitis-C-Behandlung. Die betroffenen Patienten waren über die Absicht des Arztes, die notwendigen Medikamente direkt von der Apotheke in seine Praxis liefern zu lassen, informiert und hatten ihr Einverständnis erklärt. Es lag also nach dem Kenntnisstand bei Entscheidungsverkündung kein allgemeiner Fall von Verletzung des allgemeinen Patientenrechts auf freie Apothekenwahl vor. Wäre tatsächlich ein Verstoß gegen den in § 11 des Apothekengesetzes (ApoG) festgeschriebenen Grundsatz der Entflechtung von Interessen der Apotheker und Ärzte im Interesse des Patienten festzustellen, dann käme ein Unterlassungsanspruch auf der Grundlage des § 4 Nr. 11 UWG in Betracht. Die Vorschrift des § 11 ApoG wird als Marktverhaltensregel anerkannt, weil sie neben wettbewerbsrechtlichen Schutzfunktionen auch den Schutz des Verbrauchers vor nicht in seinem Interesse liegenden Absprachen zwischen Ärzten und Apothekern bezweckt.

Nach Bewertung des zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Sachstands konnte der Bundesgerichtshof noch keine Anhaltspunkte dafür feststellen, dass die Handlungsweise des Beklagten und des beteiligten Arztes gerechtfertigt gewesen sei. Es lag keine der in 11 ApoG erwähnten Sonderfälle, in denen direktes Anliefern von Medikamenten von Apotheken an Ärzte ohne Beteiligung der Patienten zulässig wäre, vor. Weitere Kriterien für das Vorliegen eines noch nicht gesetzlich geregelten Sonderfalles müssten zunächst im Rahmen der letzten Tatsacheninstanz geprüft werden. Der Bundesgerichtshof ist als Revisionsgericht nur zur Überprüfung der rechtlichen Entscheidungsgrundlagen befugt und hat den Rechtsstreit deshalb an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

BGH, Urteil vom 18.06.2015, Aktenzeichen I ZR 26/14


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